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Ist der Mensch zum Gaffen geboren?

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦

David Aebischer ¦

#mittellaendische ¦

 

Den gemeinen Gaffer hat es immer schon gegeben. Gaffer, oder Schaulustige sind Zuschauer, die ein spektakuläres Ereignis beobachten, die davon irgendwie magisch angezogen werden. Bei Unglücken wie Unfällen, Naturkatastrophen oder Gewalttaten sind sie besonders häufig anzutreffen, gemäss Angaben von Polizei, Feuerwehr und Sanität. So werden regelmässig Rettungsarbeiten und/oder der Verkehr behindert und andere Menschen in Gefahr gebracht. Das Gaffen ist grundsätzlich eine ganz archaische Funktion, da es für den Menschen immer wichtig war, seine Umgebung, etwa auf Gefahren, zu prüfen. Im Zusammenhang mit Gewalt, kann es auch eine sozialpsychologische Wirkung haben, da Dinge, die uns erregen, biochemische Reaktionen schaffen. Manche Menschen suchen geradezu nach diesen Reizen, schauen sich Videos an oder filmen mit, wenn sie selbst an eine Unfallstelle kommen. Die Berichte über Unfälle mit Schaulustigen mehren sich, auch die wachsende Aufdringlichkeit ist beängstigend.

 

Dass nicht alle stehen bleiben und Fotos machen, liegt wohl am Anstand, der als Kontrollmechanismus wirkt. Durch das Smartphone wird das Bedürfnis, einen Unfall festzuhalten, wahrscheinlich noch zusätzlich verstärkt. Die meisten Menschen sind aber in erster Linie einfach betroffen. Zum Glück. Diese Betroffenheit kann auch blockieren, aber die Hilfe steht klar an erster Stelle und definitiv vor dem Handybild. Die neuen Sichtschutzwände, die seit Monaten angeschafft werden, helfen tatsächlich, dieses Gaffer-Phänomen zu bremsen. Wenn es nichts zu sehen gibt, haben die Leute keine Veranlassung langsam zu fahren. Auch die Tatsache, dass es Strafen geben kann, hilft. Strafen haben durchaus einen erzieherischen Effekt.

Heute gab es aktuell leider auch wieder einen Fall, wo die Polizei ausrücken musste, weil unzählige Gaffer einen Rettungshelikopter im Kanton Solothurn belagerten. Nur so war es den Sanitätern möglich ihrem kleinen Patienten in Ruhe helfen zu können. Im solothurnischen Gretzenbach brauchte ein kleiner Junge schnelle Hilfe. Der Rettungsdienst rückte mit einer Ambulanz und einem Helikopter ins Staldenacker-Quartier aus. Dem Jungen geht es in der Zwischenzeit wieder besser.