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Neue Art der Schweinegrippe mit Pandemiepotenzial

Den Wissenschaftlern zufolge waren bereits 10,4 Prozent der Schweinehalter mit dem neuen Virus infiziert.
Den Wissenschaftlern zufolge waren bereits 10,4 Prozent der Schweinehalter mit dem neuen Virus infiziert.

DMZ – INTERNATIONAL ¦ GESUNDHEIT ¦ AA ¦

 

In China haben Forscherinnen und Forscher eine neue Art der Schweinegrippe entdeckt, die eine Pandemie auslösen könnte. Das Virus mit dem Namen G4 besitze „alle wesentlichen Eigenschaften, um Menschen infizieren zu können“, schreiben sie in einer Studie. 

In einer Studie entdecken sie dieses neue Virus bei Schweinen, das besonders aggressiv und ansteckend ist. 

 

Grippe-Spezialisten warnen vor einem neuen Influenza-Stamm mit Pandemie-Potential. Nicht zum ersten Mal. Das hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, auch lange nach dem kurzen Aufflackern der Schweinegrippe-Pandemie vor elf Jahren. Die neue Warnung jedoch dürfte viele ins Mark treffen, denn sie kommt mitten in der ungelösten Coronavirus-Pandemie und der Debatte um seuchenanfällige Massentierbetriebe zu einem denkbar ungünstigsten Moment. „Der G4-Genotyp der Schweinegrippe-Reassortanten besitzt inzwischen alle entscheidenden Merkmale, das es zu einem Kanidaten für eine Influenza-Pandemie macht“, schreibt eine Gruppe chinesischer Influenza-Forscher in den „PNAS“, der publizistischen Bühne der amerikanischen Nationalen Wissenschaftsakademien – ein weltweit bedeutendes und vor allem auch breit wahrgenommenes Wissenschaftsmagazin.

 

Das Virus mit dem Namen G4 besitze "alle wesentlichen Eigenschaften, um Menschen infizieren zu können", schrieben die Forscher mehrerer chinesischer Universitäten und des chinesischen Zentrums für Krankheitsbekämpfung und -prävention in Artikeln in der US-Fachzeitschrift PNAS. G4 stamme vom H1N1-Virus ab, das 2009 die Schweinegrippe-Pandemie auslöste. Für die in der US-Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlichte Studie nahmen Forscher mehrerer chinesischer Universitäten und des chinesischen Zentrums für Krankheitsbekämpfung und -prävention zwischen 2011 bis 2018 rund 30.000 Nasenabstriche von Schweinen in Schlachthöfen in zehn chinesischen Provinzen. Dabei konnten 179 verschiedene Schweinegrippe-Viren isoliert werden. Die meisten davon waren von einer neuen Art, die seit 2016 vermehrt bei Schweinen auftritt.

 

Für die Studie nahmen Forscher zwischen 2011 bis 2018 30.000 Nasenabstriche von Schweinen in Schlachthöfen in zehn chinesischen Provinzen. Dabei konnten 179 verschiedene Schweinegrippe-Viren isoliert werden konnten. Die meisten davon waren von einer neuen Art, die seit 2016 vermehrt bei Schweinen auftritt.

Anschliessend führten die Forscher unter anderem Experimente an Frettchen durch, auf die in Grippestudien zurückgegriffen wird, weil sie ähnliche Symptome wie Menschen aufweisen. Dabei wurde beobachtet, dass G4 hochinfektiös ist, sich in menschlichen Zellen vermehrt und bei den Frettchen schwerwiegendere Symptome verursacht als andere Viren.

Tests zeigten auch, dass jegliche Immunität, die Menschen durch die saisonale Grippe gewinnen, keinen Schutz vor G4 bietet. Den Wissenschaftlern zufolge waren bereits 10,4 Prozent der Schweinehalter infiziert. Auch 4,4 Prozent der Bevölkerung seien dem Virus ausgesetzt gewesen, wie die Forscher durch Antikörpertests herausfanden.

 

Sars-CoV-2 und die Grippe gleichzeitig im Umlauf, wohlgemerkt: eine gewöhnliche Influenza – schon dieses Szenario gilt den Seuchenexperten als „der perfekte Sturm“. Für den kommenden Herbst und Winter wäre das ein realistisches Szenario – Intensivstationen kämen womöglich  schnell ans Limit. Aber ein veritables Pandemie-Influenzavirus und das neue Coronavirus zusammen? Noch ist es nicht soweit. Und vielleicht wird es auch gar nicht dazu kommen, bis tatsächlich Corona-Impfungen verfügbar sind. Zweifellos aber liefert die Studie der chinesischen Virologen um Honglei Sun, die von Veterinärmedizinern aus Peking und dem Frühwarnzentrum der chinesischen Wissenschaftsakademie vorgenommen wurde,  wenige beruhigende Erkenntnisse. In mindestens zehn chinesischen Provinzen, in denen man die dort massenhaft gezüchteten Schweine und Schweinefabrikarbeiter auf Influenzaviren hin stichprobenartig seit 2011 untersucht hat, hat sich seit 2013 ein neuer, für Menschen infektiöser Influenzavirus-A-Typ etabliert: G4.

 

Die Hauptsorge der Wissenschaftler ist, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Es sei besorgniserregend, dass sich das Virus an den Menschen anpasse und sich damit das Risiko einer Pandemie beim Menschen erhöht, schrieben die Forscher.

Die Studie sei "eine Erinnerung daran, dass wir ständig dem Risiko des erneuten Auftretens zoonotischer Krankheitserreger ausgesetzt sind und dass Nutztiere, mit denen der Mensch mehr Kontakt hat als mit Wildtieren, als Quelle für wichtige Pandemieviren dienen können", sagte James Wood, Leiter der Abteilung für Veterinärmedizin an der Universität Cambridge in Großbritannien. Eine zoonotische Infektion wird durch einen Erreger verursacht, der von einem Tier auf einen Menschen übergesprungen ist.

 

Auffallend offensiver Alarm

Ein Zehntel der Arbeiter in Schweinefabriken soll bereits Kontakt zum Virus gehabt haben. Zwischen 2016 und 2019 haben sich insbesondere in den Massentierfarmen viele Menschen mit dieser besonderen Influenza-Variante angesteckt.  Aktuellere Daten aus 2020 werden nicht geliefert. Das zumindest lässt etwas hoffen. Der spezielle Virusstamm, Genotyp G4, war auch schon anderen Wissenschaftlern in den Labors aufgefallen, und auch diese Analysen liegen schon zwei, drei Jahre zurück. Das spricht zumindest dafür, dass offenbar eine ganz unmittelbare Pandemiegefahr noch nicht besteht. Trotzdem alarmieren die chinesischen Experten auffallend offensiv.

 

Quelle:

  • ntv.de
  • https://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1921186117
  • https://www.webmd.com/cold-and-flu/flu-guide/h1n1-flu-virus-swine-flu

 


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