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Auch beim Rettungsschiff „Alan Kurdi“ Probleme - Es darf nicht in Malta anlegen

DMZ - INTERNATIONAL ¦

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Die „Alan Kurdi“ wollte nach Lampedusa. Nach Drohungen hat das deutsche Schiff den Kurs geändert, darf aber auch nicht nach Malta.

 

Das Schiff wurde nach dem Syrischen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi oder Aylan Kurdi benannt. Er war ein zwei Jahre alter syrischer Junge kurdischer Abstammung, dessen Leichnam nach Ertrinken an der türkischen Mittelmeerküste angeschwemmt wurde. Die davon veröffentlichten Film- und Fotoaufnahmen erregten im September 2015 weltweites Aufsehen im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa. 

 

Italien hatte mit harten Strafen gedroht, ähnlich wie schon bei der „Sea-Watch 3“. Deshalb wollte das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der Hilfsorganisation Sea-Eye Malta ansteuern. Doch das wird der Organisation von maltesische Behörden jetzt untersagt.

 

„Sie haben keine Erlaubnis, in maltesische Hoheitsgewässer einzudringen“, sagte ein Armeesprecher im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Das Rettungsschiff hat nach eigenen Angaben 65 Migranten an Bord, die sie in internationalen Gewässern vor Libyen von einem Schlauchboot gerettet hatten.

 

„Alan Kurdi“ wollte Lampedusa ansteuern

Das Rettungsschiff sollte am Sonntagnachmittag in Malta ankommen. Die Hoffnung, doch noch im Hafen anlegen zu dürfen, hat die Organisation aber noch nicht verloren: „Wir sind sicher, dass Malta uns einen sicheren Hafen bieten wird, sobald Deutschland und andere EU-Staaten anbieten, die Menschen aufzunehmen. Wir erwarten, dass Malta damit nicht allein gelassen wird“, sagte Sea-Eye-Sprecherin Carlotta Weibl am Sonntag.

Während das Rettungsschiff noch hofft, im maltesischen Hafen anlegen zu können, spitzt sich die Lage an Bord weiter zu, wie die Organisation Sea-Eye nun auf Twitter bekanntgab. Drei Personen befänden sich in akuter medizinischer Behandlung, heisst es. Sie seien in der Hitze kollabiert. „Wir benötigen dringend med. Unterstützung und einen sicheren Hafen, um schlimmeres zu verhindern“, twittert Sea-Eye.

 

Wenn die Todesfälle im Mittelmeer aufhören sollen, dann dürften Rettungsschiffe nicht wochenlang vor den Inseln liegen bleiben, sagte sie weiter. Es gebe keine medizinischen Notfälle an Bord. Die Menschen seien aber geschwächt, fügte Weibl hinzu.

Den ursprünglichen Plan, mit den Migranten nach Lampedusa zu fahren, hatte die Einsatzleitung aufgegeben. Italiens Innenminister Matteo Salvini hatte das verboten und mit einem harten Vorgehen gedroht, sollten Hilfsorganisationen mit ihren Schiffen trotzdem italienische Häfen ansteuern.

Der Fall „Alan Kurdi“ erinnert an das Rettungsschiff „Sea-Watch 3“, das vor wenigen Wochen ohne Erlaubnis nach Lampedusa gefahren war. Kapitänin Carola Rackete war bei der Ankunft verhaftet worden. Sie wurde vergangene Woche wieder freigelassen und ist derzeit noch in Italien, allerdings an einem geheimen Ort.

 

„Alan Kurdi“: Rückfahrt nach Libyen ausgeschlossen

Laut Sea Eye hat die „Alan Kurdi“ die Menschen vor Libyen von einem überfüllten Schlauchboot gerettet. 39 von ihnen hätten angegeben, noch minderjährig zu sein. Der Jüngste sei erst zwölf Jahre alt, berichtet Sea-Eye am Samstag. Insgesamt 48 der Geflüchteten stammten aus Somalia in Ostafrika, zwei seien Libyer.

Flüchtlinge verlassenen vor der Küste von Libyen ihr Schlauchboot. Die Flüchtlinge waren von Mitgliedern der Rettungsorganisation Sea-Eye von deren Hilfsschiff "Alan Kurdi" aus gerettet worden.

 

Das blaue Schlauchboot, sagte Einsatzleiter Isler unserer Redaktion, wäre „im Nirgendwo des Mittelmeeres verschwunden“. An Deck ihres kleines Bootes mit Aussenbordmotor hatten die 65 Geflüchteten und Migranten zwar jede Menge Treibstoff, aber kaum Wasser und Nahrung, keine Rettungswesten und keine Geräte zur Navigation. „Die hätten es niemals bis Lampedusa geschafft. Allein bei besten Seebedingungen wären sie fünf Tage unterwegs gewesen“.

Die Menschen wurden durch die Crew mit warmen Essen versorgt und werden derzeit medizinisch untersucht. Zwei Ärzte sind an Bord. „Einen Notfall haben wir bisher nicht“, sagte Missionsleiter Isler. Eine Fahrt zurück nach Libyen schloss die Crew aus. Mehrere Berichte von Diplomaten, Medien und internationalen Organisationen belegen die Menschenrechtsverletzungen gegen Flüchtlinge.

 

„Rettungsschiff „Alan Kurdi“: Fall erinnert an „Sea-Watch 3“

Am Samstag hatte das Boot noch Kurs auf Lampedusa genommen. „Wir lassen uns von einem Innenminister nicht einschüchtern, sondern steuern den nächsten sicheren Hafen an“, hatte die Hilfsorganisation Sea Eye auf Twitter geschrieben. „Das Seerecht gilt, auch wenn manche Regierungsvertreter das nicht wahrhaben wollen.“ den plan änderte die Organisation in der Nacht zu Sonntag.

Italiens Innenminister Salvini hatte erklärt, das Schiff dürfe auch nicht im Fall einer späteren Weiterverteilung der Migranten auf andere Staaten nach Italien fahren. „Italien (...) beabsichtigt nicht, weiterhin der einzige ‘Hotspot von Europa’ zu sein“, betonte er. Am Samstag bat auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Salvini, die Häfen Italiens für gerettete Flüchtlinge zu öffnen. Salvini lehnte das strikt ab.

Nach Angaben von Sea-Eye ist die EU-Kommission in den Fall eingeschaltet. „Es heisst, sie bemühen sich um eine Lösung“, sagte Isler.

 

Hintergrund: Seenotrettung: Was dabei erlaubt ist – und was nicht

Die zunächst in Italien inhaftierte und dann wieder freigelassene Kapitänin der „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, hat sich am Freitag erstmals seit ihrer Freilassung geäussert – und die Bundesregierung für ihre Haltung zur Seenotrettung kritisiert. Zudem kündigte ihr Anwalt an, dass Carola Rackete den italienischen Innenminister Salvini wegen Verleumdung verklagen will. Er hatte die Kapitänin immer wieder beschimpft und unter anderem als „reiche und verwöhnte deutsche Kommunistin“ bezeichnet.