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"Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie"

DMZ - SOZIALES / GESELLSCHAFT ¦ Daniel Birkhofer ¦
KOMMENTAR

 

"Alle am Limit - Schneller, höher, weiter; mehr, mehr, mehr: Wir stossen an unsere Grenzen – und fühlen uns permanent überfordert. Warum?"

 

 ... Erledigungslähmung = «errand paralysis», unaufhaltsam wachsende To-do-Liste, Stress durch Multitasking... Millennial-Burn-out, «Hikikomori» (vor allem junge Menschen verlassen während Jahren ihr Haus nicht mehr...); diese aufzählende "Pathologisierungs-Liste" (Stressoren, Stressorkombinationen, Risiken) liesse sich beliebig und problemlos erweitern...

Wo sind aber die "Gegengewichte" (Ressourcen, Möglichkeiten, Chancen) zu dieser stressdurchzogenen (sowohl durch selbst- wie auch fremdauferlegten "Treiber" bedingten) Lebenswelt "geblieben"?

 

Nietzsche würde es so sagen: "Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie"

Und genau da liegt der Teufel im Detail begraben: Viele Menschen sind durchtrieben von maschinen- und digitalen "Taktgebern" (mehr dazu bei Habermas in seinem Werk: "Im Sog der Technokratie", 2013).

 

Unser mechanistisches Welt- und Menschenbild hat uns sehr subtil begonnen zu prägen, ohne dass wir realisiert haben, dass dadurch die Entfremdung von uns selbst und Anderen (und das als eigentlich sehr soziale Wesen von unserer menschlichen Wesensart her gesehen...) schleichend und stetig stattfindet... Eine erstaunliche Abhängigkeitsentwicklung - ohne, dass wir es lange Zeit überhaupt nicht bereit waren, auch so zu sehen (Wechsel der Perspektiven)

Immer unter dem Motto: "Technische Entwicklung ist ein reiner Segen für die Menschheit"...

Dieser "Segen" ist ausgeblieben, weil hinter all dem ein zentrales Element des Menschsein immer mehr abhanden gekommen zu sein scheint: Sinn und Sinn-Findung! Diejenige geistige Dimension eines jeden (!) menschlichen Wesens, die dazu führt, dass wir nicht in einen Zustand der Hilflosigkeit, der inneren Leere, des existenziellen Vakuums/Frustration fallen, sondern "angetrieben"/beseelt sind von einem Warum oder Wozu!

 

Viktor E. Frankl hat einmal sinngemäss dazu formuliert: Es ist nicht an mir, dem Leben Fragen zu stellen, sondern das Leben stellt mir - als menschliches Wesen - die Fragen... Dies geht aber nur, wenn man wieder vermehrt Verantwortung für sein einmaliges und endliches Leben bereit ist zu übernehmen. Diese Bereitschaft, das Leben in all seinen Facetten anzunehmen, reduziert die "Verführbarkeit" durch rein technische/digitale "Erleichterungs- und Sinnstifter"...

Der Hirnforscher Gerald Hüther ergänzt dazu treffend: die zwei fundamentalsten und auch ersten Lebens-Erfahrungen, wie wir alle (!) im Leben machen, sind die Erfahrungen der Verbundenheit/Bindung (Nabelschnur) und Entwicklung (Zeugung, fötale und embryonale Entwicklung bis zum "vollständigen" WUNDER des menschlichen Geburtswesens...) und genau diese beiden Grunderfahrungen und daraus abgeleiteten "Grundbedürfnisse" der Verbundenheit und Entwicklung als menschliche (und NICHT technische Quantifizierungswesen) Wesen werden uns systematisch "genommen", wenn wir das einfach so unbedacht hinnehmen... Unser zur Plastizität verdammtes Gehirn würde aber sehr viel mehr an qualitativ anderen neuronalen Verknüpfungs- und Verbindungsmöglichkeiten zulassen, als "nur" das "Bedienen" und "Bewirtschaften" unserer hirneigenen Abhängigkeits-, Sucht- und Schmerzsysteme...

"Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie" (Nietzsche") oder "Der Sinn des Lebens ist nicht ein primär suchender, sondern ein findender..." (Frankl) - und damit die Übernahme von bewusstem Verantwortlichsein in seinem eigene Verantwortlich-Sein. Das wäre dann die persönliche Freiheit eines als sich selber menschliches Wesen erachtendes Wesen in Selbst-Würde- und Selbst-Respekt-Haltung!


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