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Kategorien der Jugendlichen?

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦

Patricia Jungo ¦

#mittellaendische ¦

 

Vom „Jugendlichen“ schlechthin zu sprechen, erweist sich als genauso absurd, wie Jugendliche in Kategorien einteilen zu wollen. Persönlichkeiten, Lebensbedingungen, Ängste, Ziele und Wünsche sind sehr unterschiedlich. Dennoch wagen Studien (z.B. die Sinus-Studie) immer wieder, ein ungefähres Bild unserer Jugend zu zeichnen. Der Begriff „Druck“ erscheint in jeder dieser Studien. Ansonsten lässt sich kein einheitliches Bild erkennen. Die Beschreibungen reichen von lahm, konsumorientiert, bequem, untreu hin über politisch interessiert, ökologisch korrekt und empathisch, bestrebt den Partner fürs Leben und einen guten Job zu finden. Ja, es gibt sie alle, diese beschriebenen Jugendlichen; Gott sei Dank. Was Jugendliche beschäftigt, ist abhängig von der Gesellschaft, aber auch von Herkunft und Elternhaus. So sind die Ergebnisse der Studien immer interessant, aber selten repräsentativ. Die Sinus-Studie (2018) beispielsweise zeigte dank einer speziellen Methodik (die Jugendlichen konnten ihre Antworten schreiben oder auch malen) verschiedene Lebenswelten auf. Einen Blick darauf zu werfen, ohne jeglichen Anspruch auf Verallgemeinerung, kann durchaus spannend sein:

 

  • Die Prekären: Sie fühlen sich ganz unten auf der Leiter, wollen sich aber diesem Schicksal nicht so ohne weiteres ergeben. Sie versuchen sich aus ihrer Lage zu befreien und Perspektiven zu schaffen. Sie haben „Durchbeissermentailität.“
  • Die materialistischen Hedonisten: Sie mögen Konsum, aber Autoritäten oder Kontrolle weniger, sie wollen Freiheit und vor allem „chillen“.
  • Die experimentalistischen Hedonisten: Sie sind der zuvor genannten Gruppe ähnlich. Auch sie wollen das Leben geniessen, sind aber weniger konsumorientiert. Sie wollen einfach selber entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten.
  • Die Adaptiv-Pragmatischen: Sie sind pragmatisch und planen. Sie wollen Wohlstand und arbeiten dafür. Wer nicht so viel leistet wie sie, wird „missachtet“.
  • Die Konservativ-Bürgerlichen und die Expeditiven: Sie sind auch sehr leistungsorientiert, wollen aber anders sein als die Masse. Die Welt der Erwachsenen interessiert sie mehr als jene der Jugendlichen.
  • Die Sozialökologischen: Konsum ist für sie unwichtig. Sie wollen verändern, bewegen, gegen Materialismus vorgehen und andere mit ins Boot holen. Sie wissen, dass Geld allein nicht glücklich macht.

 

Trotz der erheblichen Unterschiede zwischen diesen Lebenswelten gab es natürlich auch etliche Berührungspunkte. Bei allen Befragten war „Druck“ durch die hohen Leistungsanforderungen, die unsicheren Berufsaussichten und den Anspruch, rasch erwachsen zu werden, ein Kernthema. Des Weiteren gab es Gemeinsamkeiten bei den Wünschen nach Sicherheit, Familie und Freunden. Auffällig war bei vielen Jugendlichen der Mangel an Solidarisierung (z.B. Abneigung gegen sozial „tiefer gestellte“ Jugendliche und solche mit ausländischen Wurzeln). Es ist anzunehmen, dass diese vor allem auf der grossen Angst vor Armut und Versagen (in den Augen anderer) basiert. Die Welt der Jugendlichen ist zum Glück nach wie vor bunt, das macht ihren wahren Reichtum aus. Ihre gemeinsame Botschaft muss von uns Erwachsenen nicht nur wahrgenommen, sondern auch wirklich gehört werden; zumindest sollte er unsere Gesellschaft doch etwas unter „Druck“ setzen...