Jolanda Spiess-Hegglin - Es gibt kein Recht auf Persönlichkeitsverletzung

Jolanda Spiess-Hegglin wird weiter angegriffen (Foto: Gian Marco Castelberg)
Jolanda Spiess-Hegglin wird weiter angegriffen (Foto: Gian Marco Castelberg)

DMZ – GESETZ / RECHT ¦ Redaktion ¦ 

 

Heute, vor einem Jahr (Mai 2029), durften wir noch berichten "Jolanda Spiess-Hegglin gewinnt: Endlich, der Qualitätsjournalismus wird künftig profitieren – und so etwas wie Gerechtigkeit ist endlich Realität", und kurz darauf im Juni 2019: ""Weltwoche"-Redaktor muss wegen übler Nachrede gegen Jolanda Spiess-Hegglin vor Gericht" gefolgt im Oktober 2019 vom Artikel "Gut ist schuldig und das ist gut so - Weltwoche-Vize unterliegt Jolanda Spiess-Hegglin". Das war wohl für einige zuviel des Guten, bzw. an verlorenen Positionen und Prozessen. So auch für eine «Tagesanzeiger»-Journalistin, die sich früh in ihrem Urteil über Jolanda Spiess-Hegglin festgelegt hatte.

 

Die Motive für Verleumdungen und übler Nachrede im privaten Bereich können vielfältiger Natur sein. Wer Unwahrheiten in die Welt setzt, will sich meist für an­geblich oder tatsächlich erlittenes Unrecht rächen und von eigenen Fehlleistungen ablenken, Mitleid oder Aufmerksamkeit erregen. Vielfach steckt aber auch eine psychische Erkrankung dahinter.

 

Wenn Medien mitmischen, ist es noch weittragender. Gut also, dass Jolanda Spiess-Hegglin hier in der Schweiz als eine der Ersten den Kampf aufgenommen hat gegen ungerechte und falsche Berichterstattung und es damit vielleicht und hoffentlich schafft, dass in Zukunft ein Schreiberling vorher überlegt, ob er die Verleumdung drucken will oder nicht.

Allerdings hat sich hier eine Journalistin dennoch anders entschieden und bleibt auf ihrer Irrfahrt. Sie möchte ein Buch schreiben über Jolanda Spiess-Hegglin. der Zweck ist klar.

 

Nun hat sich Jolanda Spiess-Hegglin direkt an Leserinnen und Leser, Journalistinnen und Journalisten, Medienbetrachterinnen und -betrachter gewendet. Mit diesem offenen Brief:

 

"Liebe Leser*innen,

Liebe Journalist*innen,

Liebe Medienbetrachter*innen,

Ich habe über meine Anwältin Rena Zulauf heute eine superprovisorische Verfügung erwirkt, in der Michèle Binswanger persönlichkeitsverletzende Äusserungen zu meiner Person verboten werden. Es ist dies kein drastischer Schritt, wie manche von Ihnen vielleicht denken. Und es ist auch kein Manöver gegen die Meinungs- oder Medienfreiheit. Es ist vielmehr ein Schritt im Sinne des Rechtsstaates, der Personen vor falschen und irreführenden diffamierenden Äusserungen schützt.

Es tut mir fast Leid, dass ich immer noch mit dieser alten Kiste kommen muss, ich kanns selber manchmal fast nicht mehr hören. Aber sobald man glaubt, jetzt sei Ruhe eingekehrt, gehts wieder los. In langwierigen Prozessen habe ich mich gegen den “Blick” und die “Weltwoche” erfolgreich zur Wehr gesetzt. Beide Publikationen haben auf krasse Weise meine Persönlichkeit verletzt. Und leider hört es noch immer nicht auf. Immernoch gibt es Journalist*innen, die meinen, besser zu wissen, was geschehen ist. Dass sich auch eine Tages-Anzeiger-Redaktorin daran gemacht hat, meine Intimsphäre erneut zu verletzen, macht mich sprachlos.

 

Ausgerechnet Michèle Binswanger. Sie hat sich früh in ihrem Urteil über mich festgelegt. Ich hätte “zu viel gebechert” dann “ein Techtelmechtel” gehabt und anschliessend “einen Quickie” mit dem SVP-Kollegen im offenen Nebenzimmer an der Zuger Landammannfeier hingelegt. Belege hatte sie für ihre Version keine, aber eine unglaublich verletzende Schlussfolgerung, die sie in die Überschrift “Jolanda Spiess Hegglin schadet der Sache der Frauen” goss.

Michèle Binswanger macht sich journalistisch unglaubwürdig. Die Republik beschrieb ihr Verhalten mir gegenüber in den sozialen Medien als “jegliche Contenance verlieren”. Aber in letzter Zeit wurde es doch etwas ruhiger. Und irgendwann dachten meine Familie und ich, Frau Binswanger hätte sich beruhigt.

 

Falsch. Vor einiger Zeit rief mich die ehemalige "Vice"-Journalistin Nadja Brenneisen (die sich laut eigener Aussage auch wegen der wiederholten aggressiven, verbalen Attacken durch Michèle Binswanger inzwischen vom Journalismus zurückgezogen hat) an. Michèle Binswanger sei am Recherchieren. Sie wolle was schreiben über die Zuger “Sex-Affäre” (sic!) und habe ihr Fragen geschickt, zu einem Artikel, den Brenneisen vor fünfeinhalb Jahren geschrieben hatte. Der Artikel warf offene Fragen zu der im Herbst 2015 herrschenden Medienmeinung in meinem Fall auf, hinterfragte und ordnete journalistisch ein, war aber nur kurze Zeit öffentlich sichtbar. Er wurde unter grossem juristischem Druck gegen die Mini-Redaktion von "Vice" vom Netz genommen.

Michèle Binswangers Fragenkatalog an Nadja Brenneisen zu ihrer Vice-Publikation liest sich wie ein einziger Anschuldigungskatalog. Die Fragen lassen den Schluss zu, dass Michèle Binswanger Kopien der Untersuchungsakten vorliegen, die damals wohl auch schon Weltwoche-Autor Philipp Gut zugespielt worden sind. Gut verstieg sich damals zur Behauptung, ich hätte mir alles im Nachhinein ausgedacht, um einen Seitensprung zu vertuschen. Vor seinem Prozess attestierte ihm Michèle Binswanger damals öffentlich gute gerichtliche Erfolgsaussichten. Gut ging vor Gericht sang und klanglos unter und wurde von zwei Gerichtsinstanzen wegen mehrfacher übler Nachrede verurteilt.

 

Journalistische Fragwürdigkeit zieht sich schliesslich durch ihr Projekt. Ihre Rechercheanfragen verschickt Michèle Binswanger von ihrem Tamedia-Mail-Account aus und lässt alle angefragten Personen damit im Glauben, es gehe um einen Tagi-Artikel. Erst auf Umwegen war in Erfahrung zu bringen, dass Michèle Binswangers Recherchen offenbar zu einem Buch führen sollen. Michèle Binswanger behauptet ausserdem, das Buch sei ein Auftragsprojekt ihres Arbeitgebers. Der Tamedia-Verleger Pietro Supino und Chefredaktor Arthur Rutishauser liessen hingegen schriftlich ausrichten, dass “das Projekt auf Initiative von Michele Binswanger und nicht im Auftrag des Tagesanzeigers oder durch Tamedia entsteht”.

 

Strafrechtlich ist der Fall abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hat alle Ermittlungen vor Jahren eingestellt. Zivilrechtlich geht es allerdings noch um sehr viel. Hier steht ein vermutlich wegweisender Medien-Prozess an. Es geht darum, das Geld einzufordern, dass der “Blick” mit rund 200 Artikeln über mich erwirtschaftet hat, nachdem er meine Persönlichkeitsrechte verletzt hat. Das wird ein langer Weg. Aber ich gehe ihn. Es ist mir wichtig. Auch für die Qualität des Journalismus. Wiederholte Persönlichkeitsverletzung in unendlichen Kampagnen soll kein kalkulierbares, pseudo-journalistisches Geschäftsmodell bleiben.

 

Ich bin sehr erleichtert darüber, dass sich der Tamedia-Verleger von dem Buchprojekt distanziert. Es hätte sonst der Verdacht aufkommen können, Tamedia würde versuchen, den Boulevard-Kollegen von Ringier bei der Verteidigung des Geschäftsmodells beistehen zu wollen. Der Ringier-Verteidigung käme es wohl sehr gelegen, wenn meine Glaubwürdigkeit pünktlich zum anstehenden Prozess wieder in den Dreck gezogen würde. Der heutige Ringier-Anwalt ist übrigens der gleiche Rechtsvertreter, der damals die Vice-Journalistin Brenneisen betreut hat und ihr mitgeteilt hat, dass der Vice-Artikel rechtlich in Ordnung sei. Bei Ringier steht auch der Verlobte von Michèle Binswanger, Peter Wälty, immer noch unter Vertrag. Er arbeitete die letzten Jahre in oberster Kaderfunktion für den “Blick”. Schon diese Form von Befangenheit schliesst eine anständige journalistische Arbeit im Auftrag einer Qualitätszeitung wie dem Tagesanzeiger aus.

Gut so.

Meine Familie und ich sind 6 Jahre lang aufgrund falscher medialer Vorverurteilungen durch die Hölle gegangen. Ich bin nicht bereit, mich von einer offensichtlich befangenen Journalistin erneut medial vorführen zu lassen und anschliessend über jahrelange Gerichtsprozesse meinen Ruf mühsam wieder herzustellen mit gewonnenen Urteilen, welche die schuldigen Zeitungen nicht einmal abdrucken.

Es langt jetzt.

 

Zum Verständnis:

Lassen Sie mich ein paar Punkte klarstellen, die immer noch regelmässig falsch kolportiert werden. Nur schon daran sehen Sie, wie schwer es ist, ein unwahres, medial verbreitetes Bild im Nachhinein zu korrigieren.

  • Die Landammann-Feier in Zug liegt bald 6 Jahre zurück. Ich habe mich nicht, wie fälschlich behauptet wurde, an die Medien gewandt. Ich wurde vom Blick mit Bild und Namen und gegen meinen Willen in die Medienarena gezerrt. Wie die Meldung von meinem Spitaluntersuch an die Medien ging, weiss man nicht. Ich war es sicher nicht.
  • Ich habe M.H. nicht angezeigt oder der Schändung oder Vergewaltigung bezichtigt. Die Ermittlungen geschahen nach meinem Spitalgang von Amtes wegen. Hauptverdächtigt war M.H. Das Verfahren wurde eingestellt, somit ist er unschuldig. Mir wurde von der Staatsanwaltschaft attestiert, dass ich von einer Schändung ausgehen durfte, ich nichts falsch gemacht habe und es keinen Täter gibt.
  • Weil die medizinischen Untersuchungen zu spät vorgenommen wurden, konnten keine “K.O.”-Tropfen oder entsprechende Substanzen nachgewiesen werden. Auch Alkohol wurde nicht nachgewiesen. Nachgewiesen ist aber, dass ich an diesem Abend nicht viel getrunken hatte.
  • Ich habe mich damit abgefunden, dass die Vorkommnisse der besagten Zuger Landammanfeier nie ans Licht kommen werden. Das war für mich lange äusserst schwer zu akzeptieren. Ich gehe aber inzwischen davon aus, dass der damals weithin ebenso unbekannte M.H. genauso ein Opfer verabreichter Substanzen wurde, wie ich. Beweisen kann ichs allerdings nicht. Weder M.H. noch ich können uns erinnern, was passiert ist.
  • Wegen Verletzung meiner Persönlichkeit wurde der Blick zivilrechtlich verurteilt. Der Blick veröffentlichte über 200 sexistische und diffamierende Artikel über mich. Ebenso wurde der Weltwoche-Vizechef Philipp Gut wegen mehrfacher übler Nachrede verurteilt. Die Argumentation der Gegenseite berief sich immer auf die Medienfreiheit. Die verschiedenen Richter hörten sich alles an - und entschieden jeweils, dass Medienfreiheit zwar ein hohes Gut sei, aber auch, dass sich daraus kein Recht auf Verletzung der Privat- und Intimsphäre ableiten lässt.

Die Medienhäuser und ihre vermeintlichen Enthüllungsjournalisten wurden allesamt verurteilt.

http://www.jolandaspiess.ch/blog/es-gibt-kein-recht-auf-persoenlichkeitsverletzung"

 

Zuger Kantonsgericht erlässt superprovisorische Verfügung in Zusammenhang mit geplantem Buch über Jolanda Spiess-Hegglin

Heute kann man in allen Zeitungen lesen, dass das Zuger Kantonsgericht das Vorhaben der «Tagesanzeiger»-Journalistin Michèle Binswanger gestoppt hat, zumindest für den Moment. In einer so genannten superprovisorischen Verfügung untersagt das Gericht Binswanger namentlich, im Zusammenhang mit ihrem Buchprojekt über die Zuger Landammannfeier 2014 über Inhalte zu schreiben, welche die Persönlichkeitsrechte und die Intimsphäre von Jolanda Spiess-Hegglin verletzen könnten.

 

Das Verbot bezieht sich auch auf alle anderen Publikationskanäle der Journalistin. Ein Verstoss könnte eine Busse von bis zu 10'000 Franken nach sich ziehen.

 

Frau Binswanger hat nun in den nächsten 10 Tagen Gelegenheit, zur Verfügung des Zuger Kantonsgerichts Stellung zu nehmen. Es bleibt zu hoffen, dass die Vernunft siegt und der scheinbar unermessliche Hass verraucht, den die Journalistin allem Anschein nach in sich trägt. 


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Kommentare: 1
  • #1

    Rene Baron (Sonntag, 06 September 2020 07:41)

    Nachdem bereits zu dieser Sache mehr als 1000 Artikel veröffentlicht und heftigst diskutiert wurden, Hegglin sich - im Gegensatz zu Hürlimann den man schon vergessen hat - selber dauernd mit dem Thema wieder in die Medien spült, und sie sogar ihre Firma Netzcourage mit dieser Sache bewirbt, scheint es mir geradezu absurd, einer einzelnen Journalisten zu verbieten, all dieses Material in einem Buch zusammenzufassen. Notabenen präventiv, auf reine Vermutung hin!
    Man fragt sich auch, ob das Zuger Gericht nicht befangen ist, und das Verfahren nicht von neutralerer Stelle behandelt werden müsste.
    Im Endeffekt geht es um die Grundsatzfrage, inwiefern eine öffentliche Person, die Hegglin in der öffentlichen Wahrnehmung nun mal ist, Autoren daran hindern darf, Medien-Geschichte historisch aufzuarbeiten.
    Ich finde, dieses Thema der präventiven Zensur - etwas Grundsätzliches von höchstem öffentlichen Interesse - muss deshalb öffentlich breit debattiert und im Bundesgericht final entschieden werden.