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Hamsterrad der Leistung vs. Berg der Ängste

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦

Amanda Baeriswyl ¦

#mittellaendische ¦

 

Dass wir in einer in einer Zeit leben in der sich die Ereignisse überschlagen und die Gesellschaft immer rastloser wird, ist kein Geheimnis mehr. Kaum einer ist aber bereit dies zu hinterfragen. Diese Zustände werden ohne Weiteres akzeptiert, in vollen Zügen ausgelebt und der Leistungsdruck nimmt immer grössere Ausmasse an.

 

Schnell zieht man voreilige Schlüsse und sieht die Wurzel des Problems der Rastlosigkeit beim immer grösser werdenden Leistungsdruck in der Schule sowie bei der Arbeit. Dieser Leistungsdruck ist aber nicht die Wurzel, sondern ein Symptom. Denn sobald man die Position des Beobachters einnimmt, wird einem ganz schnell bewusst, dass diese Rastlosigkeit nach der Schule wie auch nach der Arbeit nicht aufhört. Ganz im Gegenteil, im Privatleben geht es erst richtig los. Ja, denn dann kommen die Ängste und genau die sind die Wurzel des Problems. Während der Arbeit halten sie meistens noch ihre Klappe, doch spätestens zu Hause empfangen sie uns wie ein Familienhund der den ganzen Tag auf uns gewartet hat. Diese gilt es nun zu verdrängen, schliesslich musste man sich den ganzen Tag das Gelaber seiner Arbeitskollegen und/oder seiner Kunden anhören und ein bisschen Ruhe hat man sich nun wirklich verdient.

 

Kennen Sie den Hamster der wie von Sinnen im Hamsterrad einen Marathon rennt und erst dann aufhört, wenn es ihn (selbstverschuldet) unsanft aus dem Rad wirft? So ungefähr können Sie sich das beim Menschen vorstellen und so wie der Hamster immer wieder auf das Rad klettert und rennt, bis er irgendwann völlig erschöpft auf dem Boden des Käfigs liegen bleibt, tut es ihm der Mensch gleich. Denn was macht der Mensch nicht alles, um sich seinen Ängsten nicht stellen zu müssen? Sport (meisten übermässig), Schönheitsoperationen, Medikamente, fernsehen, shoppen, lesen, lästern, sich mit den Problemen anderer beschäftigen, putzen, kochen, Ausgang und /oder Feste feiern die mit reichlich Alkohol gesegnet sind, kiffen, Smartphone, Social Media, Beziehungen, seine Selbsterwartungen auf andere (inkl. Kinder) projizieren, die Schuld für seine Entscheidungen und sein Handeln auf andere schieben, etc. Hauptsache abends todmüde ins Bett fallen, damit die Ängste auch im einsamsten Moment des ganzen Tages, nämlich der kurz vorm Einschlafen, keine Chance zum Sprechen haben.

 

Man könnte ja Gefahr laufen sich selbst zu begegnen und das Wettrennen gegen die Ängste die einem im Nacken sitzen, soll ja schliesslich ein Erfolg werden. Ab und an klopfen sie auch an die Türe und wollen gesehen werden, eintreten und Vertrauen aufbauen. Schlüssel sei Dank können sie es nicht. Was wir aber übersehen, ist, dass die Ängste uns immer einen Schritt voraus sind. Sie sind nicht nur geduldig, sie sind auch schlau. Denn nach einiger Zeit entdecken sie genau die Schlupflöcher, die wir mit vollem Einsatz zu stopfen versuchen. Kaum haben wir uns von der Türe weggedreht mit der vermeintlichen Gewissheit sie abgehängt zu haben, stehen sie vor uns, in ihrer vollen Pracht und in Form von anderen Menschen und Situationen. Ja und dann kommt diese Wut, diese gefühlt unbändige und zumal gnadenlose Wut. Statt den unterdrückten Gefühlen endlich Raum zu geben und sie mit unserer Aufmerksamkeit zu lieben, spielen die Ängste ihre letzte Karte.

Die Karte des “Das darf nicht sein! Ich darf so nicht fühlen! Ich muss funktionieren, muss mich zusammenreissen und Leistung erbringen! Ich bin sonst komisch, werde von der Masse, die sich in eine fiktive Norm einzwängt, nicht akzeptiert. Ich bin dann wie die Menschen, die sich lieber dafür entschieden haben, den Berg der Ängste zu erklimmen, statt noch ein einziges Mal in dieses besch..sonders aussichtslosen und ermüdenden Hamsterrades zu steigen!“ Ja sie sind gerissen und versuchen uns das Gefühl der Ohn(e)macht zu geben. Doch solange wir uns nicht dem Berg der Ängste stellen und uns selbst begegnen, drehen wir das Hamsterrad immer weiter bis wir eines Tages völlig erschöpft auf dem Boden unseres Käfigs liegen bleiben.