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Coronavirus und Textilindustrie: Millionen Angestellte in Bangladesch bangen...

DMZ – SOZIALES/WIRTSCHAFT ¦ Patricia Jungo ¦

 

Die derzeitige Krise hat die meisten Modelabels dazu bewogen, fast alle ihre Aufträge zu stornieren. Die Leidtragenden sind nun die ohnehin schlecht bezahlten Textil-Arbeiter. Bangladesch exportiert normalerweise pro Monat Textilien im Wert von zwei bis drei Milliarden Dollar. Das Coronavirus verschont auch die Modeindustrie nicht und nichts mehr läuft wie gewohnt.

 

Modelabels aus aller Welt haben bereits entschieden, Aufträge im Wert von drei Milliarden Dollar ganz zu stornieren oder zu verschieben. Laut Rubana Hug, der Präsidentin des Produzenten- und Export-Verbandes in Bangladesch begründen die Unternehmen ihr Vorgehen mit der Tatsache, dass sie überall zum Schliessen der Geschäfte gezwungen seien und so der Umsatz einbreche. Rubana Hug sagt weiter, man sei sich bewusst, dass es sich um einen Ausnahmezustand handle, der irgendeinmal vorbei sein werde. Es sei aber einfach so, dass die Angestellten nicht bezahlt werden könnten, falls die Modelabels die Aufträge nicht aufrechterhalten und bezahlen würden. Rubana Hug fordert, dass die Modefirmen noch einmal über ihre Politik nachdenken und sich bewusst werden, dass es nicht nur um die Fabriken gehe, denen der finanzielle Ruin drohe, sondern auch um die rund vier Millionen Textilarbeiter- und arbeiterinnen in Bangladesch.

 

Ohne Lohnzahlung an die Arbeiter sei das soziale Chaos vorprogrammiert. Der Coronavirus wird es also schaffen, die globale Produktionskette innerhalb sehr kurzer Zeit zum Zusammenbrechen zu bringen. Für Christine Hajagos-Clausen von der globalen Industriegewerkschaft IndustriALL mit Sitz in Genf ist dieser Zustand inakzeptabel. Sie gibt zu bedenken, dass die ohnehin miserabel bezahlten Arbeiterinnen und Arbeiter in der Textilbranche keine Rücklagen hätten und von der Hand in den Mund lebten. Die Gewerkschafterin betont, dass die Mode-Firmen normalerweise immer von den Billigst-Löhnen in Bangladesch profitieren würden und demnach nun mindestens die März-Löhne auszahlen müssten. Diesbezügliche Verhandlungen mit Tchibo, Lidl und britischen Supermarktkette Tesco seien im Gange.

 

In der Zwischenzeit schweben die Arbeiterinnen und Arbeiter der Textilbranche in Ungewissheit und hoffen, dass sich doch einige Konzerne einverstanden erklären werden, wenigstens die März-Löhne zu bezahlen und auch die bengalischen Textilfirmen einen Teil des angekündigten Rettungspaketes ihrer Regierung an sie weitergeben werden. Christine Hajagos-Clausen hofft mittelfristig auf ein Umdenken in der Textilbranche und den Weg hin zu nachhaltigeren Modellen, um so ein erneutes Kollabieren der Lieferkette in der nächsten Krise zu vermeiden. Ob diese Hoffnung auch Realität wird, hängt nicht nur von den Modefirmen ab, sondern natürlich auch der Länge der Krise und davon, wie rasch die Modegeschäfte wieder öffnen dürfen.

 

 

 

Quelle: srf news


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