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Veras Gedanken im Dezember

DMZ – Veras Gedanken ¦ Vera Kaa ¦

 

Wintersonnenwende. 21. Dezember 2020

„Die Gedanken sind frei“. Dieses Lied kam mir in den Sinn, notabene das erste in meiner ersten Gitarrenstunde, dass ich damals lernte und gar nicht mochte, das kam mir plötzlich in den Sinn, als ich vom Singverbot hörte. So grad schön, nachdem ein paar Tage vorher für Ueli Maurer im Bundesrat Happy Birthday gesungen wurde, teils ohne Maske und Mindestabstand.

 

Es hat mich für Tage demoralisiert, denn Singen ist wirklich eines der verbindendsten Elemente im Zwischenmenschlichen.

Die Gedanken sind frei…. Ich gebe sie hier nicht alle wieder, denn eben, sie sind frei, aber es waren unschöne, wütende dabei….

Wut vor allem, weil wieder mal die Kommunikation des BAG einfach zu trocken, zu wenig informierend war…. Und das ist wieder mal das Kernproblem. Die Information warum genau jetzt Singen verboten ist. Ja, die Äerosole, die in der Verbreitung des Virus eine wichtige Rolle spielen, das hab ich mit einem befreundeten Biologen besprochen, die einfach viel viel stärker und mehr rumschwirren, wenn man singt. Der Abstand muss dann noch grösser sein. Aber wenn das so ist, ja dann halt einfach mit mehr Abstand. Das würden wir doch verstehn. Das ist halt auch das Problem in meinen Augen…. Man muss etwas verstehn können, um es umzusetzen, dann fällt das auch leichter, obwohl es schwer ist. So einfach…. Ich laufe durch die Bahnhofstrasse und vermisse sogar die Heilsarmeegesänge, mit deren Inhalt ich jetzt nicht immer grad so viel anfangen kann… aber es gehört für mich in die Weihnachtszeit…. Ich hätte nie gedacht, dass Singen jemals hochgefährlich sein könnte.

 

Ich durfte ja in meinem Leben immer viel Freude mit Gesang verbreiten. Es verlangt jetzt einfach sehr viel ab, all die Dinge, die man nicht mehr tun soll. Und dann lese ich den dringenden Appell der Ärzte, des am Rand stehenden Pflegepersonals, bitte alles einzuschränken, was irgendwie geht. Ich lese Posts von mit Covid betroffenen Personen und denke mir: Irgendwie müssen wir jetzt da durch, das Miteinander in diesem Durcheinander ist wichtiger denn je.

 

Aber es scheint mir auch wichtig, auch mal Wut und Frust zuzulassen, denn wir können uns nicht immer damit trösten, dass es andern schlechter geht und wir froh sein können, dass es uns besser geht… Ich hab da eh Mühe damit, weil mir sehr wohl bewusst ist, dass wir in einem der priviligiertesten Ländern der Welt leben.

 

Und genau deshalb finde ich auch, dass wir uns einen sauberen klaren Lockdown, mit vollen Lohnentschädigungen einfach leisten müssen, damit die in den Spitälern, die ihre Gesundheit für uns einsetzen, nicht über den Rand kommen. Und die andern, die durch verschiedene Massnahmen unverschuldet finanziell am Rand stehen, auch nicht in den Abgrund geworfen werden.

Da, muss jetzt auch klar Seitens unserer Politik, die versprochene Hilfe umgesetzt werden. Denn wenn das funktioniert, können wir unserer Regierung vertrauen. Diese Krise ist eine Bewährungsprobe der tiefsten Menschlichkeit, die wir jetzt zusammentragen müssen… weltweit… Mein grösster Wunsch vor diesen kommenden schwierigen Wochen, Monate, die noch vor uns liegen, ist: Mitgefühl, Verständnis, Liebe und Sorge füreinander zu tragen, denn für mich gehören sie zu den aller – allerwichtigsten Empfindungen, die wir in uns haben, um auch die eigene innere Dunkelheit zu überwinden. Manche werden sagen, dass das viel zu naiv und sentimental ist, ich komme aber mehr denn je, nach neun Monaten mit diesem Virus zur tiefen Überzeugung, dass es nur so irgendwie geht. Denn der Individualismus, der zur Zeit unsere Gesellschaft prägt, wird durch diese Virus durcheinandergewirbelt, und ein neues Gemeinschaftsgefühl wird in vielen von uns mehr und mehr kultiviert. Und das gibt Hoffnung… Wintersonnenwende.

 

Vera Kaa, eine der vielseitigsten Sängerinnen der Schweiz, geboren in Luzern, seit 40 Jahren auf den Bühnen dieses Landes unterwegs...


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