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Mellingen – ein Beispiel von vielen, wenn es um Amtsgeheimnisse geht

DMZ - Politik ¦

 

In der kleinen Stadt Mellingen hängt herrscht Eiszeit im Zusammenhang mit einem Gemeinderat, der auch Journalist ist. Der Gemeinderat (Regierung der Stadt) von Mellingen verschickte am Dienstag eine Mitteilung an die Medien mit der Überschrift«Informationen zu Amtsgeheimnisverletzung». In der Mitteilung wird der Name des Journalisten erwähnt, der gleichzeitig Mitglied des Gemeinderates ist. Eine heikle Kombination, die bereits in anderen Gemeinden zu Problemen führte, kam es nun auch hier soweit. In der Mitteilung steht nicht explizit, dass das Amtsgeheimnis durch diesen Doppelmandatsträger verletzt wurde, aber versteckte Hinweise in der Medienmitteilung liessen keine Zweifel offen, wer schlussendlich damit gemeint war.

Anfang 2018 trat der heute pensionierte Journalist sein Amt an als neu gewählter, parteiloser Gemeinderat an. Zum Zeitpunkt der Wahl war er fest angestellter Redaktor bei der Lokalzeitung. Heute arbeitet er als Pensionierter weiter als freier Mitarbeiter für diese Lokalzeitung.

Beim Ammann und drei seiner Ratskollegen kam schon bald der Verdacht auf, dass dieser Informationen aus dem Gemeinderat der Lokalzeitung zuträgt. Im Mai 2018 eskalierte die Situation. Das Lokalblatt publizierte Artikel zur Umfahrung Mellingen, die vertrauliche Informationen aus dem Gemeinderat enthielten. Der Fall schien klar, war klar.

In den Augen des Gemeinderates handelte es sich um eine Amtsgeheimnisverletzung. Deshalb machte er eine Meldung an die Staatsanwaltschaft.

Die Sicht des Ammanns ist klar, es habe von Anfang an Unstimmigkeiten mit dem noch aktiven Journalisten gegeben. Er erwähnt die Fasnacht 2018 in Mellingen, wo der Doppelmandatsträger den Organisatoren eigenmächtig zugesagt habe, dass er in Vertretung des Gemeinderates den Stadtschlüssel an die Narren übergeben werde. Dabei habe er eine Ansprache gehalten, die man nicht verstanden habe, weil er betrunken gewesen sei. Auch solche Beispiele von Verbandelungen zwischen Politikern mit der Narrenzunft sind oft problembehaftet. Wie sich meist (zu spät) herausstellt mit weitreichenden Folgen.

 

Schuld oder Unschuld?

Die Argumente des Ammanns sind glaubwürdig. Die Aussagen vom Journalisten wirken überzeugend. Und auch die Argumente vom Chefredaktoren der Lokalzeitung leuchten ein. Wo also liegt das Problem in Mellingen? Niemand vermag es genau zu sagen. Sicher ist, dass die Situation sehr angespannt ist und das Klima in der Stadt belastet.

Die nächsten Wahlen sind erst wieder Ende 2021. Bis dann müssen der Gemeinderat Mellingen und sein Mitglied wohl noch miteinander auskommen. Denn alle Mitglieder des Gemeinderates schliessen einen vorzeitigen Rücktritt kategorisch aus.

Es ist generell nicht ratsam, dass Journalisten politische Ämter parallel zu der Tätigkeit als Journalisten ausüben dürfen. Dies wäre mit einem Reglement leicht steuerbar. Auch in Kommissionen findet man immer wieder Journalisten, die in Gemeinden dann munter Internas weitergeben.

Noch vor vier Jahren schienen die Tage von Artikel 293 im Strafgesetzbuch gezählt: Im Herbst 2012 stimmten die Rechtskommissionen beider Räte einer parlamentarischen Initiative zu, welche verlangt, dass der Gesetzesartikel, der die «Veröffent­lichung amtlicher geheimer Verhandlungen» unter Strafe stellt, aufgehoben wird. Gestützt auf diesen Paragrafen, werden Journalisten regelmässig verurteilt – zu Bussen von einigen Hundert bis zu mehreren Tausend Franken. Ihr Delikt: Sie haben Informationen publiziert, die irgendeine Behörde als geheim oder vertraulich deklariert hat. Und das ist gut so.