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Bundesrat legt Leitplanken für Observationen fest

DMZ - POLITIK / UMWELT ¦

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Ab dem 1. September 2019 sollen die Sozialversicherungen bei der Betrugsbekämpfung Observationen durchführen können. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 7. Juni 2019 die Verordnungsbestimmungen zu den Observationen verabschiedet. Die Spezialistinnen und Spezialisten für Observationen benötigen eine Bewilligung und erhalten Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre und zum Einsatz von technischen Geräten.

Damit eine Person Observationen durchführen darf, muss sie verschiedene Bedingungen erfüllen, die in der geänderten Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV) festgelegt sind. So muss sie etwa nachweisen, dass sie keine relevanten Delikte mit einem Bezug zur bewilligungspflichtigen Tätigkeit begangen hat, über die nötigen Rechtskenntnisse verfügt, in den letzten zehn Jahren eine Observations-Aus- oder Weiterbildung absolviert hat und über genügend Erfahrung in der Personenüberwachung verfügt. Die Bewilligung des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV) ist maximal fünf Jahre gültig und darf nicht zu Werbezwecken verwendet werden. Sie wird entzogen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Kantone können zudem zusätzliche Vorgaben machen.

 

Zulässige Überwachungsorte

Die Verordnung legt auch genauer fest, wo und wie eine Person beobachtet werden darf. Observationen dürfen nur an allgemein zugänglichen Orten durchgeführt werden oder aber an Orten, die von allgemein zugänglichen Orten aus frei einsehbar sind. Als nicht frei einsehbar gelten insbesondere das Innere von Wohnhäusern, einschliesslich die von aussen durch ein Fenster einsehbaren Räume, sowie zu Wohnhäusern gehörende Gärten und Vorplätze, die üblicherweise Blicken von aussen entzogen sind.

Für Bild- und Tonaufzeichnungen dürfen keine Instrumente eingesetzt werden, die das menschliche Seh- und Hörvermögen wesentlich erweitern, namentlich keine Teleobjektive, Nachtsichtgeräte, Wanzen oder Richtmikrofone, ebenso keine Drohnen. Zur Standortbestimmung sind nur explizit zu diesem Gebrauch bestimmte Instrumente zulässig, namentlich satellitenbasierte Ortungsgeräte (GPS-Tracker).

 

Aktenführung, Datensicherheit und Einsichtsrecht

Die Verordnung definiert schliesslich die Standards für die Führung, die Aufbewahrung und die Vernichtung der Akten: Jeder Observationsfall muss systematisch und umfassend dokumentiert werden; die Datensicherheit und Vertraulichkeit müssen gewährleistet sein; die Vernichtung der Akten muss kontrolliert und protokolliert werden. Die Sozialversicherer müssen die Betroffenen über eine erfolgte Observation mündlich oder schriftlich informieren und ihnen auf Wunsch Kopien des vollständigen Observationsmaterials aushändigen. Dies gibt den Betroffenen die Möglichkeit, die Rechtmässigkeit der Observation von einem Gericht überprüfen zu lassen.

 

Übergangsbestimmung für Observationsspezialistinnen und -spezialisten

In der Vernehmlassung wurde die Verordnungsänderung grossmehrheitlich begrüsst. Eine überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden befürwortet insbesondere die vorgeschlagene Bewilligungspflicht für Observationsspezialistinnen und -spezialisten. Hinzugefügt wurde neu eine Übergangsbestimmung, damit Personen mit Berufserfahrung in der Personenüberwachung bald wieder tätig werden können, auch wenn sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht über die geforderte Ausbildung verfügen. Zurzeit ist das BSV daran, zusammen mit dem Schweizerischen Polizeiinstitut eine Observationsausbildung und -weiterbildung zu organisieren, die jedermann zugänglich ist.

 

Datum der Inkraftsetzung

In der Abstimmung vom 25. November 2018 wurden die Observationsartikel im Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts ATSG deutlich angenommen. Gegen diese Abstimmung sind aber noch Beschwerden vor dem Bundesgericht hängig. Bestätigt das Gericht die Abstimmungsergebnisse, treten die Observationsartikel und die Verordnungsänderungen am 1. September 2019 oder allenfalls später in Kraft – je nach Zeitpunkt der Gerichtsurteile. Andernfalls treten die neuen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen nicht in Kraft.