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Nahezu 12% der im Spital Verstorbenen wurden vor ihrem Tod palliativ versorgt

DMZ – GESUNDHEIT / MEDIZIN ¦ David Aebischer ¦

 

Im Zusammenhang mit schwer kranken Menschen sind Sie sicher schon einmal den Begriffen Palliativmedizin, Palliativpflege, Sterbebegleitung oder Hospiz begegnet. Alle diese Begriffe sind Teil der «Palliative Care». Darunter versteht man alle Massnahmen, die das Leiden eines unheilbar kranken Menschen lindern und ihm so eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende verschaffen.

Knapp 12% der 2018 im Spital Verstorbenen erhielten bei ihrer letzten Hospitalisierung eine palliativmedizinische Komplexbehandlung oder spezialisierte Palliative Care, um insbesondere Leiden und Komplikationen vorzubeugen.

 

Bei den Personen mit einer Tumorerkrankung war dieser Anteil mit 29% am höchsten. 2018 wurden rund 5900 Patientinnen und Patienten im Rahmen einer Hospitalisierung palliativ versorgt. Mehr als 80% von ihnen litten an einem Tumor. Dies geht aus einer neuen Publikation des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor.

 

Palliative Care umfasst die Betreuung und Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie beugt Leiden und Komplikationen vor. Palliativbehandlungen werden nicht nur in Spitälern, sondern auch zu Hause, in spezialisierten sozialmedizinischen Institutionen sowie in Alters- und Pflegeheimen durchgeführt. Die in der neuen Publikation zum Thema Palliative Care präsentierten Daten beschränken sich auf im Spital erbrachte palliativmedizinische Komplexbehandlungen und spezialisierte Palliative Care. Alle anderen Palliative-Care-Leistungen werden bislang schweizweit nicht systematisch erfasst (siehe Kasten).

 

Vier Fünftel der palliativ versorgten Personen haben einen Tumor

2018 erhielten rund 5900 hospitalisierte Personen eine palliativmedizinische Komplexbehandlung oder spezialisierte Palliative Care. Bei mehr als acht von zehn dieser Patientinnen und Patienten (81,8%) wurde als Hauptdiagnose ein Tumor festgestellt. Umgekehrt leiden nur 4,2% der hospitalisierten Palliativpatientinnen und -patienten an einer Krankheit des Kreislaufsystems. Etwas mehr als die Hälfte der 2018 im Spital palliativ versorgten Personen (52,0%) starb bei der letzten Hospitalisierung mit Palliative Care.

 

Bei Krankheiten des Kreislaufsystems ist Palliativpflege selten

Rund 39% der 2018 in der Schweiz Verstorbenen starben im Spital. 11,8% von ihnen hatten eine palliativmedizinische Komplexbehandlung oder spezialisierte Palliative Care in Anspruch genommen. Der Anteil der palliativ versorgten Personen an den im Spital Verstorbenen variiert stark je nach Hauptdiagnose. Während 29,2% der Tumorerkrankten und insbesondere knapp 40% der Patientinnen mit diagnostiziertem Brustkrebs vor ihrem Tod palliativ gepflegt wurden, beträgt dieser Anteil bei den Krankheiten des Kreislaufsystems und den Krankheiten des Atmungssystems lediglich 2,5% bzw. 3,6%. Die häufigsten Hauptdiagnosen bei den im Spital Verstorbenen sind Tumore (33% der eingetretenen Todesfälle), Krankheiten des Kreislaufsystems (23%) sowie Krankheiten des Atmungssystems (10%).

 

Palliativpatientinnen und -patienten sterben früher

Das durchschnittliche Sterbealter der im Spital verstorbenen Personen beträgt bei erfolgter Palliative Care 71,0 Jahre, bei nicht erfolgter Palliative Care 75,9 Jahre. Das tiefere Sterbealter der palliativ versorgten Personen hängt vor allem damit zusammen, dass diese meist einen Tumor haben. Personen mit einer Tumorerkrankung sterben deutlich früher als jene, die an einer Krankheit des Kreislaufsystems oder einer Krankheit des Atmungssystems leiden.

Der Frauenanteil ist bei den im Spital Verstorbenen mit erfolgter Palliativpflege etwas höher als bei den Personen, die ohne Palliativversorgung im Spital starben (46,4% gegenüber 44,9%). Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass deutlich mehr Palliativpatientinnen an frauenspezifischen Krebsarten wie Brust-, Eierstock- und Gebärmutterkrebs sterben als Palliativpatienten an männerspezifischen Krebsarten wie Prostatakrebs.

 

Palliativpatientinnen und -patienten sind vor ihrem Tod lange hospitalisiert

Palliativ versorgte Personen, die während des Spitalaufenthalts starben, wurden intensiver und länger stationär betreut als die Verstorbenen ohne erfolgte Palliative Care. Erstere kamen in den letzten zwölf Monaten vor ihrem Tod durchschnittlich 3,6 Mal ins Spital und waren im Durchschnitt insgesamt 49 Tage hospitalisiert. Letztere wurden 2,7 Mal ins Spital eingewiesen und verbrachten dort insgesamt 29 Tage.

 

Was kann palliative Therapie bewirken?

Viele Menschen denken beim Wort „palliativ“ an Sterbebegleitung und zögern, sich in palliative Betreuung zu begeben. Sobald Sie diesen Schritt jedoch tun, werden Sie erkennen, dass Ängste unbegründet sind. Eine frühe palliative Umsorgung bringt erwiesenermaßen einen großen Gewinn.

 

Was bedeutet Palliative Care?

Im Zusammenhang mit schwer kranken Menschen sind Sie sicher schon einmal den Begriffen Palliativmedizin, Palliativpflege, Sterbebegleitung oder Hospiz begegnet. Alle diese Begriffe sind Teil der «Palliative Care». Darunter versteht man alle Massnahmen, die das Leiden eines unheilbar kranken Menschen lindern und ihm so eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende verschaffen.

 

Der Begriff «Palliative Care» wird international verwendet und mehr und mehr auch im nichtenglischen Sprachraum benutzt. «Palliative Care» leitet sich ab aus dem lateinischen «pallium», was einem mantelähnlichen Umhang entspricht. Das englische Wort «care» heisst «Pflege», umfasst aber mehr als das: «I care for you» bedeutet auch «ich sorge mich um dich». Und: «du bist mir wichtig».

 

Die Palliative Care umfasst die Betreuung und die Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. Sie wird vorausschauend miteinbezogen, ihr Schwerpunkt liegt aber in der Zeit, in der die Kuration der Krankheit als nicht mehr möglich erachtet wird und kein primäres Ziel mehr darstellt. Es wird angestrebt Patientinnen und Patienten eine ihrer Situation angepasste optimale Lebensqualität bis zum Tode zu gewährleisten und die nahestehenden Bezugspersonen angemessen zu unterstützen. Die Palliative Care beugt Leiden und Komplikationen vor. Sie schliesst medizinische Behandlungen, pflegerische Interventionen sowie psychologische, soziale und spirituelle Unterstützung mit ein. Mit der Palliative Care soll auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten umfassend eingegangen werden. Symptome und Leiden werden bestmöglich antizipiert und gelindert. Qualitativ adäquate Palliative-Care-Leistungen bedingen professionelle Kompetenzen der Fachpersonen. Die Palliative Care erfolgt, soweit dies möglich ist, an einem vom kranken oder sterbenden Menschen gewünschten Ort. Vernetze Versorgungsstrukturen ermöglichen eine Kontinuität bei der Behandlung und der Betreuung. Es ist nötig, die Möglichkeiten der Palliative Care vorausschauend und frühzeitig miteinzubeziehen, das heisst in Ergänzung zu kurativen und rehabilitativen Massnahmen. Gleichzeitig liegt der Schwerpunkt der Palliative Care aber in der Zeit, in der die Kuration der Krankheit als nicht mehr möglich erachtet wird und kein primäres Ziel mehr darstellt.

 

Die WHO definiert Palliative Care so: Palliative Care entspricht einer Haltung und Behandlung, welche die Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen verbessern soll, wenn eine lebensbedrohliche Krankheit vorliegt. Sie erreicht dies, indem sie Schmerzen und andere physische, psychosoziale und spirituelle Probleme frühzeitig und aktiv sucht, immer wieder erfasst und angemessen behandelt. Palliative Care

  • lindert Schmerzen und andere belastende Beschwerden,
  • unterstützt den Patienten darin, so lange wie möglich aktiv zu bleiben,
  • integriert psychische und spirituelle Aspekte,
  • bejaht das Leben und erachtet das Sterben als normalen Prozess,
  • will den Tod weder beschleunigen noch verzögern,
  • unterstützt Angehörige, die Krankheit des Patienten und die eigene Trauer zu  verarbeiten.
  • ist Teamarbeit, um den Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen möglichst gut gerecht zu werden,
  • kann frühzeitig in der Erkrankung angewendet werden in Kombination mit lebensverlängernden Massnahmen, wie beispielsweise Chemo- und Radiotherapie. Sie beinhaltet auch die notwendige Forschung, um Beschwerden oder klinische Komplikationen besser verstehen und behandeln zu können.

 

 

Quellen: 

  • Schweizerische Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung -https://www.palliative.ch/de/palliative-care/was-bedeutet-palliative-care/
  • https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79302.html
  • https://www.palliativkarte.ch/

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Kommentare: 1
  • #1

    Adrian Mast (Dienstag, 09 Juni 2020 21:43)

    Sehr guter Artikel, vielen Dank!