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Kroatien weist Asysuchende mit umstrittenen Methoden ab – profitiert auch die Schweiz?

DMZ – POLITIK/SOZIALES ¦

Patricia Jungo ¦

#mittelländische ¦

 

Um Asylsuchende abzuweisen, wendet Kroatien sehr umstrittene Methoden an. Die Schweiz scheint auch davon zu profitieren und es stellt sich die Frage nach der Verantwortung der Politik.

Ein junger Afghane, dem es mit einer Gruppe anderer junger Männer gelungen war, bei Velika Kladuša über die grüne Grenze in die EU zu gelangen, berichtet, sie seien nach sechs Tagen Fussmarsch nur kurz vor dem Übergang nach Slowenien entdeckt worden. Dabei seien sie von maskierten Männern weggebracht worden. An der Grenze folgten Schläge. Die Geschichte tönt nach einer Ausschaffung über die EU-Aussengrenze durch kroatische Polizisten und dies ohne Verfahren. Laut internationalem Recht handelt es sich um einen illegalen „push back“!

 

Wie man derzeit in den Medien lesen kann, sinken indes in der Schweiz die Asylzahlen und der Bund prüft gerade, ob nicht auf einzelne Asylzentren verzichtet werden sollte. Für die Wahlen im Herbst werden die Themen Asyl und Migration mit Bestimmtheit keine grosse Rollen spielen. An den EU-Aussengrenzen erledigt man den Türsteherjob bestens; dies ebenfalls im Interesse unseres Landes. Daher drängt sich doch die Frage nach der Verantwortung der Schweizer Politik in Sachen Umgang mit Migranten und Flüchtlingen vor den Toren unserer Wohlstandszone. SP-Nationalrätin Samira Marti möchte vom Bundesrat erfahren, ob Rechtssystem und Asylverfahren für Flüchtlinge in Kroatien auch zugänglich sind. Sie betont, dass es ja nicht nur um eine Staatsgrenze gehe, sondern eine europäische Aussengrenze. Die Antwort vom Bundesrat ist für den Herbst geplant und die Verwaltung wird sich bis dahin mit öffentlichen Stellungnahmen zum Thema zurückhalten. Auf indirekte Weise liegt jedoch bereits eine Antwort vor: Die zuständige EJPD-Chefin Karin Keller-Sutter schreibt in einem Brief an ein Basler Bürgerforum von Ende Juni 2019, die Schweiz setze sich mit Nachdruck für einen wirksamen Grenzschutz ein, der keinesfalls zu Lasten der internationalen und europäischen Menschenrechtsnormen gehen dürfe.

 

Dabei wolle Schengen-Kandidat Kroatien klar die geltenden Normen und Gesetze berücksichtigen. Allerdings könnten in Kroatien mögliche Beweise für das Vorkommen illegaler „push backs“ vorliegen. So berichtet ein angeblicher Mitarbeiter der Polizei an die Ombudsfrau für Menschenrechte, es komme zu klaren Befehlen, mit welchen die Flüchtlinge gewaltsam nach Bosnien zurückgeschickt würden. Für die kroatische Polizeigewerkschaft HSP handelt es sich dabei nicht um einen echten Brief. Gegenüber SRF sagte Präsident Dubravko Jagić, es sei für die Polizei gar nicht möglich das Gesetz umzusetzen, wenn sie selber ihm nicht folge. Heute Mittwoch veröffentlichte allerdings die bekannte Journalistin und Soziologin Barbara Matejčić im unabhängigen Portal index.hr eine Recherche. In einem Interview, welches sie mit einem kroatischen Polizisten geführt hat, bestätigt dieser das Erfolgen der Befehle für die illegalen „push backs“ von Migranten über die Befehlskette. Er berichtet, die Migranten würden ins Grenzgebiet gebracht mit der Anweisung, sich wieder auf den nach Bosnien oder Serbien zu machen. Es handle sich um Befehle ihrer Vorgesetzten und es komme weder zu einer Registrierung noch zu einem Asylantrag. Das Vorgehen der Polizei wird in Kroatien immer mehr kritisiert. Indessen warten nach Schätzungen des UNHCR etwa 8500 Asylsuchende in Bosnien voller Hoffnung auf ein neues und glücklicheres Leben in der europäischen Wohlstandszone. Auch die Schweiz gehört dazu.

 

Das Staatsekretariat für Migration (SEM) versucht, die Not vor Ort zu etwas zu lindern und ist daran, die Trinkwasseraufbereitung gemeinsam mit einer Organisation vor Ort zu sichern. Die Schweiz ist ein unabhängiger Kleinstaat und nimmt sich als solcher die Freiheit, selbständig zu handeln. Dies, auch wenn sie ihr Handeln offiziell auf die EU abstimmt.

 

 

Quelle: SRF News