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Schweizer Film ›Jagdzeit‹ startet im Kino

Filmwerbung zum Schweizer Film von Sabine Boss  Bildquelle: Stiftung Pro Mente Sana
Filmwerbung zum Schweizer Film von Sabine Boss Bildquelle: Stiftung Pro Mente Sana

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Marco Perroulaz ¦

 

Die Schweizer Erfolgs-Regisseurin Sabine Boss präsentiert ab Donnerstag ihren neuesten Wurf ›Jagdzeit‹ in den Schweizer Kinos. Das Film-Drama thematisiert eine raue Seite der Schweizer Wirtschaft: hoher Leistungsdruck, Rivalitäten und psychische Krisen als Konsequenz. Der Film ist inspiriert von wahren Begebenheiten und greift ein nach wie vor aktuelles Tabuthema unserer Gesellschaft auf: Suizid.

 

›Jagdzeit‹ erzählt, wie sich Alexander Maier (Stefan Kurt), der perfektionistische Finanzchef der sein ganzes Leben der Arbeit unterordnet, in einem ausweglosen Machtkampf in der Chefetage des Schweizer Automobilzuliefer-Konzerns Walser verstrickt.

Maier hofft noch immer, dass seine Ex-Frau und sein Sohn zu ihm zurückkehren – doch dann platzt der neue CEO Hans-Werner Brockmann (Ulrich Tukur) in sein Leben. Der hartgesottene Topmanager soll die Firma umstrukturieren. Die beiden schmieden energisch einen Plan, um den Betrieb in die Zukunft zu retten. Doch bald manifestiert sich die unterschiedliche Firmenphilosophie der beiden und ihre Partnerschaft schlägt um in einen erbitterten Kampf. Als ein Deal mit einem Grossinvestor platzt und der geplante Börsengang gestoppt wird, gibt Brockmann Maier die Schuld für das Scheitern.

 

Als der realisiert, dass er alles verloren hat - seinen Ruf, seine Frau und seinen Sohn - sieht er in seiner Leere nur noch eine Möglichkeit, um sich an seinem Rivalen zu rächen...

Die im Film beschriebene Geschichte ist zwar fiktiv, aber dennoch sehr nah an der Realität. In den letzten Jahren haben Suizide von Männern in höchsten Positionen der Schweizer Wirtschaft immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Adrian Kohler, Chef der Ricola AG, Carsten Schloter, Ex-CEO der Swisscom, Pierre Wauthier, Finanzchef der Zurich, Martin Senn, Ex-CEO der Zurich sind nur einige der bekanntesten Exponenten der Schweizer Wirtschaft, die durch Suizid aus dem Leben geschieden sind.

 

Doch Suizid ist nicht nur ein Phänomen auf der höchsten Führungsetage, sondern kommt in allen Bildungs-, Berufs- und Altersschichten vor. Eine belastende Situation am Arbeitsplatz ist oft nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Oftmals ist es das Zusammenspiel verschiedener Faktoren sowohl im Privat- als auch im Berufsleben, das Menschen in den Suizid treibt.

Regisseurin Sabine Boss sagt im Interview für ›Magazin KONTEXT#3‹ (mentalhelpclub.ch)

»Suizid betrifft ja nicht nur Menschen aus dem Topmanagement; generell in Arbeitsfeldern, wo die Menschen konstant unter hohem Druck stehen, ist die Rate hoch. Die Suizidrate ist aber auch bei Menschen hoch, deren Leistung nicht mehr gefragt ist, also bei Arbeitslosen. Beides ist also nicht gesund für die menschliche Psyche: zu viel Druck und zu wenig Druck.«

Psychische Gesundheit und stressbedingte Folgeerkrankungen wie Burn-out und Depressionen, sind aktuelle Herausforderungen in der Arbeitswelt.

Im Jahr 2017 haben 1047 Menschen in der Schweiz Suizid begangen. Suizid ist die Ursache bei 16 von 1000 Todesfällen.

 

Die Erfahrung zeigt, dass Menschen mit Suizidabsichten sich oft wünschen, offen und in einem vertrauensvollen Rahmen darüber reden zu können. Statt dessen scheuen sie sich, offen über ihre Gedanken zu reden, aus Angst, andere zu belasten und weil sie restriktive Massnahmen (z.B. fürsorgerische Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik) befürchten.

Doch auch nahestehende Personen scheuen sich, das Thema Suizid anzusprechen, weil sie glauben, das könnte die Betroffenen erst recht dazu verleiten, sich das Leben zu nehmen. Oder sie wissen schlicht und einfach nicht, wie sie ihre Befürchtungen zur Sprache bringen können. Dabei wäre es besonders wichtig – wenn auch nicht einfach – die Frage nach Suizidgedanken direkt zu stellen.

 

Die 1978 gegründete Schweizerische Stiftung Pro Mente Sana (promentesana.ch) bietet seit vielen Jahren erfolgreiche Bildungsarbeit zum Thema Psychische Gesundheit in Unternehmen an. Nun wurde ein neues Angebot für Erste-Hilfe-Gespräche über Suizid entwickelt.

Der ensa-Kurs ›Erste-Hilfe-Gespräche über Suizid‹ wird ab April 2020 angeboten. Er informiert und stärkt Angehörige, Freund*innen und Arbeitskolleg*innen anhand von praktischen Beispielen und Rollenspielen im Umgang mit dem Thema Suizid.

 

Das Programm ›ensa – Erste Hilfe für psychische Gesundheit‹ (ensa.swiss/de/) ist ein in der Praxis bewährtes Angebot, an dem bereits über tausend Personen teilgenommen haben, darunter auch viele Führungskräfte und Arbeitnehmer*innen.

 

Sabine Boss wurde 1966 in Aarau geboren und ist Regisseurin für Film und Theater sowie Studienleiterin Film an der Zürcher Hochschule der Künste.

Bei ›Der Goalie bin ig‹, ›Ernstfall in Havanna‹ sowie für die Tatort-Folge ›Freitod‹ führte sie Regie. Für den Kinofilm ›Der Goalie bin ig‹ erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, unter anderen den Schweizer Filmpreis, den Swiss Award im Bereich Kultur und den Prix Walo. Ihr neuster Film ›Jagdzeit‹ läuft ab 20. Februar 2020 in den Schweizer Kinos. Sabine Boss lebt und arbeitet in Zürich.


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