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Der unzustellbare Erste Hilfe Koffer

Bildquelle: sanitaet24.ch
Bildquelle: sanitaet24.ch

DMZ - WIRTSCHAFT ¦ Marco Perroulaz ¦

 

Die Sendung SRF Espresso machte neulich aufmerksam auf eine ‚neue‘ Masche im Telefonmarketing. Wer nicht aufpasst, ordert für sein Geschäft einen herkömmlichen und vielleicht sogar vollwertigen Notfallkoffer, allerdings für weit mehr als das dreifache des üblichen Handelspreises. Dem Unfug sind Tür und Tor geöffnet, weil viele Verantwortliche gar nicht Bescheid wissen, jedes noch so falsch zitierte Bundesgesetz für gegeben annehmen.

 

Konkret geht es um Trimedia GmbH in Allschwil BL. Mit Telefonanrufen versucht sie, arglose Menschen davon zu überzeugen, dass ein Paket nicht zugestellt werden konnte und zwecks sicherem Nachversand eine detaillierte e-Mail zu bestätigen. Wer der Aufforderung nachkommt, löst damit die massiv überteuerte Bestellung erst aus.

Der Koffer, so behauptet die Verkäuferin, müsse laut Gesetz alle zwei Jahre ersetzt werden. Zudem würde die Versicherung die Kosten dafür übernehmen. Das ist falsch!

Richtig ist, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft, Seco, in der Verordnung 3 ArGV 3 zum Arbeitsgesetz ArG, im Artikel 36 ‚Erste Hilfe’ festhält »Für die Erste Hilfe müssen entsprechend den Betriebsgefahren, der Grösse und der örtlichen Lage des Betriebs stets die erforderlichen Mittel verfügbar sein. Die Erste-Hilfe-Ausstattung muss gut erreichbar sein und überall dort aufbewahrt werden, wo die Arbeitsbedingungen dies erfordern.«

Und in der ›Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz‹ ergänzt Seco »Die Ausstattung muss einer regelmässigen Qualitätskontrolle unterliegen (z.B. Zustandskontrolle).«

Gemäss ArG ist also eine Ausrüstung vorzusehen und deren Zustand ‚regelmässig’, also ohne zeitliches Obligatorium, zu überprüfen. Wer etwas anderes behauptet, hat sicher nichts Gutes im Sinn. Aufgrund von Beschwerden gegen unlauteren Wettbewerb hat das Seco unterdessen das fehlbare Unternehmen aufgefordert, diese Geschäftspraktiken zu unterlassen, weiss SRF.

 

Die entsprechenden Gesetze bestätigt auf Anfrage auch Marcel Maurer, Geschäftsführer des Familienunternehmens sanitaet24.ch. Er erklärt, dass abgelaufene Produkte im Ernstfall tatsächlich ein Problem darstellen können. »Zwar gibt es kein gesetzlich definiertes Zeitlimit, es heisst da einfach ‚regelmässige Zustandskontrolle’. Aber im Falle ISO zertifizierter Betriebe ist der Zustand der Erste-Hilfe-Ausstattung sogar nachzuweisen. Wir empfehlen die jährliche Überprüfung. Für unsere Kunden halten wir die Daten aller gesundheitsrelevanten Mittel fest und erinnern rechtzeitig an deren Ablauf.«, erläutert er und ergänzt »Wir erinnern bloss, es entsteht daraus keine Verpflichtung auch bei uns einzukaufen.« Grundsätzlich kann jedes Produkt einzeln gekauft werden, ein vorgesehener Kleinmengenzuschlag entfällt sogar bei Bestellung über den Webshop. Zudem ist sanitaet24.ch mit dem einzigartigen und voll ausgestatteten ›Medical Service Car‹ unterwegs und bietet den perfekten Nachfüll-Service frei von Fahrkosten und Stundensätzen. Aber auch hier wird grundsätzlich nur ausgetauscht, was nicht mehr den Anforderungen entspricht.

Maurer weiss, wovon er spricht. Sein Unternehmen hat im aargauischen Dottikon über 12‘000 Artikel an Lager, im Kundenportefeuille stehen auch Armee, Polizei, Bund und er hat mit Hilfe von sechs festangestellten und neunzehn teilzeitbeschäftigten Fachexperten im vergangenen Jahr 3000 Personen ausgebildet. »Unser Lehrbetrieb ist zerfiziert bis Stufe Instruktor«, sagt er dazu.


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