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Warum brauchen wir Grenzen?

DMZ - UMFRAGE - Eveline Siegenthaler ¦

#mittellaendische ¦

 

Oder anders gefragt: Brauchen wir Grenzen? Und wenn ja, warum? -

Die Grenzen unserer persönlichen Privatssphäre; unsere ganz eigenen Geheimnisse; unsere Ansichten und Gewohnheiten; unsere Sexualität; das Familienleben; unser Haus, unser Garten; ein Quartier, ein Dorf; ein Land; eine Religion; eine Kultur.

Eine Grenze zu ziehen, kann bedeuten: Bis hier, und nicht weiter! Dies ist meine Freiheit, und du hast deine eigene. Meine Freiheit geht bis zu deiner. Ich respektiere deine Freiheit. Respektiere bitte meine!

Die Existenz von Grenzen ist in gewisser Weise auch mit der Vorstellung des Besitzes verbunden. In gewissen Kulturen, zum Beispiel der Indianer Südamerikas, gibt es kein Wort für Besitz. Man sagt: Etwas ist bei mir. Oder: Etwas ist bei ihm.

Überschreitet jemand die Grenzen meiner persönlichen Privatssphäre, zum Beispiel, indem er mich ungefragt und wider meinen Willen anfasst, so wird dies gemeinhin als Grenzüberschreitung, als Übergriff gewertet. Es ist in gewissen Fällen gesetzlich strafbar. Dies zeigt, dass Grenzen auch etwas Sinnvolles sein können. Sich Abgrenzen kann Sinn machen.

Auf der anderen Seite hat das Wort Grenze in der heutigen Gesellschaft zuweilen auch einen negativen Beigeschmack.

 

Sich zu sehr abzugrenzen, kann negative Folgen haben. Das Gegenteil jedoch ebenfalls.

Abgrenzung schaft Distanz und Trennung. Damit Menschen zusammenleben, einander unterstützen und sich einen können, braucht es offene Türen, zur rechten Zeit. Es gibt für alles eine Zeit.

Deshalb ist und war die Frage nach dem gesunden Mass allgegenwärtig.

Gerade in der Frage der Immigration wird dies deutlich. Würde ich einen Flüchtling bei mir zuhause wohnen lassen, wenn ich vom Staat verlange, alle Menschen, die in Armut und Not leben, aufzunehmen? Diese selbstkritische Frage habe ich mir kürzlich gestellt.

Die heutige Gesellschaft tendiert dazu, Grenzen mehr und mehr zu verwischen. Früher galt das respektvolle Siezen gemeinhin als Zeichen des Respekts und der Wertschätzung.

Viele kritisieren dies heute. Sie verstehen es als Ausdruck einer autoritären Haltung.

Lokale Sprachbegriffe werden durch englische ersetzt. Ein lauthalses „Fuck!“ wird nicht mehr allgemein als unanständig betrachtet.

 

So ändert sich im Laufe der Zeit die Art, wie man ein gewisses Verhalten beziehungsweise das Respektieren von Grenzen bewertet.

Für wenig Geld fliegt begibt man sich in wenigen Stunden an Orte, die Tausende Kilometer entfernt sind.

Auch dies lässt Grenzen in einem anderen Licht erscheinen.

Via Skype können wir uns in jeder Sekunde mit Menschen aus aller Welt unterhalten. Aber: Wann habe ich das letzte Mal mit meiner Nachbarin gesprochen?

Wie denkt ihr selbst über das Thema, im persönlichen Bereich, in der Familie, in Haus und Garten, in Quartier und Dorf, zwischen Ländern? Eure Meinung interessiert uns.