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Covid-19 - Reproduktionszahl R erneut über 1 - «Die steigende Anzahl Fälle bereitet uns Sorge»

DMZ – GESUNDHEIT / GESELLSCHAFT ¦

 

Was von vielen Experten und auch von grossen Teilen der Bevölkerung befürchtet wurde ist schon näher, als und lieb sein kann. Die Corona-Fallzahlen in der Schweiz steigen wieder an. Im Fokus steht nun die Bekämpfung von lokalen Infektionsherden.

 

In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Meldungen über lokale Coronavirus-Ausbrüche. In China, in Israel, in Deutschland, in geringerem Ausmass aber auch in der Schweiz. Im Kanton Zug beispielsweise sind in nur einer Woche vier Infektionsherde ausfindig gemacht worden – in der Schweiz befinden sich momentan 560 Personen in Quarantäne.

 

«Die vergleichsweise hohe Zahl neuer Fälle ist beunruhigend», teilte Regierungsrat Martin Pfister mit. «Das bereitet uns Sorge»

 

Reproduktionszahl R

Mittlerweile ist auch die Reproduktionszahl R, also die Anzahl Personen, die ein mit dem Coronavirus Infizierter im Durchschnitt ansteckt, in der Schweiz wieder auf über eins geklettert. «Wir beobachten, dass die Anzahl Fälle wieder steigt. Das bereitet uns Sorge», sagt Matthias Egger, Leiter der nationalen Task-Force gegen das Coronavirus zu Radio SRF.

 

Einschätzung der momentanen epidemiologischen Lage

Die effektive Reproduktionszahl Re ist Mitte März 2020 unter den kritischen Schwellenwert von 1 gefallen. Die Schätzung von Re basiert von nun an ausschliesslich auf Daten vom BAG, da die Daten von openZH in letzter Zeit mit abnehmender Häufigkeit aktualisiert werden. Das derzeitige Re ist im Vergleich zu den niedrigsten Werten Mitte April angestiegen. Die Unsicherheitsintervalle sind aufgrund der tiefen Fallzahlen laufend grösser geworden und beinhalten derzeit weiterhin den kritischen Wert von 1.

 

Die Berechnung von Re für einzelne Kantone, schweizer Regionen und verschiedenen europäischen Ländern ist hier verfügbar. Des Weiteren sind auf dieser Website Abschätzungen zur Änderung von Re nach Einführung oder Aufheben von Massnahmen verfügbar. Die Schweizer Resultate für Re stellen wir dort auch als .csv Datei zur Verfügung.

 

Methoden

Das publizierte Re für einen bestimmten Tag ist ein Mittelwert über die letzten 3 Tage. Wir publizieren den geschätzten Median zusammen mit dem 95% Unsicherheitsintervall. Die Methode zur Schätzung von Re ist hier erklärt. Eine Erweiterung der Methode, die erlaubt früher allfällige Änderungen von Re zu beobachten, ist momentan in Arbeit und wird voraussichtlich demnächst eingeführt.

Generell basiert unsere Einschätzung der momentanen epidemiologischen Lage auf einer Reihe von Methoden, siehe Appendix A in Policy Brief «Effect of Measures». Die verschiedenen Schätzungen können im Detail voneinander abweichen, stimmen aber im Trend überein.

 

Zweite Welle

Eine zweite Welle könnte laut Egger früher kommen als befürchtet. «Es muss nicht bis Herbst dauern. Eine zweite Welle könnte in der Schweiz bereits in den nächsten Wochen kommen.» Auch in Israel konnten im Mai die Fallzahlen wie in der Schweiz massiv gesenkt werden. Mittlerweile gäbe es aber wieder mehr Fälle. Egger: «In Israel kommt jetzt die zweite Welle. Trotz der grossen Wärme im Land, was ja auch immer ein Thema ist.»

 

«Maske tragen»

Egger hofft, dass die Schweiz den kommenden Anstieg der Fallzahlen gut kontrollieren kann. Zuversichtlich stimmt Egger, dass die Schweiz nun wisse, wie eine solche Welle verhindert werden könne. Es sei nun wichtig, die Strategie aus Testen, Tracen, Isolieren und Quarantäne konsequent umzusetzen.

 

Isolation und Quarantäne in der Schweiz

Um die Übertragung des Coronavirus zu verhindern, können die zuständigen kantonalen Behörden Personen, die als potenzielle Überträger identifiziert wurden, in Isolation schicken. Für alle Personen, die mit dem möglichen Überträger engen Kontakt hatten, während er infektiös war, kann sie eine Quarantäne von 10 Tagen anordnen. Momentan befinden sich 155 Fälle in Isolation und 560 in Quarantäne.

Egger ruft die Bevölkerung zudem dazu auf, sich weiter an die Distanz- und die Hygiene-Regeln zu halten. «Wenn der 2-Meter-Abstand nicht eingehalten werden kann, soll man eine Maske tragen», so Egger.

 

Klar gegen weitere Lockerungen

Laut dem Task-Force-Leiter steht die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern momentan sehr gut da. Doch dieser Vorsprung dürfe nicht fahrlässig aufs Spiel gesetzt werden. Egger äussert sich bei Radio SRF dezidiert gegen weitere Lockerungsschritte der Schweizer Regierung: «Jetzt muss man zuerst abwarten, was genau die letzten Lockerungen vom 6. Juni bewirken. Erst dann kann man wieder weiterschauen.»

 

Egger lobt bei Radio SRF die Behörden und Bundesrat Alain Berset für die bisherige Bekämpfung der Pandemie. Mit dem Veranstaltungsverbot für mehr als 1000 Personen sei man Ende Februar weltweit führend gewesen. Leider habe die Schweiz aber bis Mitte März wenig weitere Schritte gegen das Coronavirus unternommen. Egger: «Den Lockdown hätte man eine Woche früher verordnen sollen. Damit hätte man die Anzahl Fälle etwa halbiert.»

 

Swiss National COVID-19 Science Task Force

Die Swiss National COVID-19 Science Task Force hat im Mandat von verschiedenen Stellen des Bundes die Funktion eines nationalen wissenschaftlichen Beratungsgremiums im Kontext der COVID-19-Pandemie.

Mandatgeber der Task Force sind der Krisenstab des Bundesrates zur Bewältigung der Corona Krise (KSBC) sowie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).

Mandatnehmer sind die Präsidenten des Schweizerischen Nationalfonds (Prof. Matthias Egger), des ETH-Rats (Prof. Michael O. Hengartner), der Rektorenkonferenz swissuniversities (Prof. Yves Flückiger) und des Verbunds der Akademien Schweiz a+ (Prof. Marcel Tanner)

Prof. Matthias Egger leitet die Task Force.

 

 

 

Quelle: 

  • SRF
  • corona-data.ch
  • https://ncs-tf.ch/de/
  • https://ncs-tf.ch/de/policy-briefs/effect-of-measures-21-april-20-en/download
  • https://ncs-tf.ch/de/lagebericht

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