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Brandgräber, Glashütten, Figurensäulen und Baumwollstoffe 

DMZ - WISSENSCHAFT & FORSCHUNG ¦

 

Unter dem Titel «Archäologie und 

Denkmalpflege im Kanton Solothurn ADSO» veröffentlicht das Amt für Denkmalpflege und Archäologie seinen Jahresbericht. Im 24. Heft dieser Reihe berichten Kantonsarchäologie und kantonale Denkmalpflege wiederum, was von ihnen aktuell untersucht, dokumentiert, ausgewertet und restauriert wurde. 

 

Auch der jüngste Jahresbericht thematisiert archäologische Grabungen und Auswertungen sowie Bauforschungen und Restaurierungen im gesamten Kantonsgebiet. Allgemeinverständlich geschrieben und grosszügig mit Fotos, Zeichnungen und Plänen gestaltet, richten sich die Beiträge an alle, die am solothurnischen Kulturerbe interessiert sind. 

 

Ausgegraben, ausgewertet, ausgestellt  

Im archäologischen Teil des Jahresberichts werden mehrere Funde und Fundkomplexe vorgestellt, die im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der kürzlich eröffneten Dauerausstellung «Was bleibt. Geschichten aus dem Boden» ausgewertet wurden. Eine Auswahl der schönsten und interessantesten Objekte ist nunmehr im Archäologischen Museum Kanton Solothurn im Haus der Museen in Olten ausgestellt. 

 

Als erstes sind zwei römische Brandgräber zu nennen, die 2013 und 2018 in der Industriezone am Scharlenweg in Flumenthal zum Vorschein kamen. Es sind dies die einzigen Urnengräber im Kanton Solothurn, die mit Sicherheit einer römischen Villa zugeordnet werden können. Beide Gräber waren reich mit Beigaben ausgestattet: Geschirrensembles, Schmuckstücke aus Bronze und Elfenbein, Glasgefässe und Speisebeigaben. Als Graburnen waren grosse Glaskrüge verwendet worden.  

Aus Holderbank stammt ein kleiner farbiger Glasstein mit eingraviertem Dekor, der einst zu einem römischen Siegelring gehörte. Das Motiv auf der Glasgemme hat eine hochpolitische Aussage, wird damit doch der Sieg Octavians – des späteren Kaisers Augustus – in der Seeschlacht von Actium im Jahre 31 v.Chr. thematisiert. Dieses historische Ereignis beendete die Epoche der römischen Republik und kündete die Ära der römischen Kaiserzeit an. 

In Rodersdorf kamen erstmals seit zehn Jahren wieder Überreste der römischen Villa im Dorfzentrum zum Vorschein. Möglicherweise handelt es sich bei den neu entdeckten Mauern und Räumen um einen Badetrakt oder ein separates Badegebäude. Die neuen Befunde zeigen jedenfalls, dass der herrschaftliche Teil des Gutshofes weiter hangaufwärts reichte als bisher angenommen.  

Auf dem Gebiet der Gemeinde Mümliswil-Ramiswil legte die Kantonsarchäologie 2018/2019 Teile einer Glashütte frei, die zwischen 1778 und 1852 im Hinteren Guldental in Betrieb war. Die aus historischen Quellen bekannte Glashütte der Familie Gressly ist damit erstmals auch archäologisch untersucht. Neben Resten der Glasproduktion förderte die Untersuchung auch Funde aus dem kaum bekannten Alltagsleben der Glaser zutage. 

Bei der Ausgrabung unter dem Stadttheater von Solothurn im Jahr 2013 kamen in einer Latrine knapp vierzig gut erhaltene Keramikgefässe zum Vorschein. Sie waren dort vor dem Bau des Stadttheaters 1729 entsorgt worden. Die gute Erhaltung und die sichere Datierung bot Anlass zu einer Einführung in die Keramikforschung der Neuzeit am Beispiel von Solothurn.  

Kurzberichte zu Fundmeldungen und aktuellen Untersuchungen sowie der Tätigkeitsbericht beschliessen den archäologischen Teil des Jahresberichts.  

 

Restauriert, dokumentiert, konserviert 

Im zweiten Teil des Hefts berichtet die Denkmalpflege über ihre breit gefächerte Tätigkeit. 

Anhand der Restaurierungen der Kapelle Steinhof in Aeschi und der Stadtkirche Olten zeigt sich eindrücklich, dass zurückhaltende Restaurierungsmethoden im Grossen wie im Kleinen zum Ziel führen. Bei der Restaurierung von beiden Sakralbauten stand die behutsame Reinigung und die Sicherung des Bestandes im Vordergrund. Darüber hinaus erhielt die Oltner Stadtkirche eine neugestaltete Chorausstattung und nahm in Teilbereichen neue Nutzungen auf – ein Anliegen, das bei Sakralbauten immer aktueller wird. 

Mit neuen Erkenntnissen zur Stadtgeschichte Solothurns kann die Bauforschung aufwarten: Eine während des Umbaus der Liegenschaft Friedhofplatz 1 vorgenommene Bauanalyse ergab nicht nur eine lückenlose Baugeschichte des Hauses. Sie lieferte auch den Beweis, dass die römische Castrumsmauer an dieser Stelle bis 1643/44 Bestand hatte, da sie sich in der Bausubstanz des Stadthauses quasi in der Negativform ablesen lässt. 

Zwei Beiträge thematisieren spezielle Restaurierungen. Eine eigene Denkmalkategorie bilden die Stadtbrunnen von Solothurn. Die farbig gefassten Figurenbrunnen setzen im Stadtbild wichtige Akzente, sie sind aber auch Wind, Wetter und Vandalismus ausgesetzt. Deshalb bedürfen sie stetiger Pflege. Bei der Restaurierung mussten die Figurenfassungen teilweise erneuert und Bestandteile ersetzt werden. Ganz anders im Fall der Indienne-Ausstattung des Alkovenzimmers im Sommerhaus Vigier, einer höchst selten gewordenen bedruckten Baumwollbespannung. Hier verbot sich jegliche Erneuerung. Die Restauratorin berichtet, warum das fragile Gewebe beschädigt ist, und sie schildert dessen Konservierung aus erster Hand. 

 

 

Dokumentation und Forschung sind Thema von zwei weiteren Beiträgen. Ein kurzer Artikel beschreibt und erklärt die Kachelformen eines Kachelofens in Metzerlen. Ein längerer Beitrag widmet sich den diversen Farbfassungen eines im Archiv eingelagerten Altars aus der ehemaligen Solothurner Klosterkirche St. Josef. Dieses zerlegte Retabel liefert uns heute noch wertvolle Hinweise zu seiner Entstehung, zu seiner Funktion und allgemein zum Kunsthandwerk im 18. Jahrhundert. Es wirft aber auch die Frage auf, wie mit nicht mehr genutzten Kulturobjekten zu verfahren ist. 

Das Heft schliesst mit Kurzberichten und dem Tätigkeitsbericht der Denkmalpflege.  


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