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Weyl-Fermionen in einer weiteren Materialklasse entdeckt

Die drei PSI-Forschenden Junzhang Ma, Ming Shi und Jasmin Jandke (von links) an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS, wo ihnen der Nachweis von Weyl-Fermionen in einem paramagnetischen Material gelang. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)
Die drei PSI-Forschenden Junzhang Ma, Ming Shi und Jasmin Jandke (von links) an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS, wo ihnen der Nachweis von Weyl-Fermionen in einem paramagnetischen Material gelang. (Foto: Paul Scherrer Institut/Markus Fischer)

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Eine besondere Art von Elementarteilchen, die Weyl-Fermionen, wurden erst vor einigen Jahren entdeckt. Ihre Besonderheit: Sie bewegen sich in einer aussergewöhnlichen, hoch geordneten Weise durch ein Material. Dies lässt sie praktisch nie miteinander kollidieren, was sehr energieeffizient ist. Dadurch ergeben sich faszinierende Möglichkeiten für die Elektronik der Zukunft. Bisher waren Weyl-Fermionen nur in bestimmten nicht-magnetischen Materialien gefunden worden. Jetzt aber haben Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI sie erstmals experimentell in einem anderen Materialtyp nachgewiesen: einem Paramagneten, der langsam fluktuierende, innere magnetische Felder hat. Dieses Forschungsergebnis bedeutet zudem, dass es möglich ist, Weyl-Fermionen mit schwachen Magnetfeldern zu manipulieren. Es eröffnet damit weitere Möglichkeiten im Bereich der Spintronik, einer vielversprechenden Entwicklung der Elektronik für neuartige Computertechnologien. Die Forschenden haben nun ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.

Weyl-Fermionen könnten eine Rolle in einer energieeffizienteren Elektronik der Zukunft spielen. Experimentell wurden sie nur im Inneren von Materialien nachgewiesen. Dort liegen sie als sogenannte Quasiteilchen vor, die sich wie masselose Teilchen verhalten. Theoretisch wurden sie bereits 1929 vom Mathematiker Hermann Weyl vorhergesagt, ihre experimentelle Entdeckung folgte jedoch erst 2015 - unter anderem durch Forschende am PSI. Bislang waren Weyl-Fermionen nur in bestimmten nicht-magnetischen Materialien beobachtet worden. Nun jedoch hat ein Team von Forschenden am PSI zusammen mit Wissenschaftlern in den USA, China, Deutschland und Österreich sie auch in einem bestimmten paramagnetischen Material gefunden. Damit ist man einer möglichen Nutzung von Weyl-Fermionen in der Computertechnologie einen Schritt näher gekommen.

Auf der Suche nach langsamen magnetischen Fluktuationen

«Der schwierige Teil war», sagt Junzhang Ma, Postdoktorand am PSI und Erstautor der neuen Studie, «ein erfolgversprechendes magnetisches Material für die Suche nach diesen Weyl-Fermionen zu finden.» Obwohl durch die theoretische Physik die Existenz von Weyl-Fermionen in bestimmten magnetischen Materialien schon vor Jahren als möglich angesehen wurde, fehlte bislang der experimentelle Nachweis trotz wesentlicher Anstrengungen mehrerer Forschungsgruppen weltweit. Die Forschenden am PSI hatten dann die Idee, ihre Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gruppe von magnetischen Materialien zu richten: Paramagnete mit innewohnenden zufälligen Änderungen - sogenannten Fluktuationen - des magnetischen Feldes, die vergleichsweise langsam sind.

«In bestimmten paramagnetischen Materialien könnten diese intrinsischen magnetischen Fluktuationen ausreichen, um ein zusammengehörendes Paar von Weyl-Fermionen zu erzeugen», sagt Ming Shi, der Professor in der gleichen Gruppe wie Ma ist, der Forschungsgruppe für Spektroskopie neuartiger Materialien. «Aber uns war bewusst, dass diese Fluktuationen langsam genug sein müssen, damit die Weyl-Fermionen entstehen können. Von da an lag die Herausforderung darin, herauszufinden, welches Material genügend langsame, magnetische Fluktuationen haben könnte.»

Da es kein Nachschlagewerk mit den Geschwindigkeiten der magnetischen Fluktuationen aller Materialien gibt, kostete es die Forschenden einige Zeit und Mühe, ein geeignetes Material für ihr Experiment zu finden. Die ebenfalls am PSI durchgeführte Modellanalyse von Seiten der theoretischen Physik half ihnen, einen vielversprechenden Kandidaten mit langsamen magnetischen Fluktuationen auszumachen: das Material mit der chemischen Bezeichnung EuCd2As2, Europium-Cadmium-Arsenid. Und tatsächlich: In diesem paramagnetischen Material konnten die Wissenschaftler Weyl-Fermionen experimentell nachweisen.

 

Messungen mit Myonen und Röntgenstrahlen

Für ihre Experimente nutzten die Forschenden zwei der Grossforschungsanlagen des PSI: Zunächst halfen ihnen Messungen an der Myonenquelle SμS, die magnetischen Fluktuationseigenschaften ihres Materials besser zu verstehen. Anschliessend wiesen sie die Weyl-Fermionen mit einem Röntgenspektroskopieverfahren an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS nach.

«Wir haben gezeigt, dass Weyl-Fermionen in einer grösseren Bandbreite von Materialien existieren können als bisher angenommen», sagt Junzhang Ma. Damit erweitert dieses Forschungsergebnis deutlich die Bandbreite der Materialien, die für die Elektronik der Zukunft in Frage kommen. Als Teil einer Entwicklung namens Spintronik könnten Weyl-Fermionen verwendet werden, um Informationen mit viel höherer Effizienz zu transportieren, als Elektronen in der heutigen Technologie dies tun.

 

 

 

Quelle: Paul Scherrer Institut