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Hohe Hürden bei der Unfallversicherung für Opfer sexueller Gewalt

DMZ – SOZIALES ¦ Patricia Jungo ¦

 

Für die Opfer sexueller Gewalt besteht im Rahmen der Unfallversicherung ein Versicherungsschutz. Sie haben rein rechtlich, wie die anderen Opfer einer Gewalttat, einen Unfall erlitten. Damit der Schutz jedoch greift, gibt es einige Hürden zu überwinden. Die Betroffenen sind in einer sehr schwierigen Situation und sehen sich zusätzlich noch mit schwierigen Fragen konfrontiert.

 

Auch in unserem Land kommt es täglich zu schweren sexuellen Übergriffen. Laut Bundesstatistik gab es im Jahre 2019 679 Vergewaltigungen und 626 Fälle von sexueller Nötigung. Agota Lavoyer von der Berner Beratungsstelle Lantana berichtet, bei vielen Frauen und Betroffenen könne es oft sehr lange, sogar Monate oder Jahre dauern, bis sie sich jemandem anvertrauen würden.

 

Erst Strafanzeige – dann Geld..

Frau Lavoyer erklärt, es gebe mehrere Hürden zu überwinden. Als erstes müsse Hilfe in Anspruch genommen und eine Strafanzeige erstattet werden. Die Tatsachen zeigen jedoch, dass neun von zehn Betroffenen keine Strafanzeige machen, da sie oft einfach psychisch zu schwach dafür sind. Dies bestätigt Susanne Nielen Gangwisch von der Opferhilfe Aargau/Solothurn. Oft ginge es nicht über eine Untersuchung hinaus, welche Gewalt- und DNA-Spuren sichern solle. Die Beratungsstellen informieren auch stets darüber, dass ohne eine Strafanzeige kaum eine Chance auf eine Zahlung durch die Unfallversicherung besteht. Zudem sind viele Betroffene gar nicht über den guten Versicherungsschutz im Bilde. Dieser beinhaltet Heilungskosten, Taggeld von 80 Prozent des Lohnes und auch weitere langfristige Unterstützung. Susanne Nielen betont jedoch, dass es bedauerlicherweise bei Vergewaltigung oder sexueller Nötigung nicht immer so gut funktioniert.

 

Von der Schwierigkeit ,es dem Arbeitgeber zu sagen..

Ein Grund dafür ist zweifelsohne die Unfall-Meldung. In kleineren Betrieben ohne Personalverantwortliche muss sich die betroffene Person direkt an die Chefin oder den Chef wenden. Für viele ist dieser Schritt einfach nicht zu schaffen. Die Suva, die grösste Unfallversicherung der Schweiz zeigt in Hochrechnungen aus der Statistik zum Unfallversicherungsgesetz, dass alle entsprechenden Versicherer jedes Jahr im Durchschnitt die Folgekosten von etwa 7300 „Unfällen nach Gewalt-Einwirkung“ decken. Davon fallen rund 1100 Fälle unter häusliche Gewalt und 60 unter sexuelle Gewalt. Will die Unfallversicherung nicht zahlen, übernehmen Krankenkasse und Opferhilfe, jedoch mit weniger guten Leistungen.

 

Forderung nach einfacherem Vorgehen

Anwälte und weitere Beratungsstellen von der Ost- bis in die Nordwestschweiz wurden nun ebenfalls auf diese Hürden aufmerksam. Sie sind sich einig, dass es einfachere Verfahren und mehr Sensibilisierung braucht. Auch die Politik diskutiert darüber. Die Kantone besprechen diese Woche die Notwendigkeit eines einheitlichen Vorgehens für die medizinischen Untersuchungen und deren Dokumentationen nach der Gewalt. Laut „Istanbul Konvention“ des Europarats muss die Schweiz anfangs des nächsten Jahres darlegen, wo sie beim Schutz vor Gewalt gegen Frauen und der umfassenden Betreuung genau steht.

 

 

Quelle: srf news


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