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Brasilien - 1001 Todesfälle in einem Tag

DMZ – INTERNATIONAL / Wissenschaftsredaktion ¦

 

Brasilien entwickelt sich zunehmend zum Brennpunkt in der weltweiten Coronavirus-Pandemie. Rund 330'000 infizierte Personen wurden inzwischen offiziell registriert – nur in den USA sind es mehr, wie das brasilianische Gesundheitsministerium mitteilte.

Brasilien verzeichnete allein am Freitag 1001 Todesfälle, wodurch sich die Gesamtzahl auf 21'048 erhöhte. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen, sagen Wissenschaftler.

 

Brasilien rechnet mit Rekordverschuldung

Brasiliens Wirtschaft befindet sich wegen der Coronakrise auf dem Weg in die schwerste Rezession seit Beginn der Konjunkturstatistik im Jahr 1900. Die Regierung erwartet einen Einbruch des Bruttoinlandsproduktes um 4.7 Prozent. Das führt zu Steuerausfällen für den Staat, der zudem milliardenschwere Rettungsprogramme geschnürt hat.

Deshalb rechnet die Regierung mit einem Haushaltsdefizit und einer Staatsverschuldung in Rekordhöhe, wie das Wirtschaftsministerium mitteilt. Die Neuverschuldung steige im laufenden Jahr voraussichtlich um mehr als neun Prozent.

 

Brasilien hat aktuell die dritthöchste Zahl von Infizierungen mit dem neuartigen Coronavirus weltweit – nur die USA und Russland haben noch mehr Fälle. Das Gesundheitsministerium in Brasília meldete am Freitag 20.803 Infizierte mehr als am Donnerstag. Am Samstagmorgen lag die Zahl der Infizierten in dem mit 210 Millionen Einwohnern grössten Land Lateinamerikas auf 330.890.

Mindestens 21.048 Menschen sind in Brasilien im Zusammenhang mit dem Virus bislang gestorben. Bei der Zahl der Todesopfer liegt das Land gemäss Johns-Hopkins-Universität

damit weltweit weiter auf Platz sechs. Der Nothilfe-Koordinator der Weltgesundheitsorganisation, Michael Ryan, sagte im WHO-Briefing zur Coronavirus-Pandemie am Freitag, dass Südamerika das „neue Epizentrum der Krankheit“ und „das am meisten betroffene“ Land sicher Brasilien sei. Ryan erwähnte auch die Situation im Amazonas-Gebiet, wo sowohl die Infektionsrate als auch die Mortalitätsrate in Brasilien am höchsten sind. Das Gesundheitssystem und das Bestattungswesen sind vielerorts in der strukturschwachen Region kollabiert. Zudem sind die Indigenen in Amazonien besonders anfällig für das Virus der Weissen.

 

Seit Mitte April zeigt die Kurve mit den Neuerkrankungen steil nach oben.

Experten erwarten, dass der Höhepunkt der Ausbreitung des neuartigen Virus in Brasilien erst im Juni erreicht wird. Vermutet wird zudem, dass die Dunkelziffern weitaus höher liegen, weil es zu wenig Tests gibt. Von 100.000 Brasilianern wurden im Schnitt bisher nur 62 getestet. Auf zahlreichen Totenscheinen steht daher „Lungenentzündung“ oder „akutes Atemversagen“ obwohl die Todesursache vermutlich Covid-19 war. 

 

Warum Brasilien so hart getroffen wird

In vielen Städten wie etwa Manaus, Fortaleza, Recife, Belém und Rio de Janeiro ist das Gesundheitssystem bereits überlastet oder am Limit. Warum Brasilien so hart getroffen wird, hat mehrere Gründe. 

Die Gouverneure der 26 Bundesstaaten verhängten schon im März Quarantäne-Massnahmen, als die ersten Corona-Fälle in São Paulo und Rio auftauchten. Weil die Fallzahlen danach erst einmal nicht sonderlich anstiegen, machte sich eine falsche Sicherheit breit. 

 

Viele Menschen hatten keine andere Wahl

Viele Menschen fragten sich, was das Ganze soll und wurden unvorsichtig. Covid-19 blieb etwas Abstraktes und insbesondere in den Armenvierteln, den Vorstädten und vielen Provinzorten nahm das Leben wieder an Fahrt auf. Das rächt sich nun. 

Allerdings hatten viele Menschen auch keine andere Wahl, als zu arbeiten. Mindestens 40 Millionen Brasilianer (von 210 Millionen) sind im informellen Sektor tätig. Sie sind davon abhängig, täglich etwas auf der Strasse zu verkaufen, putzen zu gehen oder Hilfsarbeiten zu verrichten. 

Zwar zahlt ihnen die Regierung nun drei Monate lang umgerechnet 100 Euro Corona-Hilfe, aber die Auszahlung war und ist von vielen Pannen begleitet und führte bereits zu enormen Schlangen vor den Banken.

 

 

Quellen: SRF / Welt


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