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Kurz macht kurzen Prozess - Neuwahlen in Österreich

DMZ - Politik / David Aebischer ¦

#mittellaendische

 

Sebastian Kurz, der Kanzler von Österreich, macht Schluss, kurz und bündig. Sein Vorhaben, mit Rechtspopulisten zu koalieren war immer sehr fragwürdig und politisch nicht tragbar, ist nun definitiv gescheitert. Der Kanzler will nun Neuwahlen durchführen und möglichst alleine regieren. Das ist ein erneut sehr riskanter, aber dennoch weiterer geschickter Schachzug. Denn einige Züge, die Kurz in den letzten Monaten machte, waren in der Tat geschickt, wenn auch nicht wirklich für "sein" Volk, denn eher seiner Strategie für "sein" Österreich.

Nach eineinhalb Jahren löst der bürgerlich-konservativen ÖVP-Politiker nun das Bündnis mit den Rechtspopulisten von der FPÖ. Dies, obschon er noch an diesem Samstagabend noch lobende Worte für seinen Koalitionspartner fand, trotz Dutzender widerlicher, zum Teil rechtsextremistischer Ausfälle in den vergangenen Monaten.

Das Strache-Video, das SPIEGEL und "Süddeutsche Zeitung" am Freitagabend veröffentlicht haben, hat nun Sebastian Kurz doch (endlich) dazu gebracht, dieses Bündnis zu beenden. Beenden zu müssen.

 

Endlich! Viel zu lange hat er Eskapaden hingenommen und über Skandale hinweggesehen. 

Nun steht er hin und sagt: "Genug ist genug!" Als ob nicht von vornherein klar gewesen wäre, mit wem er sich da einlässt - nämlich mit einer Partei, deren Akteure keine Berührungsängste mit Neonazis haben. Man kann sich dem Eindruck kaum erwehren, dass er seine Wählerinnen und Wähler für naiv halten muss. 

Er hat den Rechtspopulisten den Weg in Regierungsämter geöffnet und sie damit salonfähig gemacht, was auch mit diesem Schritt nicht einfach wieder wett gemacht wird. Die Grenzen des Sagbaren wurden durch Kurz verschoben und die Stimmung in Österreich zu vergiftet und machte jedes Problem am Ende zum Ausländer- und Flüchtlingsproblem. Die Schuldigen waren bisher immer diese fremden Schmarotzer. In dieser Haltung stand er der FPÖ in nichts nach.

Nun also der versuchte Umschwung und Rettungsversuch. "Nach dem gestrigen Video muss ich ganz ehrlich sagen, genug ist genug", sagte Sebastian Kurz in einer seit Stunden mit Spannung erwarteten Erklärung am Samstagabend in Wien. Er werde Bundespräsident Alexander van der Bellen bitten, so schnell wie möglich Neuwahlen anzusetzen.

Das wirklich schwerwiegende und problematische an den Aussagen des Vizekanzlers seien die Ideen des Machtmissbrauchs und der Umgang mit österreichischem Steuergeld. Eigenartig, dass es soweit kommen musste, bis auch Kurz das eingesehen hat. Bundespräsident Van der Bellen hat sich umgehend dafür ausgesprochen, mit einer Neuwahl neues Vertrauen im Land aufzubauen. Damit nahm er den Vorschlag von Kurz an. „Wem immer von den Wählerinnen und Wählern das Vertrauen geschenkt wird, hat sein Amt in Demut aufzufüllen“, sagte Van der Bellen. „Wir brauchen in diesem Sinne einen Neuaufbau des Vertrauens. Dieser Neuaufbau geht in diesem Fall nur mit Neuwahlen.“ In seiner Erklärung sagte er weiter: "Die Bilder zeigen ein verstörendes Sittenbild. So sind wir nicht. So ist Österreich einfach nicht." Die im Video getätigten Äusserungen seien eine "dreiste Respektlosigkeit den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Diese Respektlosigkeit toleriere ich nicht."

Strache selbst hatte sich für sein in dem Video dokumentiertes Verhalten entschuldigt, aber betont, dass es keine illegalen und rechtswidrigen Vorgänge gegeben habe. "Ja, es war dumm, es war unverantwortlich und es war ein Fehler", räumte Strache ein. Zugleich sprach er von einem "gezielten politischen Attentat" und einer "geheimdienstlich inszenierten Lockfalle". Regelmässig kann man beobachten, dass sich Exponenten der FPÖ in solchen Situation immer gleich als Opfer darstellen. Es wird wohl in diesem Fall kaum mehr gelingen, den Kopf so einfach wieder aus der Schlinge zu kriegen.