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Das Konzept zur Behindertenhilfe im Kanton Bern steht

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Die zentralen Elemente zur Umsetzung des Behindertenkonzepts, auch bekannt unter dem Namen «Berner Modell», liegen vor. Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) hat sie nach Vorliegen der Resultate einer Zwischenanalyse und eines Pilotbetriebes erarbeitet. Alle strategischen Versorgungsziele und die wesentlichen Systemelemente, die vom Bundesrat und vom Grossen Rat 2011 verabschiedet wurden, können beibehalten werden. Die GEF wird aber den Abklärungsprozess vereinfachen und Elemente zur finanziellen Steuerung ausgestalten. An der Möglichkeit für Menschen mit Beeinträchtigung, ihren Lebensmittelpunkt künftig frei zu wählen, hat nichts geändert.

Menschen mit einem behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf sollen mit der Einführung einer subjektorientierten Finanzierung die Wahl haben, ob sie in einem Heim Betreuungsleistungen erhalten wollen oder ob sie diese Leistungen ambulant beziehen wollen. Die GEF will bis 2023 die gesetzlichen Grundlagen dazu schaffen, die sich am Unterstützungsbedarf jedes einzelnen Individuums orientieren.

 

Änderung der Abklärungsmethodik

Die Zwischenanalyse zeigte, dass der Bedarfsabklärungsprozess vereinfacht werden muss. Die GEF hat daher entschieden, neu die Methode IHP («Individueller Hilfsplan») einzusetzen. Mit diesem Instrument wird der behinderungsbedingte Betreuungsbedarf heute bereits in einzelnen Schweizer Kantonen sowie in mehreren deutschen Bundesländern ermittelt. Ein wesentlicher Unterschied zum bisherigen Instrument stellt die Ressourcenorientierung von IHP dar. Statt einseitig den Bedarf festzustellen, stehen die Entwicklungsziele und Möglichkeiten der Menschen mit einem Unterstützungsbedarf im Zentrum. Mit IHP verbunden sind auch Vereinfachungen im Abklärungsprozess und insbesondere die interkantonale Vergleichbarkeit. Da IHP bereits in mehreren Kantonen angewendet wird, ist eine Zusammenarbeit in Unterhalt und Weiterentwicklung des Instruments möglich.

 

Kostenneutralität schwierig zu erreichen

Die in der Zwischenanalyse prognostizierten Mehrkosten von rund 100 Mio. Franken können dank eines griffigen Steuerungssystems stark gesenkt werden. Die auf Grund der Anpassungen erwarteten Mehrkosten im ordentlichen Betrieb belaufen sich neu noch auf rund 20 Mio. Franken oder nicht ganz 10% der Gesamtkosten. Zum einen erwartet die GEF auf Grund der neuen Systematik im stationären Bereich eine Kostenkorrektur nach unten. Zugleich bringt die Ausweitung der Bezugsberechtigung auf Menschen, die heute nicht im Heim wohnen, Mehrkosten mit sich.

Daneben entschied die GEF über weitere Vereinfachungen und Optimierungen. Die Unterstützungsgelder für Menschen, die in einem Heim leben, sollen auch in Zukunft direkt an die Institution ausgerichtet werden. Das neue System erlaubt es, die Subsidiarität der kantonalen Finanzierung zu IV, UV oder MV sowie weiteren Finanzierungsquellen umfassend geltend zu machen. Das neue System wird nach Inkrafttreten für alle Institutionen gleichzeitig eingeführt. Die GEF wird jedoch Möglichkeiten der Abfederung des Übergangs schaffen.

 

Finanzierung von Bauten über Infrastruktur-Pauschalen

Bauten und Umbauten von Institutionen im Behindertenbereich sollen künftig analog zum Altersbereich über eine Infrastruktur-Pauschale finanziert werden. Die Abkehr von den heutigen Investitionskrediten wird die kantonale Investitionsrechnung entlasten.

 

Besitzstandswahrung für Pilotteilnehmer

Die GEF wird bis Ende Jahr prüfen, ob im laufenden Pilotprojekt Anpassungen gemacht werden. Menschen, die am Pilotprojekt teilnehmen, erhalten bis auf Weiteres eine Besitzstandwahrung. Die Einführung der neuen Finanzierungssystematik im Bereich der Werkstätten wird die GEF in einer späteren Projektphase prüfen. Dies unter anderem darum, weil grundlegende Fragen nach der Bestimmung des Unterstützungsbedarfs schweizweit offen sind.

 

Gesetzliche Grundlagen voraussichtlich ab 2023 in Kraft

Auf der Basis des erarbeiteten Konzepts wird die GEF bis anfangs 2020 einen Gesetzesentwurf für die Ausrichtung der kantonalen Behindertenhilfe ausarbeiten, dem Regierungsrat vorlegen und anschliessend in die Vernehmlassung geben. Die GEF geht aktuell davon aus, dass die Umsetzung des Behindertenkonzepts per 2023 erfolgen kann.