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Resultate von Patientenversuchen bleiben oft im Verborgenen

DMZ – WISSENSCHAFT/GESUNDHEIT ¦ Patricia Jungo ¦

 

In unserem Lande kommt es für Resultate aus der Forschung am Menschen noch zu selten zur entsprechenden Veröffentlichung. Das Problem ist auch weltweit eine Realität. Es werden beispielsweise Therapieverfahren in klinischen Versuchen an Patienten wissenschaftlich geprüft. Solche Versuche unterliegen stets einer strengen Regulierung sowie einer Bewilligung von der Ethikkomission und Swissmedic.

 

Zurzeit haben jedoch Patienten, Fachleute und die Öffentlichkeit meist keinen Zugang zu den entsprechenden Resultaten. Als Beispiel kann man sich Tests von zwei verschiedenen Krebstherapien an Patienten vorstellen mit dem Ziel, der effektiveren davon auf die Spur zu kommen. In der Praxis finden bereits beide Therapien Anwendung, dies ohne Klarheit und Einigung darüber, welche besser ist. Daher wollen Ärzte und Wissenschaftler eines Universitätsspitals vom Bund die Bewilligung für einen klinischen Versuch an Patienten. Dabei stellt sich heraus, dass die zweite Therapie weniger erfolgreich ist als die erste, was bedeutet, dass bei Zweifeln seitens der Ärzte die ältere Therapie angewendet werden sollte.

 

Bedauerlicherweise werden die Ärzte darüber jedoch nicht in Kenntnis gesetzt, weil die Studie nämlich in der Schublade endet. Das Ergebnis ist nicht spektakulär genug, um in irgendeinem Fachmagazin veröffentlicht zu werden. So geht es vielen klinischen Versuchen, welche in der Schweiz durchgeführt werden. Es besteht auch keine Vorschrift für die Veröffentlichung der Resultate. Wollen Wissenschaftler klinische Versuche durchführen, müssen sie die Bewilligung der kantonalen Ethikkommission einholen. Sollten auch nicht zugelassene Arzneimittel im Spiel sein, braucht es auch die Bewilligung von Swissmedic. Weiter muss jeder klinische Versuch zwingend eine Registrierung auf dem öffentlichen Studienportal SNCTP (Swiss National Clinical Trials Portal) haben.

 

Nach Abschluss des Versuches genügt ein Bericht über die Resultate an die Ethikkommission und Swissmedic. Der Öffentlichkeit werden diese vorenthalten, was ethisch nicht korrekt ist. Laut der Deklaration von Helsinki, dem vom Weltärztebund entwickelten Ehrenkodex für medizinische Forschung am Menschen, unterliegen Forschende der Pflicht, die Resultate ihrer Forschung am Menschen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die aktuelle Situation ist für niemanden zufriedenstellend. Susanne Driessen, Präsidentin des Dachverbandes Swissethics und der Ethikkommission Ostschweiz bezeichnet Transparenz als ein Gesetz der Wissenschaft. Sie sagt, es sei absolut unerlässlich, die Ergebnisse öffentlich zu machen.

 

Dies sei vor allem bei negativen Resultaten wichtig, um zu vermeiden, dass die gleiche Studie nochmals durchgeführt werde. Entsprechende öffentliche Register würden auf der ganzen Welt existieren. Weil Universitäten und Spitäler diese nicht ausfüllten, werde das Wissen zurückgehalten. Es sei Zeit für eine Änderung. Ab Mai 2020 gilt eine neue Verordnung der EU über Medizinprodukte, welche auch fordert, dass die Resultate klinischer Versuche auf der EU-Datenbank öffentlich werden. Die Schweiz will es gleich tun und dies in die neue Medizinprodukte-Regulierung aufnehmen, die 2020 in Kraft treten soll. Das allein ist jedoch noch keine Garantie, dass dies dann auch Wirkung zeigt. Ein entsprechendes Gesetz in den USA gilt seit 2018. Tatsache ist leider, dass die Institutionen ihre Resultate weiterhin nicht gewissenhaft eintragen und für Schlampereien auch keine Sanktionen erhalten. Gemäss Ermittlungen des Wissenschaftsmagazins Science wurden bei fast einem Drittel der registrierten Studien die Resultate nicht eingereicht.

Damit sich etwas ändert, muss es laut Christiane Pauli-Magnus, Präsidentin der Swiss Clinical Trial Organisation einen Nachtteil geben, wenn Studienleiter die Resultate nicht rapportieren und so verhindern, dass alle von den neuen Erkenntnissen profitieren können. Dies ist beispielsweise jetzt bereits der Fall bei den renommiertesten Wissenschaftsmagazinen. Sind die Studien nicht öffentlich registriert, werden sie nicht publiziert. Auch der Schweizerische Nationalfonds unterstützt ausschliesslich Projekte, deren Daten öffentlich gemacht werden. Will die Wissenschaft ihre volle Wirkung entfalten, lohnt sich der Mehraufwand, der für die Wissenschaftlicher entsteht, in jedem Fall.

 

 

 

Quelle: higgs.ch


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