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Covid-19 - Feiern bis zum bitteren Ende

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ AA¦

 

Dass die Lockerungen viel zu früh kamen und völlig falsch sind zeigt sich jeden Tag von Neuem. Zudem kann man nicht auf Eigenverantwortung bauen, da es sowas nicht gibt. Das hat auch in Schweden nicht funktioniert. Das kleine Land hat 5x mehr Tote zu beklagen als Deutschland.

Dicht gedrängtes Feiern ohne Coronaschutz - ein Bild, das negativ Schule macht. 
Vorfälle in Bern, Zürich, Spreitenbach und Graubünden machen sprachlos. Auch die Tatsache, dass es weltweit eine halbe Million Todesfälle und über 10 Millionen Infizierte gibt, scheint nicht an der Vernunft und Verantwortung der Partymenschen zu kratzen.

 

Seit Anfang Juni zeigt die Kurve wieder nach oben. Die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfizierten stieg auf gegen 70. Zu Beginn des Monats bewegte sie sich noch im einstelligen Bereich. Sorgen bereitet den Epidemiologen und den politisch Verantwortlichen die Tendenz: Der Anstieg könnte sich wieder beschleunigen.

 

Eigenverantwortung

Urs Meier sagt es in einem aktuellen Kommentar auf journal21.ch so: "Von der Covid-19-Front werden wieder steigende Fallzahlen gemeldet. Führende Epidemiologen kritisieren, der Bundesrat habe bei den jüngsten Lockerungsentscheiden zu viele Schleusen aufs Mal geöffnet. Daher könne man die Wirkungen der einzelnen Aufhebungen nicht überprüfen. Eine der Wirkungen jedoch – sie ist indirekter Art und zudem ausdrücklich nicht beabsichtigt – lässt sich am Schweizer Alltag unschwer ablesen: Es macht sich Sorglosigkeit breit. Trotz der dringenden Empfehlung von Behörden und Fachleuten trägt in öffentlichen Verkehrsmitteln kaum jemand eine Schutzmaske. Und wo es zu dichten Menschenansammlungen kommt, drängen sich die Leute fröhlich und ungeschützt. Es macht den Eindruck, als sei soeben hochoffiziell die endgültige Überwindung der Corona-Gefahr verkündet worden."

 

Bern

Eine Party mit Grossandrang, aber ohne Schutzmassnahmen: Das will die Stadt Bern künftig verhindern. Nur wie? Die Musik war laut: «In der Nacht auf Sonntag sind aus der Region Bern Dutzende Lärmklagen eingegangen», schreibt die Kantonspolizei Bern. Sie fand die Quelle auf dem Vorplatz der Reitschule. Weil dort so viele Leute waren, schritt die Polizei zunächst nicht ein.

Von Samstagvormittag bis Sonntag Früh dauerte die Party gemäss Bericht, mit hunderten, vielleicht tausenden Leuten. Erst am Sonntagmorgen beschlagnahmte die Polizei die Musikanlage, wie sie mitteilt, zwei Personen werden angezeigt.

Die Reitschule distanziert sich ausdrücklich vom Anlass. Nicht wegen des Lärms, sondern wegen Corona.

 

Alec von Graffenried war überrascht, sagt er: «Bisher verhielt sich die Jugend sehr diszipliniert. Jetzt plötzlich eine Party ohne jede Vorsichtsmassnahme, das geht gar nicht.» Da werde die Stadt Bern nun aktiv, damit so etwas nicht mehr passiere. Bei einem nächstes Mal muss man früher einschreiten. Polizei, Regierungsstatthalter und Gemeinderat sind in Kontakt. «Wir werden dieses Ereignis analysieren», sagt Stadtpräsident von Graffenried. «Und wir werden zusammen mit der Polizei schauen, was zu tun ist, damit so etwas nicht mehr vorkommt.» Noch ist das künftige Vorgehen also offen.

 

Zürich & Genf

In Zürich müssen 300 Partygängerinnen und Partygänger in Quarantäne, weil eine infizierte Person unter den Gästen war. Und auch in Genf müssen wegen eines ähnlichen Falls fast 100 Leute in Quarantäne.

Viele Partygäste hätten falsche E-Mail-Adressen hinterlegt. Die Clubbetreiber hätten diese nicht kontrolliert. «Es haben sich auch Personen bei uns gemeldet, die nicht auf der Liste waren, aber uns darauf hingewiesen haben, dass sie im Club waren. Hier stimmt offensichtlich etwas nicht», sagte Rickli. Die viel beschworene Eigenverantwortung hat in diesem Fall also weder auf Seite des Clubs noch auf Seite der Gäste funktioniert. Dass es auch in Genf einen ähnlichen Vorfall gegeben hat, zeigt, dass es kein Einzelfall ist. Trotzdem wollten verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Zürcher Clubszene heute keine Fragen dazu beantworten.

 

20 Ansteckungen in einer Bar in Spreitenbach (AG)

Im Kanton Aargau ist es zu einem grösseren Corona-Ausbruch gekommen. Gegenüber dem Regional-TV-Sender Tele M1 bestätigt Kantonsärztin Yvonne Hummel: «Wir haben seit heute Kenntnis, dass in der Tesla-Bar in Spreitenbach rund 20 Personen während eines Abends angesteckt worden sind.» Insgesamt hätten sich in der Bar etwa 100 Menschen aufgehalten. Es seien nun Abklärungen im Gang, damit die Kontaktpersonen eruiert und informiert werden könnten. Als nächstes werde das Schutzkonzept der Bar überprüft.

 

Clubs wollen das erneute Lichterlöschen verhindern

Clubs sind anfällig für eine Ausbreitung des Virus. Werden die Regeln nicht besser eingehalten, droht die Schliessung. Eigentlich wären die Regeln klar: Nur 300 Personen dürfen sich in einem Club aufhalten. An der Eingangstür müssen alle Besucherinnen und Besucher ihre Kontaktdaten hinterlassen – damit man sie kontaktieren kann, sollte sich ein Gast später als Covid-19-Träger herausstellen.

Dies habe bei der Party im Zürcher Flamingo-Club am Sonntagabend vor einer Woche aber schlecht funktioniert.

  

Stellung nimmt dagegen Max Reichen, Präsident der Berner Bar- und Club-Kommission: «Es musste allen von Anfang an klar sein, dass einmal eine positive Person einen Club besuchen würde.» Den konkreten Zürcher Fall könne er zwar nicht kommentieren. Aber es sei klar: «Offensichtlich falsche Angaben müssen dem Betreiber auffallen, und er muss intervenieren.»

Doch auch die Behörden müssten sich Kritik gefallen lassen, findet Reichen: «Bei den Restaurants wurde vom Datenschutzbeauftragten gesagt, dass die Pflicht für das Verlangen der Kontaktdaten nicht rechtens sei.» Bei den Clubs solle das auf einmal gehen. «Dann ist es für uns schwierig, das dem Gast zu erklären.»

 

Schliessungen als Ultima Ratio

Allerdings ist fraglich, ob sich kleinere Clubs eine solche Lösung überhaupt leisten können – und vor allem ist eine solche Lösung nicht kurzfristig realisierbar. Die Clubs wollen ihre nächsten Partys aber schon diese Woche durchführen.

Deshalb treffen sich Vertreterinnen und Vertreter der Zürcher Bar- und Club-Kommission am Dienstagabend mit der Zürcher Gesundheitsdirektion zu einem Krisengespräch. Dies, um zu verhindern, dass die Behörden weitere Massnahmen ergreifen – und allenfalls sogar Clubs schliessen.

 

Wieso verhalten sich nun viele Menschen unvorsichtig?

Experten warnen vor einer zweiten Corona-Welle. Gleichzeitig drängeln sich Menschen in Parks, Clubs und Läden. Kaum jemand trägt Schutzmasken. Für Psychologen und Experten war dieses Verhalten zu erwarten. Man würde das allgemeinsprachlich einen «Gewohnheits-Effekt» oder in der Psychologie eine «Habituation» nennen. «Unser Verstand und unser Gehirn haben sich an Gefahren gewöhnt, und viele Menschen sind deshalb nachlässig geworden».

 

Vorgaben für Schutzkonzepte

Der Bundesrat hat die Vorgaben für Schutzkonzepte per 22. Juni 2020 vereinfacht und für die verschiedenen Lebensbereiche vereinheitlicht. Nach wie vor ist es wichtig, Abstand zu halten, die Hände regelmässig gründlich zu waschen, wenn nötig Masken zu tragen und Trennwände anzubringen, um eine erneute Ausbreitung des neuen Coronavirus zu verhindern.

Für alle öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Betriebe, einschliesslich obligatorische Schulen und nachobligatorische Bildungseinrichtungen, sowie für Veranstaltungen braucht es weiterhin ein Schutzkonzept. Private Veranstaltungen sowie öffentlich nicht zugängliche Betriebe benötigen keine Schutzkonzepte.

 

Für alle Branchen gelten dieselben Vorgaben für Schutzkonzepte. Diese Vorgaben sind durch die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19 Epidemie (Art. 4 und Anhang) geregelt. Verbindliche Rahmen- und Musterschutzkonzepte gibt es nicht mehr, Branchen und Verbände können diese jedoch als Hilfestellung zur Verfügung stellen. Die Betreiber resp. Veranstalter sind weiterhin verpflichtet, ein Schutzkonzept zu erarbeiten und umzusetzen. Informationen zu den Schutzkonzepten finden Sie auch auf der Webseite des SECO.

In allen Situationen: Personen mit Krankheitssymptomen sollen zu Hause bleiben und sich testen lassen.

 

Folgende Vorgaben gelten:

  1. Das Schutzkonzept muss Massnahmen zur Hygiene (z. B. Möglichkeit zum Händewaschen oder Händedesinfektion, regelmässige Reinigung von Oberflächen) und zur Einhaltung eines Abstands von mindestens 1,5 Metern vorsehen.
  2. Falls der Abstand nicht eingehalten werden kann, müssen geeignete Schutzmassnahmen, wie das Tragen einer Hygienemaske oder Trennwände, umgesetzt werden.
  3. Falls sowohl der Abstand wie auch die Schutzmassnahmen nicht eingehalten werden können, müssen die Betreiber resp. Veranstalter Kontaktdaten der anwesenden Personen aufnehmen. Wird eine Person positiv auf das neue Coronavirus getestet, ist dadurch sichergestellt, dass sämtliche engen Kontakte dieser Person rückverfolgt werden können (Contact Tracing). Dabei müssen Betreiber resp. Veranstalter folgendes einhalten:
    - Information der anwesenden Personen zur Erhebung und Verwendungszweck der Kontaktdaten
    - Auf Anfrage: Weiterleitung der Kontaktdaten an die kantonalen Behörden
    - Aufbewahrung der Kontaktdaten während 14 Tagen und anschliessende Vernichtung der Daten
  4. Im Schutzkonzept wird eine Person bezeichnet, die für die Umsetzung des Konzepts verantwortlich ist und den Kontakt zu den kantonalen Behörden pflegt.

Ausführliche Informationen zu den Vorgaben für Schutzkonzepte, zur Erhebung von Kontaktdaten und zu den besonderen Massnahmen beim Aufeinandertreffen von mehr als 300 Personen finden Sie im Anhang der Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie.

 

Hauptverantwortlich für die Umsetzung der Schutzkonzepte sind die Betriebe, Einrichtungen, Schulen oder Veranstalter selbst. Weder Bund noch Kantone genehmigen sie. Die Aufsicht über die Umsetzung der Schutzkonzepte sowie sporadische Kontrollen obliegen den Kantonen.

Die Vorgaben für Schutzkonzepte können sich je nach Situation ändern. Informieren Sie sich regelmässig, ob Ihr Schutzkonzept den aktuellen Vorgaben entspricht.

 

Quelle:

  • SRF
  • BAG - https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pandemien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/empfehlungen-fuer-die-arbeitswelt.html

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