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Social Distancing – wenn ein Zuhause fehlt

DMZ – SOZIALES ¦ Patricia Jungo ¦

 

Menschen ohne Zuhause und Jugendliche ohne Halt leiden ganz besonders unter dem Social Distancing. In Freiburg kümmern sich die Organisationen La Tuile, Banc Public und Reper um diese verletzlichen Menschen. Zum guten Glück ist das Tageszentrum Banc Public im Schönberg trotz der Coronavirus-Pandemie noch offen. Menschen ohne Geld, ohne Dach über dem Kopf, ohne soziales Netz bekommen dort für fünf Franken ein Mittagessen.

 

Die eher schlechte Nachricht ist, dass dies nur noch für die Nutzerinnen und Nutzer der Notschlafstelle La Tuile in Marly möglich ist. Anstelle der 90 Personen, welche sonst jeden Tag von den Dienstleistungen von Banc Public wie Mahlzeiten, Dusch- und Waschgelegenheiten, Coiffeurdiensten, der Gesundheitsberatung und Computern profitieren dürfen, können jetzt nur noch zehn Personen aufgenommen werden. Wie Direktorin Anne-Marie Schmid auf Anfrage berichtet, musste im Esssaal die Anzahl Plätze zum Schutze aller Beteiligten reduziert werden. Nur so sei es möglich, den erforderlichen Abstand zwischen den Menschen einzuhalten. Neu gehörten auch Hygieneregeln wie Händewaschen und Temperaturmessen im Banc Public dazu. Es gestalte sich als kompliziert unter den aktuellen Bedingungen einen ganzen Tag unter einem Dach zu verbringen. Man gebe sich alle Mühe, für Ablenkung zu sorgen und Zeit im Garten zu verbringen. Anne-Marie Schmid weiss nicht, wie es um die 80 Personen steht, die keinen Zugang mehr zu Banc Public haben. Sie sagt, die Stadt werde in irgendeiner Form mit diesen Menschen den Kontakt herstellen. Dies bestätigt auch die Sozialvorsteherin Antoinette de Weck und erklärt, man stehe am Beginn der Überlegungen und sei froh, dass mit der Notschlafstelle La Tuile bereits für die Obdachlosen gesorgt werde.

 

Es sei das Ziel nun, an die anderen hilfsbedürftigen Menschen zu gelangen, was ohne deren Koordinaten nicht ganz einfach sei. Reper macht sich für das Wohlbefinden von Jugendlichen und ihre Integration in die Gesellschaft stark. Philippe Cotting, Direktor von Reper, zieht in Erwägung, dem Beispiel aus dem Kanton Waadt zu folgen und eine Telefonnummer einzurichten für Menschen, die in der aktuellen Situation ohne Anlaufstelle sind oder auch für Familien, die sich isoliert fühlen und Hilfe brauchen. Die Sozialarbeiterinnen und Strassenarbeiter von Reper geben ihr Bestes, um den Kontakt mit ihren Jugendlichen auch in Zeiten von Corona aufrecht zu erhalten; dies obschon die Animationszentren im Schönberg, im Juraquartier und in der Unterstadt nicht mehr offen sind. Philippe Cotting berichtet, dass von den meisten die Telefonnummern vorliegen würden und bei den Animationszentren die Kontaktdaten der Mitarbeiter von Reper zu finden seien. Die Mitarbeiter seien jeden Tag in den Quartieren unterwegs, um zu sehen, ob Jugendliche Hilfe brauchen. Die Einsamkeit sei nun für viele langsam ein Problem, weil ja Treffen in grösseren Gruppen nicht mehr erlaubt seien. Der Direktor von Reper betont, dass natürlich die Gesundheit geschützt werden müsse, aber auch die seelische Gesundheit nicht ausgeklammert werden dürfe. Aus diesem Grund finde auch der Unterricht für die Jugendlichen, die in der beruflichen Vorbildung Prefo (Brücke zwischen Schule und Arbeitswelt) unterwegs seien, trotz Corona statt.

 

Dabei werden die 40 französisch- und 14 deutschsprachigen Schüler des Reper-Angebots via Videokonferenz oder auf anderen digitalen Wegen unterrichtet. Laut Eric Mullener, Direktor von La Tuile in Freiburg, ist die Situation in der Notschlafstelle momentan noch unter Kontrolle. Allerdings werden statt wie bis anhin bis zu 30 Obdachlose nur noch 12 aufgenommen. Für die anderen Menschen wird eine Lösung in den Studios von La Tuile gesucht oder ein Hotelzimmer gemietet. Zurzeit gibt es nur wenige, die keinen Platz in der Notschlafstelle finden. Grundsätzlich kommen weniger Obdachlose zur Notschlafstelle und aus anderen Kantonen fast gar keine. Eric Mullener sagt, dies vereinfache natürlich die Einhaltung der sozialen Distanz. La Tuile führt seit dem 16. März eine Abteilung für Obdachlose mit Covid-19 ohne schwere Symptome.

 

 

 

Quelle: Freiburger Nachrichten


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