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Kürzungen der Stadt Winterthur in der Arbeitsintegration

DMZ - SOZIALES ¦ Daniel Peter ¦

#mittellaendische ¦

 

Sozialhilfebezüger*innen, welche in einem Betrieb der Arbeitsintegration Winterthur arbeiten, erhalten ab 1. Juli weniger Geld. 

 

Die Stadt Winterthur schreibt in ihrem Brief an die Betroffenen: "Um die SKOS Richtlinien einzuhalten, muss die Sozialberatung Winterthur per 1. Juli 2019 den Wechsel vom Einkommensfreibetrag zu einer Integrationszulage umsetzen. Dies führt zu einer Reduktion der Anreizpauschale". 

 

Betroffen sind rund 120 Bürger*innen. Die Integrationszulage wurde vom Kanton Zürich verbindlich auf 300 Franken festgelegt. Der Einkommensfreibetrag kann bei einem Einsatz von 100 Prozent bis maximal 400 Franken im Monat betragen. Für Sozialhilfebezüger*innen ist eine Reduktion um bis zu 100 Franken pro Monat ein gravierender Einschnitt in ihr Budget. 

 

Die Stadt Winterthur macht die Regelung des Kantones verantwortlich für die Kürzung. Dies ist so aber nicht korrekt. Die Weisung der Zürcher Sicherheitsdirektion liesse Spielraum zu. Und gemäss SKOS-Richtlinien können die zuständigen Sozialhilfebehörden die Obergrenze selber bestimmen. 

 

Da nicht alle 120 Betroffenen zu 100 Prozent arbeiten, wird die Einsparung wohl kaum viel mehr als 100'000 Franken betragen. Ist es nicht unwürdig für eine Stadt wie Winterthur, ausgerechnet auf dem Buckel der Ärmsten ihr Budget aufzurunden? Eine grosse Ausgabenoptimierung ist es in Anbetracht des Gesamtbudgets mit Sicherheit nicht. 

 

Der Schritt in die Sozialhilfe ist viel kleiner als es vielen Bürgerinnen und Bürgern bewusst ist. Eine Krankheit oder ein Unfall auf der einen Seite und die Aussteuerung nach der Rahmenfrist der Arbeitslosenentschädigung, kann dazu führen. Wer auf keine IV Rente, Kranken- oder Unfalltaggelder oder Arbeitslosenentschädigung Anspruch hat, kann schnell in der Sozialhilfe "landen". Die Arbeit in diversen Institutionen der Arbeitsintegration sind ein wichtiges Instrument um Tagesstruktur zu erhalten und dienen auch der sozialen Integration. Oft sind Sozialhilfebezüger*innen von Einsamkeit und Isolation betroffen und bei der Arbeit auf dem zweiten Arbeitsmarkt finden sie wieder Anschluss an die Gesellschaft, gewinnen Freundinnen und Freunde. Oft ist diese Tätigkeit auch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt. Nach längerem Ausfall wegen Krankheit oder Langzeitarbeitslosigkeit kann der Wiedereinstieg "geprobt" werden. Diese Möglichkeit ist ein wichtiges Instrument um Menschen in die Gesellschaft zu integrieren oder sie integriert zu behalten. Dies erlebe ich tagtäglich in meiner beruflichen Tätigkeit. 

 

Und welches Zeichen wird da gesendet, wenn die Arbeit plötzlich um einen Viertel weniger entlohnt wird? Welche fehlende Wertschätzung erbringt die Stadt Winterthur gegenüber den 120 Betroffenen?

 

Ich rate den Betroffenen rechtlich gegen diese Kürzung vorzugehen. Als die Stadt Zürich per 1. Mai 2015 die Vergütung für Tätigkeiten in Institutionen des zweiten Arbeitsmarktes von sechs auf vier Franken kürzte, waren 800 Teilnehmende davon betroffen. Eine Betroffene wagte es gegen diese Kürzung zu klagen und erhielt recht. Das Zürcher Verwaltungsgericht entschied, dass für diese Praxisänderung ernsthafte, sachliche Gründe vorliegen müssten. Dies sei hier aber nicht gegeben. Der Stundenlohn wurde wieder von vier auf sechs Franken erhöht. 

 

Der Angriff auf die Sozialhilfe scheint im Wahljahr 2019 kein Ende zu nehmen. Daher ist es wichtig, wen wir am 20. Oktober ins Parlament wählen!