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Studie zum Cannabis-Markt Schweiz

DMZ - WISSENSCHAFT & FORSCHUNG ¦ Marco Perroulaz ¦

KOMMENTAR

 

Der Cannabis-Markt ist der grösste, aber nicht der umsatzstärkste von allen Betäubungsmitteln und bleibt diesbezüglich hinter dem von Kokain. Der konsumierte Cannabis stammt aus unterschiedlichen Quellen und wird zu einem grossen Teil importiert. Der einheimische Kleinanbau spielt trotzdem eine nicht zu unterschätzende Rolle.

 

Auf dem Markt finden sich neu auch Mischungen von illegalem und legalem (CBD) Cannabis. Mehr als die Hälfte des konsumierten Cannabis geht auf stark Konsumierende zurück, die weniger als zehn Prozent der Benutzerinnen und Benutzer ausmachen. So die Fakten aus der aktuellen Studie, welche ein interdisziplinäres Team von Forschenden von Sucht Schweiz, dem Institut für Kriminologie der Universität Lausanne und Unisanté auf dem Betäubungsmittelmarkt des Waadtlandes eruiert hat.

 

Demnach setzt der Cannabis-Markt hierzuland ein Volumen um, das vier bis sieben Mal grösser ist als bei allen anderen Betäubungsmitteln zusammen. Für den Kanton Waadt wird geschätzt, dass jährlich 3,5 bis 5,1 Tonnen Cannabis konsumiert werden, was mehr als

50 000 Joints pro Tag entspricht. Landesweit dürften dies zwischen 40 und 60 Tonnen Cannabis sein. Also weniger als die bisweilen genannten 100 Tonnen.

[Anm.] Interessant ist, dass die Studie sogleich in Joints umrechnet und dabei die weiteren guten Eigenschaften von Cannabis völlig unterdrückt.

 

Der Jahresumsatz des Cannabis-Marktes erreicht im Kanton Waadt etwa 31,7 bis 46,3 Millionen Franken und generiert damit Erträge von 20 bis 30 Millionen Franken. Bezogen auf die Schweiz geht es um einen Umsatz von knapp einer halben Milliarde Franken. Damit liegen diese Zahlen zwar tiefer als bei Kokain, aber deutlich höher als bei Heroin, Ecstasy und Amphetaminen.

Bis Mitte der 1990er Jahre lag Cannabis hauptsächlich in Form von importiertem Harz (Haschisch) vor, das später von lokal angebautem Gras (Marihuana) mit teils hohem THC-Gehalt abgelöst wurde. Heute schlägt das Pendel gewissermassen zurück. Aufgrund der Datenlage ist anzunehmen, dass die Importe (Harz und Gras) heute volumenmässig der lokalen Produktion von Gras entsprechen und dass dem Harz mit rund einem Drittel Marktanteil wieder eine nicht zu unterschätzende Marktstellung zukommt. Dies insbesondere darum, weil es von stark Konsumierenden genutzt wird und der THC-Gehalt in beschlagnahmten Stichproben um durchschnittlich 28 Prozent angestiegen ist. Der lokale Kleinanbau von Gras (Eigenanbau) dürfte etwa einen Zehntel des Gesamtmarkts ausmachen.

 

Die Analyse von Beschlagnahmungen kleiner Mengen zeigt, dass auf dem Markt heute auch Mischungen von illegalem Cannabis mit viel THC und legalem CBD- Cannabis mit weniger als 1 Prozent THC angeboten werden. Ein Grund dafür sind bestimmt die sinkenden Preise auf dem legalen Cannabis-Markt.

Eine Besonderheit des Cannabis-Marktes ist die grosse Vielfalt der Akteure. Diese reichen vom Konsumenten, der ein paar Pflanzen für den Eigenkonsum anbaut, bis zu kriminellen national oder international tätigen Organisationen, die Cannabis zentnerweise produzieren oder importieren und ihre Vorräte auch mit Waffengewalt verteidigen. Dazwischen finden sich Kleinimporteure unterschiedlicher Art und Herkunft sowie auch Hanfbauern und Hobbygärtner. Den Marktanteil dieser unterschiedlichen Kategorien einzuschätzen, ist jedoch mit dem heutigen Wissensstand nicht möglich.

 

Der Kauf von Cannabis erfolgt oft im privaten Kreis oder bei Bekannten, die ebenfalls konsumieren und die allmählich in den Handel eingestiegen sind, weil sie direkten Zugang zu einer Nachschubquelle hatten. Wahrscheinlich spielt der Strassenverkauf eine eher untergeordnete, der Verkauf in öffentlichen Lokalen (Bars, Cafés) dafür aber eine grössere Rolle.

Es wird geschätzt, dass weniger als neun Prozent der Konsumierenden Cannabis intensiv, an mindestens zwanzig Tagen pro Monat, gebrauchen. Diese kleine Gruppe steht für die Hälfte des gesamten Cannabis-Konsums im Kanton Waadt. Dafür werden monatlich mehrere Hundert Franken pro Konsument ausgegeben. Doch spielt offenbar eine weitere Gruppe eine wichtige Rolle: (Ehemalige) Opioid-Konsumierende, die neben vielen anderen Substanzen auch Cannabis konsumieren. Obschon sie nur ein bis zwei Prozent der Konsumierenden ausmachen, dürften sie etwa zehn Prozent des Gesamtvolumens für sich beanspruchen.

 

Zum ersten Mal legen drei Forschungsinstitute in der Schweiz gemeinsam eine interdisziplinäre Studie zu einem lokalen Betäubungsmittelmarkt vor. Sie kombinieren innovative Methoden wie Abwasseranalysen und Analysen von Rückständen aus gebrauchten Spritzen mit Interviews von Polizeimitarbeitenden und Drogenkonsumierenden. Die Studie wurde vom Waadtländer Fonds für Suchtprävention und -bekämpfung («Fonds vaudois pour la prévention et la lutte contre les addictions») mitfinanziert und von einer Expertengruppe mit Vertretern aus Justiz, Polizei und Gesundheitswesen begleitet.

 

Cannabis wurde bereits vor 5000 Jahren als kraftvolle Heilpflanze und Rohstofflieferant genutzt. Bis gegen Ende der 50-er Jahre wurde Cannabis in vielerlei Produkten und auch pharmazeutisch verwendet. Allein aufgrund einer listig inszenierten, wohl wirtschaftlich begründeten Lüge in den USA wurde die extrem vielseitig verwendbare Pflanze rund um den Globus (in der Schweiz 1951) verboten. In der Folge wurde mehreren Generationen in der Schule beigebracht, wie gefährlich das ‚Teufelszeug‘ sei. Das Gegenteil ist wahr! Cannabis lässt sich problemlos kultivieren, braucht dafür keinerlei Chemikalien und verbessert nebenher mit seinen tief reichenden Wurzeln ausgemergelte Böden. Von Gesundheit (und Genuss) über Ernährung bis zu verschiedensten Stoffen für die Herstellung von Papier, Textilien, Bau- und Betriebsstoffen und sogar Plastikersatz lässt sich Cannabis zu 97 Prozent verwerten. Die Pflanze könnte so manches aktuelles Problem eliminieren, wenn die Politik endlich den Mut aufbrächte auf den ehrlichen Weg zurück zu finden und die über Jahrzehnte hinweg gesäte Unsicherheit zu eliminieren. 


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