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Berührender Brief einer Mutter an Andreas Glarner

DMZ - SOZIALES ¦

David Aebischer ¦

#mittellaendische ¦

 

Ein berührender Brief einer Mutter eines Mädchens, der betroffenen Klassenlehrerin, die von Andres Glarner übelst an den Pranger gestellt wurde, geht viral. Eine regelrechte Hetzjagd im Netz gegen diese bedauernswerte Lehrerin war die Folge. Wieder einmal "typisch" muss man sagen, dass es sehr viele dumme Menschen gibt, die sich an diesen Jagden genüsslich tun und beteiligen. Hier ist zu hoffen, dass alle zur Rechenschaft gezogen werden und mindestens eine Anzeige erhalten für ihr schändliches Verhalten. Es kann nicht weiter angehen, dass im Internet laufend Leben zerstört wird. 

Mit folgenden, treffenden Worten wendet sich diese mutige Mutter direkt an Andreas Glarner und seine Jünger (Worte, die leider bei dieser Sorte "Mensch" nicht das Erwünschte erreichen werden): 

 

"Guten Tag Andreas Glarner

Ich bin Mutter zweier Mädchen, 5 und 7-jährig. Die ältere Tochter geht in die 1. Klasse bei der Lehrerin, gegen welche Sie vorgestern eine unglaubliche Hetzjagd gestartet haben.

Eine sehr engagierte Frau, welche nun vielleicht die Freude an diesem tollen Beruf verloren hat. Dank Ihnen und Ihren nicht weniger dummen Anhängern.

Gestern Morgen durfte ich meiner Tochter erklären, warum ihre so sehr geliebte Lehrerin nicht in die Schule kommt. Weil es da einen dummen erwachsenen Mann gibt, welcher dazu aufruft, ihrer Lehrerin die Meinung zu sagen.

Tja, wie soll man das einem Kind erklären? Ich weiss es nicht. Weil mir die Worte dazu fehlen. Weil ich so viel Menschenhass, Dummheit und Ignoranz nicht verstehen kann.

Ich versuche meine Töchter zu toleranten, offenen und positiven kleinen Menschen heranzuziehen. Eigenschaften, von denen Sie und Ihre Anhänger noch nie etwas gehört zu haben scheinen.

Schämen Sie sich, dass Sie bereits Kindern die Hoffnung an das Gute im Menschen nehmen.

Auf die E-Mail der Lehrerin muss ich gar nicht eingehen. Inzwischen sollten sogar Sie eingesehen haben, dass die Volksschulverordnung genau diese Regelung vorsieht. Eine Regelung, die auch mir nicht bekannt war.

Aber ich bin keine Person des öffentlichen Lebens und ich informiere mich, bevor ich öffentlich etwas poste.

Was ich Ihnen mit dieser Nachricht sagen will. Hinter jedem Namen im Netz steht ein Mensch. Ein Mensch mit Gefühlen. Und hinter jedem Mensch stehen Familie, Freunde und in diesem Fall eine ganze Schulklasse, welche ein solches Ereignis ebenfalls mitbelastet.

Denken auch Sie doch beim nächsten Mal bevor Sie handeln einfach mal nach. Es schadet nicht.

Meine einzige Hoffnung ist, dass sich so viel Dummheit spätestens im Oktober rächt.

Beste Grüsse

Petra Rickenbach"

 

Hater müssen auf jeden Fall strafrechtlich verfolgt werden

Hater (engl.: Hasser) sind ein gefährliches und nicht zu unterschätzendes Phänomen des Web 2.0, denn nicht selten wurden durch Kommentare dieser Spezies schon Menschen in den Ruin, Absturz oder gar Tod getrieben. Selbst Medienschaffende arbeiten teilweise sehr stark mit ähnlichen Mitteln, wie diejenigen der Hater. Anprangern, anklagen, verurteilen – dies ohne Beweise oder rechtliche Grundlage. Genau diese Leute reden dann gerne von Pressefreiheit oder bemühen die „Meinungsfreiheit“, was natürlich so oder so nicht zu entschuldigen ist. Man kann durchaus auch berichten, ohne Menschenleben zu zerstören, was unabhängige Medien seit Jahrzehnten beweisen.

 

Das Profil

Menschen, die Accounts mit dem Ziel kreieren, andere Internetnutzer im Schutze ihrer Online-Anonymität zu belästigen und demütigen, haben nachweislich ein Problem mit sich selber. Es geht nun schon so weit, dass sich diese Menschen nicht einmal mehr hinter Fake Profilen verstecken, sondern unter ihrem Namen und Echtbild Posts und Kommentare verfassen.

In der Regel betrachten wir abwertende Hassrede, also rassistische, antisemitische, sexistische oder anderweitig menschenverachtende Kommentare vor allem politisch. Für Psychotherapeuten ist das allerdings die „Spielebene“.

Um Menschen wirklich argumentativ zu erreichen und ihre Einstellung zu verändern, brauchen wir aber die „Motivebene“. Psychotherapeutin Dorothee Scholz erklärt, was das bei Haterinnen und Hatern heisst.

 

Auslöser und Problem sind die Hater selber.

Für die Hater ist Hass eine Bewältigungsstrategie für eigene Probleme. Nur ein geringer Teil, das haben Studien festgestellt, handelt aus Sadismus, freut sich also am Leid anderer. Die meisten versuchen, ihr geringes Selbstwertgefühl durch das Niedermachen anderer zu erhöhen, oder ihre Ängste vor dem Leben so zu verarbeiten. Wer hasst, wertet sich selbst auf Kosten anderer auf, fühlt sich einer scheinbar mächtigen Gruppe zugehörig, lebt in einer Parallelwelt, in der er besser zurechtkommt als in der realen Welt.

 

Es gibt folgende Formen von Hatern (hier einige davon):

Flamer, auch bekannt als Disser: Die einfallsloseste Form. Diese Hater begnügen sich mit plumpen Beleidigungen in Kommentaren oder Videos, in extremen Fällen mit sehr geschmacklosen und ausfallenden.

Video-Faker: Diese hinterhältigeren Hater führen User z.B. mit Videos hinters Licht, die durch ihren Titel einen gewissen Inhalt erwarten lassen, der dann aber nicht kommt.

Name-Faker: Eine besonders unschöne Form von Hater. Diese Leute bringen User durch einen geschickt gewählten Usernamen dazu, sie für jemand anderen zu halten und verbreiten unter dem Namen dann Lügen und stiften Verwirrung.

Lügner: Setzen simpel Gerüchte in die Welt und versuchen ggf. gegen eine Aufklärung vorzugehen. Sind selten, weil es schwierig ist, ohne Deckmantel ein gutes Lügengerüst zu bauen.

Trolle: Jeder Hater ist im Grunde seines Herzens ein Troll. Als Troll bezeichnet man allgemein alle Benutzer, die Kommentare, Videos oder Spams mit dem einzigen Ziel erstellen, andere Nutzer zu verwirren oder zu verärgern und (meist negative) Reaktionen hervorzurufen. Erstaunlich viele Internetnutzer halten das für eine besonders feine Art des Humors.

Löscher: Einfache Form der Hater, die die CM-Wiki angreifen. Sie löschen ganze Seiten, ersetzten sie durch Beleidigungen oder schreiben Beleidigungen in Seiten.

Hater sind zudem meist offen für psychische Verzerrungseffekte, indem sie sich vor allem Informationen suchen, die die eigene Meinung bestätigen, um alle anderen Informationen für unglaubwürdig zu halten (Bestätigungsbias). Dies scheint eines der grössten Probleme zu sein. Oder der „Backfire-Effekt“: Wenn das Gegenüber nicht an einem Gespräch interessiert ist, sondern nur Recht haben will, fällt man mit jedem Argument in eine Verteidigungsspirale, die die eigene Glaubwürdigkeit untergräbt. Noch interessanter und weit verbreitet ist auch der „Dunning-Kruger-Effekt“, auch als „Mount Stupid“ bekannt: Menschen, die eigentlich wenig Ahnung von einem Thema haben, aber als vermeintliche „Experten“ auftreten, weil sie selbst glauben, sehr viel Ahnung zu haben. Das ist arg, vor allem dann, wenn man mit einer solchen Person zu tun hat.

 

„Strafrechtlich verfolgen, was verfolgbar ist“.

Eine Sache für den Staatsanwalt, das findet auch der Journalist und Rechtsextremismus-Experte Toralf Staud: „Man sollte auf jeden Fall strafrechtlich verfolgen, was strafrechtlich verfolgbar ist.“

 

Menschen, die durch ihren Beruf oder Engagement öfter mit Hassrede konfrontiert sind, sollten sich auch um Selbstschutz kümmern. Ein gutes kollegiales und freundschaftliches Umfeld, in dem Austausch möglich ist – und professionelle Hilfe suchen, wenn sie merken, dass sie nicht mehr abschalten können.

 

In jedem Fall sind diese Hater zu verurteilen und sollten wenn möglich von der Gesellschaft ebenfalls so behandelt werden, damit deren Ausstrahlung keine Kraft mehr hat. Konkret: Wenn man sieht, dass jemand angegriffen wird, sich für diese Person stark machen. Angst überwinden – helfen. Empathie zeigen, in der heutigen Zeit wohl das wichtigste Element einer Gesellschaft.