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Armasuisse gibt 250 Millionen Steuergelder aus für Drohnen, die nichts taugen

Armeedrohne Hermes 900 HFE (CC BY-SA 3.0)
Armeedrohne Hermes 900 HFE (CC BY-SA 3.0)

DMZ – POLITIK ¦ David Aebischer ¦

 

Schon oft sah sich die Armasuisse heftiger Kritik ausgesetzt, zurecht. Einmal war es eine IT-Lösung an der jahrelang gearbeitet wurde und Millionen verschlang, aber nie zum Einsatz kam. Oder die Armasuisse liess Rumäninnen Militärstiefel für die Schweizer Armee herstellen zu einem Hungerlohn. Letzthin gab es Kritik wegen der Ausschreibung zur Beschaffung von Holzschnitzeln für Holzenergieanlagen in militärischen BautenIm 2019 testete die Rüstungsbeschafferin Armasuisse die fünf Kampfflugzeug-Kandidaten je zwei Wochen lang – am Boden sowie an vier Flugtagen in der Luft für rund 30 Millionen. Aktuell läuft die Beschaffung der neuen Flugzeuge mehr schlecht als recht und zudem absolut unnötig, schenkt man den Gegnern Glauben. Glaubenssachen sind Liebessachen, es gibt keine Gründe dafür oder dagegen. Diese Liste kann man um einige Absurditäten weiterführen. Derweil hungern in der Schweiz Menschen, das Sozialsystem ist Abbruch, das Gesundheitssystem eine riesige Baustelle, der Kindesschutz (Kesb) ein Fehlschlag, IV, AHV usw. glänzen nur im negativen Sinne. Auch diese Liste lässt sich fast beliebig weiterführen. Es hapert an mancher Stelle.

 

Jet-Tests 2019

Die fünf Kampfflugzeug-Kandidaten wurden im 2019 je zwei Wochen lang getestet. Der Aufwand dafür war enorm: Alle Hersteller schickten ein Heer von Mitarbeitern nach Payerne VD. 30 Millionen Franken für die Jet-Tests. Die Kritik kam im Fluge! Eine unnötige Breite der Evaluation. 

 

Armasuisse wegen Holzbeschaffung in der Kritik

Derzeit läuft eine öffentliche Ausschreibung von armasuisse zur Beschaffung von Holzschnitzeln für Holzenergieanlagen in militärischen Bauten. Die Waldwirtschaft hat keine Freude daran: Sie moniert, hiesiges Holz werde dabei klar benachteiligt. Wie steht es um das Ressourcenbewusstsein der Schweizer Armee beim Thema Wald und Holz?

Es sei zudem unterlassen worden die anfallenden Transportwege in einem Zuschlagskriterium konkret zu bewerten.

 

Der neuste Glanzpunkt - 250 Millionen Steuergelder für nicht funktionierende Drohnen

Lapidar heisst es - bei der Armee stehen zurzeit keine Aufklärungsdrohnen im Einsatz, weil sich die Inbetriebnahme der neu beschafften Armeedrohne des Typs Hermes 900 HFE verzögert. Probleme macht unter anderem das Sensorsystem, welches unbegleitete Drohnenflüge ermöglichen soll. Also sind die Drohnen aktuell unbrauchbar. Ein Höhepunkt in der Geschichte der Armasuisse. Auch ein Tiefpunkt erreicht seinen Höhepunkt. Die Drohnen wurden bereits im 2015 beschafft!

Damals mussten die Flügel der Drohne wegen Problemen mit dem Schwerpunkt anders positioniert und zudem je um ungefähr 90 Zentimeter verbreitert werden. Sie erhielten auch ein neues Profil. Das war die Folge davon, dass die Schweizer Armee die sechs "neuen" israelischen Drohnen des Typs Hermes 900, die sie wie gesagt für 250 Millionen Franken gekauft hatte, bzw. kauft, mit Diesel betreiben will. Die Motoren dafür sind fast doppelt so schwer wie die im hergebrachten System benutzten Antriebe, die mit Flugbenzin funktionieren.

 

Aktuell steht das "Sense&Avoid"-Systeme (SAA) noch nicht zur Verfügung

Dies bestätigte das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) einen Bericht der "NZZ am Sonntag". Teilsysteme des SAA sollen voraussichtlich 2021 eingeführt werden.

Der Aufwand für die Zertifizierung des Aufklärungsdrohnensystems 15 (ADS 15) durch die israelische Zulassungsbehörde nehme mehr Zeit in Anspruch als geplant. Der Eidgenossenschaft entstehen laut Armasuisse keine zusätzliche Kosten, wenn die Verzögerung durch den Hersteller verursacht wurde. Für Verzögerungen welche nicht aus der Corona-Pandemie entstanden seien, komme die Konventionalstrafe zur Anwendung.

 

Beschaffung eines nicht serienreifen Drohnenmodells 

Die Schweizer Armee ist laut Beschaffungsprüfung der Erstkunde des Drohnensystems Hermes 900 HFE. Diese neue Generation der Drohne decke gemeinsam mit dem SAA die Bedürfnisse der Armee an das System ADS 15 ab. Aufgrund eines leistungsfähigeren Dieselmotors, besserer Aufklärungssensorik und dem Notfallschirm fielen die Kosten für das System Hermes 900 HFE gegenüber dem Vorgänger Hermes 900 höher aus. 

 

Damit ADS 15 uneingeschränkt und ohne Begleitflugzeug im Schweizer Luftraum eingesetzt werden könne, müsse die Drohne mit einem SAA-System ausgerüstet sein. International gebe es bis heute kein zertifiziertes SAA für Drohnen dieser Kategorie, weshalb dieses System von Grund auf von der RUAG und Elbit entwickelt werde.

 

Ein Teil der Entwicklung des Hermes 900 HFE – inzwischen auch unter dem Namen Hermes 900 Starliner vertrieben – wurde durch den Schweizer Staat entsprechend mitgetragen. Der Hersteller profitiere damit doppelt: von der Kostenbeteiligung an der Entwicklung sowie von einem allfälligen Weiterverkauf des neuen Drohnensystems. Falls Elbit das System Hermes 900 HFE inkl. SAA an weitere Kunden verkaufen könne, sei vertragliche Rückvergütungen an die Eidgenossenschaft vorgesehen. Vorgesehen!

 

Enteisungssystem (wurde bei der Beschaffung vergessen)

Über Kosten wegen Anpassungen, wie zum Beispiel erhöhte Zertifizierungsanforderungen an das Enteisungssystem, werde zwischen den Parteien verhandelt. Wegen der klimatischen Bedingungen muss in der Schweiz im Gegensatz zu Israel ein Einteisungssystem zum Einsatz kommen. Die Höhe des benötigten Zusatzkredites für das Enteisungssystems werde verhandelt und 2021 beantragt, schreibt Armasuisse.

 

Mit der Ausserdienststellung der Drohne ADS 95 Ranger im November 2019 verfügt die Schweizer Armee deshalb bis zur Einführung des Nachfolgemodells nicht über Drohnen. Zum Einsatz kommen bei der Grenzwache momentan Helikopter.

 

Finanzkontrolle empfahl Nachbesserungen namentlich beim Schutz vor Cyberattacken

Auch Rüstungsbotschaften sollten zudem künftig Varianten und Alternativen kritischer betrachten. Armasuisse sieht derweil keinen Handlungsbedarf, was die IT-Sicherheit betrifft.

 

Letztlich war die Beschaffung der israelischen Drohnen nicht unbestritten. 2015 war dagegen eine Petition mit über 28'000 Unterschriften eingereicht worden, auch im Parlament gab es kritische Stimmen. Mit dieser Petition forderte eine Koalition zahlreicher politischer Organisationen, dass das Verteidigungsdepartement auf den Kauf der sechs israelischen Drohnen verzichtet. Die militärische Zusammenarbeit mit lsrael stehe im Widerspruch zu den besonderen Verpflichtungen, welche die Schweiz als Depositär- und Vertragsstaat der Genfer Konventionen habe, hielt die Koalition fest, die sich mit vollem Namen "Boykott - Desinvestition - Sanktionen gegen Israel bis zum Ende von Apartheid und Besatzung in Palästina" nannte.

Bei der Entwicklung und den Tests der Hermes-900-Drohne sei das internationale Völkerrecht verletzt worden: Die Entwicklung des israelischen Rüstungsunternehmens ELBIT sei während des letzten Gazakrieges (2014) eingesetzt worden, als auch Spitäler, Schulen und Gebäude der UNO zerstört worden waren.

 

Die sechs je neun Meter langen Drohnen des Systems Hermes 900 HFE mit einer Flügelspannweite von 17 Metern sollen das Aufklärungsdrohnensystem aus dem Jahr 1995 ablösen. Schon bei dem Aufklärungsdrohnensysteme 95 gab es eine massive Ablieferungsverzögerung. Auch eine Frequenzänderung war notwendig. Pleiten, Pech und Pannen bei der Armasuisse. Die Einführung der Aufklärungsdrohnensysteme 95 bei der Luftwaffe verzögerte sich, weil Mängel an Software und Anwenderdokumentation behoben werden mussten. Zusätzliche Schwierigkeiten entstanden durch die geplante internationale Einführung von Mobiltelefonen der dritten Generation ab 2002. Da diese teilweise die gleichen Frequenzen (!!!) wie die Aufklärungsdrohnensysteme der Schweizer Armee benutzten, wurden Änderungen an den Drohnensystemen nötig. Alles Probleme, die man bereits im Vorfeld des Kaufs hätte berücksichtigen müssen. 

Das Parlament bewilligte für die Beschaffung der vier Aufklärungsdrohnensysteme 95 im Rüstungsprogramm 95 damals einen Kredit von 350 Millionen. 

 

Damals wie heute eine Katastrophe. Einmal mehr teures Spielzeug, wenn es denn gar einmal abhebt...

 

 

Quelle:

  • NZZ - https://nzzas.nzz.ch/schweiz/armeedrohne-schon-wieder-probleme-entdeckt-ld.1565937?reduced=true 
  • https://www.efk.admin.ch/images/stories/efk_dokumente/publikationen/_sicherheit_und_umwelt/verteidigung_und_armee/18352/18352BE_Endgueltige_Fassung_V04.pdf
  • https://www.isb.admin.ch/dam/isb/de/dokumente/ikt-vorgaben/strategien/ncs/Nationale_Strategie_Schutz_Schweiz_vor_Cyber-Risiken_NCS_2018-22_DE.pdf.download.pdf/Nationale_Strategie_Schutz_Schweiz_vor_Cyber-Risiken_NCS_2018-22_DE.pdf
  • https://www.nytimes.com/2014/07/18/opinion/gaza-and-israel-the-road-to-war-paved-by-the-west.html?_r=0

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