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Nichts Neues unter der Herrlibergsonne

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦

Tony Lax ¦

#mittellaendische ¦

 

Es gibt da offenbar ein Plakat einer schweizerischen politischen Partei, das sogar die Grenzen des schlechten Geschmacks unterschreiten soll und im Moment für eine heisse Kontroverse sorgt.

Nun, ich verstehe die Aufregung nicht ganz.

Und ich poste dieses Plakat hier auch nicht mitsamt irgendeiner wohlbegründeten Entrüstung. Damit würde ich ja letztendlich nur Werbung dafür machen und die intendierte Hassdisskussion befördern.

Nein. Denn wozu? Ich hasse Hass.

Das Plakat zeigt doch vor allem eines:

Dass in dieser Partei mächtig der Wurm drin ist.

Und es zeigt zudem, dass diese Partei es in schon fast pathologischer Kreativität fertigbringt, unter der bis dahin untersten Schublade stets noch eine drunter zu finden.

Nichts Neues also unter der Herrlibergsonne.

Doch, etwas leicht Neues kommt bei dieser erneuten kalkulierten Entgleisung dazu:

Nämlich das wohl kaum mehr aus dem Jackett zu klopfende implizite Bekenntnis zumindest der dominanten Hassprediger dieser Partei (die immer wieder gerne hart am braunen Rand operieren und dann entweder gehässig oder weinerlich sofort und harsch jeglichen Nazivorwurf von sich weisen), dass sie nämlich der braunen Politkacke offenbar doch ein Spürchen zugeneigter sind, als sie es offen zugeben würden. Denn - he, Leute, Hand aufs Herz! - woher, aus welchen Gedankenstübchen holt man eigentlich solche Bilder? Hmmm?

Die jüdischen Bolschewisten als Gewürm ... noch nie gehört, oder?

Und von den Würmern im Apfel ist man dann schnell bei den Maden im Speck des Volkskörpers und beim Ungeziefer und bei den Parasiten, die die völkische Reinheit kontaminieren - und damit unweigerlich bei jenem Gedankengut, mit dem die Distributoren solch ziemlich unzweideutiger Bildsprache natürlich überhaupt nichts zu tun haben wollen.

Aber nein doch! Solche Verortungen sind lediglich und ausnahmslos böswillige Unterstellungen.

Ok, dann halt.

Dann verliert das Plakat aber schwuppdiwupp auch schon seinen ganzen Reiz und kann sogleich unter der Rubrik "billige Stimmungsmache" abgehakt und auf dem Müllhaufen der Irrelevanz entsorgt werden.

Allerdings würde mich schon noch interessieren, was das da auf dem Plakat eigentlich für ein Apfel sein soll, an dem sich die linken und netten Würmer genüsslich laben.

Der, den der Tell von Walterlis Haupt geschossen hatte, kann's nicht sein, dann wäre er ja nicht nur von den Würmern, sondern auch noch von Tells Pfeil durchlöchert.

Soll der Apfel vielleicht in nationalmythologischer Überhöhung auf das keltische Paradies, auf Avalon, das Apfelland, in dem immerwährende Zufriedenheit herrscht, verweisen?

Oder ist es gar der Apfel vom biblischen Baum der Erkenntnis? Jene verhängnisvolle, die Verführung und Sündhaftigkeit symbolisierende Frucht, deren Genuss den Menschen aus dem Paradiese vertrieben haben soll?

Der Apfel, der auf Lateinisch "malum" heisst, was auf deutsch wiederum aber auch "das Übel" bedeutet?

Nun gut, ein Apfel, der einem in geradezu penetranter Aufdringlichkeit dargeboten wird, wie dieser politische Plakatapfel hier, erinnert einen freilich auch an den vergifteten Apfel von Schneewittchens Hexenmutter.

Diese Giftler aber auch!

Doch vielleicht ist es ganz einfach nichts anderes als ein stinknormaler Zankapfel, was ja auch zu dieser zänkischen Partei, die sich erfolgreich darum bemüht, immer ein bisschen zu stinken, passen würde.

Nein, ich kann mich gar nicht so richtig aufregen: Mit Stinkern zu stänkern stinkt mir einfach.

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