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Unterstützt der Bund die Agrarmafia?

Zurzeit erhält das Seco viel Post aus verschiedenen Ländern - auch aus Nepal.  •   Bildquelle: Fastenopfer
Zurzeit erhält das Seco viel Post aus verschiedenen Ländern - auch aus Nepal.  •   Bildquelle: Fastenopfer

DMZ - GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Marco Perroulaz ¦

KOMMENTAR

 

»Es ist für uns unverständlich, warum die Schweiz Länder auf der ganzen Welt auffordert, ihre Gesetze zu 

ändern, um somit die Rechte der Bäuerinnen und Bauern einzuschränken«, so steht es in den Briefen, die gegenwärtig aus Malaysia und zudem aus eigener Betroffenheit von über tausend solidarischen Menschen aus Afrika, Lateinamerika, der Schweiz sowie weiteren asiatischen Ländern das Seco erreichen.

 

Der Hintergrund der Geschichte handelt von einem Freihandelsabkommen mit Malaysia, das die Schweiz derzeit verhandelt. Tritt es in Kraft, verlieren malaysische Bäuerinnen und Bauern die Kontrolle über ihr Saatgut an die Agrarkonzerne. Das bedroht ihre Lebensgrundlage. Fastenopfer, Brot für alle und Partner sein unterstützen deshalb ihre Protestaktion, die mittlerweile vier Kontinente umfasst. Offenbar verlangt die Schweiz in Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Entwicklungsländern immer wieder die Einführung strenger Sortenschutzgesetze. Etwa 2018 im Abkommen mit Indonesien oder aktuell in den Verhandlungen mit Malaysia. Die Länder sollen sich nach dem sogenannten ›UPOV 91‹ richten, dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen. Es fragt sich allerdings zu wessen Gunsten. Unterstützt der Bund die Agrarmafia? Und wenn ja, mit welcher Motivation - wer hat eigentlich das Sagen im Lande?

 

»Wir leben von der Landwirtschaft«, berichtet Borhan Omar, Gemeinderatsmitglied des Dorfes Sungai Rusa in Malaysia. Seit Generationen züchten die Bauernfamilien seiner Gemeinde ihr eigenes Saatgut. Sie vermehren, tauschen und verkaufen es. Genau das will aber ein neues Gesetz verbieten. »Wenn wir nicht mehr eigenes Saatgut produzieren dürfen, bestimmen die Saatgutfirmen den Preis. Das Gesetz verhindert zudem, dass wir den kommenden Generationen unser traditionelles Wissen weitergeben können«, sorgt sich Borhan Omar.

 

Im geplanten Freihandelsabkommen fordert die Schweiz, dass Malaysia ein strenges Sortenschutzgesetz auf Saatgut einführt (gemäss UPOV 91-Abkommen). Sortenschutz - eine Art Patentschutz auf Saatgut - garantiert Züchterinnen und Züchtern Monopolrechte. Davon profitieren vor allem Agrarkonzerne, während Bäuerinnen und Bauern Saatgut nicht mehr frei tauschen und verkaufen dürfen. In Zukunft würden sie es jedes Jahr teuer von Saatgutfirmen kaufen müssen. Das Angebot der internationalen Konzerne ist zudem auf einige wenige Sorten beschränkt und meist nicht an lokale Gegebenheiten angepasst. Damit sie wachsen und reiche Früchte tragen, brauchen sie viel Dünger und Pestizide - natürlich von den gleichen Konzernen. Für die Agrarindustrie ist das ein saftiges Geschäft, die Auswirkungen auf Umwelt und Biodiversität hingegen sind verheerend.

 

Für Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein ist das inakzeptabel. Dort sagt man unisono »Das von der Schweiz geforderte Sortenschutzgesetz führt dazu, dass die Menschen das Recht an ihrem eigenen Saatgut verlieren. Das widerspricht der UN-Deklaration für die Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen, welche 2018 von der Schweiz mitunterzeichnet wurde.« Heute kontrollieren drei Konzerne weltweit über die Hälfte des kommerziell gehandelten Saatgutes, darunter Syngenta mit Sitz in der Schweiz. Damit entscheiden wenige Unternehmen, was angepflanzt wird und auf den Tisch kommt. Die Folgen davon zeigen sich bereits auch in Ländern, in denen Fastenopfer und Brot für alle tätig sind. »Viele Partnerorganisationen aus Ländern, in denen das Sortenschutzgesetz bereits in Kraft ist, beklagen massive Einschränkungen für die Bäuerinnen und Bauern. Und dort, wo es noch nicht umgesetzt wurde, schwebt es wie ein Damoklesschwert über ihnen«, sagt Claudia Fuhrer, bei Fastenopfer zuständig für Recht auf Nahrung. Damit es in Malaysia nicht soweit kommt, haben Borhan Omar und rund neunzig malaysische Bäuerinnen und Bauern Briefe ans Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) geschickt, welches die Verhandlungen für die Schweiz führt. Sie wollen, dass die Forderung nach einem Sortenschutzgesetz gemäss ›UPOV 91‹ aus dem Freihandelsabkommen herausgenommen wird. Die Aktion wird aus vielen Ländern und in der Schweiz von zahlreichen Pfarreien und Kirchgemeinden mitgetragen.

 

 

Quelle: Fastenopfer


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