Sterne, Pfeffermühlen, Weltmeistertitel, Hauben, Punkte, Löffel, Diamanten... - alles nur Augenwischerei

 

DMZ - KULTUR ¦

#mittellaendische ¦

 

Um das alljährliche Erscheinen der Restaurantführer und um Titel wird viel Aufhebens gemacht - wieso eigentlich? Keine andere Branche übertreibt es so, wie die der Küchenmeisterinnen und Küchenmeister. Vorauszuschicken ist, dass es in erster Linie Geschmacksache ist, wie gekocht wird. Experten sind wie meistens vor allem dazu da, etwas zu steuern, zu manipulieren und letztlich um Geld zu machen in dieser Branche. Es funktioniert. Es wird sehr viel Geld verdient, mit Auszeichnungen, die von Menschen erdacht wurden und deshalb auch nur soviel Wert haben, wie es vermeintlich für die Erfinder dieser Auszeichnungen uns weiss machen wollen.

Dauernd kommen Restaurantführer auf den Markt oder werden Köche geadelt- und wie immer wird darum ein grosses Tamtam veranstaltet. Wenn man nur wüsste, wofür?

Zum einen wird jedes Jahr darüber spekuliert, welche Köche denn nun besser oder schlechter sind als zuvor. Die Redaktionen der Führer machen daraus ein Staatsgeheimnis, arbeiten mit Sperrfristen und sogar das Erscheinungsdatum des Führers wird teilweise bis zum bitteren Ende geheim halten, damit ja nichts durchsickern kann. Dabei sind die selbst ernannten Fress-Päpste nicht weniger fehlbar und menschlich, als unsereins. Spätestens seitdem bekannt wurde, dass der belgische "Michelin" das "Ostend Queen" gelobt hatte, ein Lokal, das es bei Erscheinen des Führers noch gar nicht gab, steht fest, dass auch in dieser Disziplin das Geld das Sagen hat.

Wer die einzelnen Restaurantführer unter die Lupe nimmt, entdeckt, dass sie zum Teil das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden: Da werden Lokale empfohlen, in denen seit Jahren kein Tester mehr gewesen sein kann, und oft stehen Köche auf einer Stufe, die nicht auf eine Stufe gehören, nur weil die Tester keine Ahnung haben oder ihre Lieblinge loben, ihre Feinde aber schassen. Während sich die grossen Führer noch immer fürchten und feiern lassen, hat sich im Internet eine alternative Kultur der Restaurantkritik etabliert. Natürlich auch nicht immer zuverlässig. Aber welcher Führer, ob gedruckt oder im Netz, taugt überhaupt noch; vor allem: für wen?

 

Auffallend ist, dass letztlich fast jeder Koch irgendwo oder in einer Sparte eine Auszeichnung ergattert hat. Die Türen sind gepflastert mit diesen Scheinauszeichnungen. Alleine diese Tatsache lässt schmunzeln. Also sind all diese Auszeichnungen nur Schall und Rauch und von der Branche erfunden, um den Markt am laufen zu halten. Meistens werden mit diesen Auszeichnungen, die keine Relevanz haben, auch nur "Enttäuschungsmarken". Denn wer wurde nicht auch schon arg enttäuscht, der in ein vermeintliches Top-Restaurant ging?

Auszeichnungen und Titel vergessen und streichen - selber ein Bild machen, die einzige wahre Referenz! Woher die anmassende Arroganz kommt, dass sich manch ein Koch als Künstler sieht, in einer Profession, die sich in keinsterweise von anderen Handwerken und Dienstleistungen abhebt, bleibt ein Rätsel. Diese Behauptung stammt von der Kochgilde selbst. Sich selber als Künstler zu bezeichnen ist und war schon immer etwas, was nicht tragbar ist. Was Kunst ist, entscheidet letztlich der Betrachter, das Publikum und in diesem Fall die Gäste. Natürlich kann ein Teller kunstvoll hergerichtet sein, einem Gemälde gleich. Aber ist das Kochen als solches deswegen Kunst? Kaum!

Eine Kunst kann allerdings sein, mit Wenigem, was der Vorrats- und Kühlschrank hergibt, ein leckeres Mal zuzubereiten, wie die täglich Millionen von Hausfrauen und tausenden Hausmännern gelingt.

 

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