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Kinderarmut 262'000 Kinder leben in Haushalten mit geringem finanziellen Spielraum und sind unmittelbar von der Armut bedroht. 108'000 Kinder unter 18 Jahren le

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦

David Aebischer ¦

#mittellaendische ¦

 

Immer mehr Kinder in der vermeintlich reichen Schweiz leben in Armut. Und die Kinderarmut steigt täglich weiter. Einige der verursachenden Schuldigen sind gefunden, aber längst nicht alle. Eine Erhebung des Bundesamt für Statistik (BfS) im Jahr 2014 zeigte noch, dass jedes 20. Kind in der Schweiz von Einkommensarmut betroffen ist und jedes sechste Kind von der Armut bedroht. Diese Zahlen haben sich rapide verändert und lassen nur das Schlimmste erahnen, wenn es im selben Tempo weitergeht. Caritas nennt aktuell erschreckende Zahlen zur Kinderarmut hierzulande.

 

In Artikel 12 der Bundesverfassung garantiert die Schweiz denjenigen, die in Not geraten und nicht in der Lage sind, für sich zu sorgen, Hilfe, Betreuung und Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. Wer bereits selber einmal in diese Situation gekommen ist, weiss, dass dieser Artikel leider kaum einmal gänzlich zum Tragen kommt. Zusätzlich ver­pflichtet sich die Schweiz in Artikel 11, allen Kindern und Jugendlichen einen besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit zu gewähren und sie in ihrer Entwicklung zu fördern. Auch hier überwiegt die Theorie und lässt eine Umsetzung missen. Die unvorstellbaren Zahlen lassen uns fragen, was genau am System schief läuft und warum niemand etwas gegen diese Missstände tut. 262'000 Kinder leben in Haushalten mit geringem finanziellen Spielraum und sind unmittelbar von der Armut bedroht. 108'000 Kinder unter 18 Jahren leben derweil konkret in Armut. Wie kann das sein? Wie kann das geduldet werden?

 

„Wenn weder Arbeit noch Bildung vor Armut schützen, dann hat der Staat versagt!“

Kinder aus Haushalten, welche trotz Erwerbsarbeit kein Einkommen oberhalb der Armutsgrenze generieren können. Weitere in Armut lebende Kinder sind in einem Haushalt ohne Erwerbstätige zu Hause.

In Schweizer Haushalten ohne Erwerbstätige ist sogar fast jedes 2. Kind armutsgefährdet und jedes 5. Kind von Armut betroffen. Gemäss den neueren Zahlen von Caritas ist die Zahl der von Kinderarmut Betroffenen seither deutlich gestiegen.

 

Das Wissen ist vorhanden – es fehlt am politischen Willen

Bereits Ende der 1990er Jahre waren die von Armut betroffenen Menschen in der Schweiz mehrheitlich Mütter, Väter und Kinder. Daran hat sich in den letzten 30 Jahren wenig geändert. Zu diesem Schluss kommen auch die jüngsten Studien und Berichte des Bundesrates sowie des Nationalen Programms gegen Armut. Das Problem ist allseits bekannt. Was also läuft schief? Der Blick auf Entwicklungen in der Existenzsicherung, der Vereinbarkeit von Familie, Ausbildung und Beruf sowie der Frühen Förderung sind in diesem Kontext zentral.

 

 

Familienergänzungsleistungen reduzieren erwiesenermassen Kinderarmut, werden aber sehr selten auch bezahlt. Materielle Existenzsicherung ist Voraussetzung für gesundes Heranwachsen. Die Politik ist (auch regional und kantonal) gefordert, diesem Recht umgehend Folge zu leisten. Einige Kantone machen es erfolgreich vor. Es gilt, Familienergänzungsleistungen nach dem Modell des Tessins oder der Waadt schweizweit einzuführen, dann ist bereits vieles getan. Wenn die Politik weiterhin schweigt bei konkreten Anfragen und Aufmerksammachen auf diese Missstände, wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern.