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Bundesrätliche Augenwischerei statt griffige Massnahmen?

DMZ - POLITIK / UMWELT ¦ Marco Perroulaz

#mittellaendische ¦

 

Die Jodtabletten »Kaliumiodid 65«, welche der Bund vor Jahren an die Bevölkerung verteilen liess, haben ein Verfalldatum. Sie sind offiziell noch bis 05/2024 haltbar und sollen daher frühzeitig ersetzt werden. Über diese Botschaft vom Bundesrat freut sich bestimmt die chemische Industrie, nicht aber die Umwelt. Es ist bekannt, dass eine nicht geringe Menge der Packungen gleich nach der Verteilung via Post im Haushaltmüll entsorgt wird. Zudem werden wohl abgelaufene Packungen in beträchtlicher Menge den gleichen Weg gehen. Zwar gibt es die Möglichkeit, die Tabletten via Apotheke oder Entsorgungsfachbetrieb als ‚Sondermüll‘ zu entsorgen, oft ist dieser Schritt jedoch einer zuviel.

 

Der offiziellen Meinung nach sind diese Jodtabletten quasi ein ‚Rettungsanker‘ im Falle eines schweren Unfalls in einem Kernkraftwerk. Darum werden sie im Umkreis von 50 Kilometern rund um jedes AKW verteilt und für die übrige Bevölkerung in so genannten Pflichtlagern gehortet.

 

Dazu muss man aber wissen, dass Jod zwar als Spurenelement für die Hormonproduktion der Schilddrüse unabdingbar ist, in grossen Mengen jedoch toxisch. Im menschlichen Körper finden sich gerade mal 14 Milligramm Jod, welche dieser nach Verbrauch nicht selbst ersetzen resp. bilden kann. Über die tägliche Nahrung wird aber mehr als genug davon aufgenommen. Zudem ist der Hauptteil des konsumierten Salzes (9g pro Tag; etwa 2 gestrichene Teelöffel) mit Jod und Fluor gestreckt.

 

Wikipedia weiss »Iod ist von der EU als Gefahrstoff klassifiziert, dessen Freisetzung in die Umwelt zu vermeiden ist. Beim Umgang mit dem Element sind entsprechende Schutzmassnahmen einzuhalten.« Und unter ‚Gefahrstoff‘ kann man nachlesen »Gefahrstoffe sind Stoffe oder Gemische, die bei der Herstellung oder Verwendung eine schädigende Wirkung für Mensch und Umwelt darstellen können.«. Gewisse Quellen monieren zudem, das Jod, das man uns anbiete, falle als Abfallstoff in der Industrie an.

 

Die Frage muss daher erlaubt sein, ob man mit diesen Jodtabletten den Teufel mit Belzebub austreiben möchte. Sollen Betroffene, die im Falle einer AKW-Havarie durch radioaktiven Ausfall bedacht werden, anschliessend auch noch durch diese Jodtabletten (Unmengen von Jod) zusätzlich belastet werden? Und welches sind überhaupt die daraus zu erwartenden schweren Körperschädigungen?

 

Auf der einen Seite gibt der Bundesrat also »voraussichtlich 4,8 Millionen Franken« aus, um die abgelaufenen Schachteln zu ersetzen. Andererseits aber wird nichts unternommen um marode AKWs endlich still zu legen und mit erneuerbarer Energie zu ersetzen. Im Gegenteil! Immer und immer wieder wechseln sich Pannen und Freigaben ab. Wie lange noch?