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Schweden - Das abschreckende Corona-Beispiel - So viele Todesfälle wie zuletzt vor 150 Jahren!

DMZ – INTERNATIONAL / WISSENSCHAFT ¦ Redaktion ¦

 

Schweden geht in der Coronakrise einen Sonderweg. Dessen Ziel es offenbar ist, Herdenimmunität zu erreichen. Schwedische Forscher sahen das Land schon auf einem guten Weg dahin. Doch unabhängig voneinander wurden nun zwei Studien wegen schwerwiegender Fehler zurückgezogen.

Immer wenn es ja darum ging, schnell Lockerungen durchzusetzen oder Sperren erst gar nicht zu verhängen, wurde Schweden mit dem sehr lockerem Umgang mit Corona als Paradebeispiel genannt. Wie gut doch alles trotz des "Weiterlaufens" des öffentlichen Lebens gehen würde, man brauche gar keine Einschränkungen. Ein ganz schlechtes Beispiel, welches man schnellstens vergessen sollte. Schweden hat rund 10.3 Millionen Einwohner und hat derzeit 18'177 Infektionen bei 2192 Toten. Eine viel höhere Todesrate als die Nachbarländer. Genesen sind 550. Dies schrieben wir bereits am 25. April.

 

Noch zuvor, am 7. April 2020, berichteten wir bereits "Kritik an Schwedens Corona-Strategie - Regierung räumt Fehler ein" (https://www.mittellaendische.ch/2020/04/07/kritik-an-schwedens-corona-strategie-regierung-r%C3%A4umt-fehler-ein/#gsc.tab=0)

 

Weitere Berichte folgten in regelmässigen Abständen, besser wurde es in Schweden nie:

 

Nun die bisher schlimmste Meldung aus Schweden

Schweden hat in der ersten Hälfte des Jahres so viele Todesfälle verzeichnet wie seit 150 Jahren nicht mehr. Bis Ende Juni starben rund 4.500 Menschen an Covid-19. Insgesamt gab es 51.405 Todesfälle, wie die Statistikbehörde mitteilte. Das ist mehr als in jedem Jahr seit 1869. Damals starben unter anderem wegen einer Hungersnot 55.431 Menschen. Schweden hatte im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie deutlich weniger Kontaktbeschränkungen erlassen als viele andere europäische Staaten.

Bis 13. August 2020 wurde in Schweden Covid-19 bei 83.852 Patienten festgestellt, 2.538 Patienten wurden auf einer Intensivstation betreut und 5.776 Infizierte verstarben.

 

Wie sieht es in Schweden tatsächlich aus Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner aus? Wir machen uns auf die Suche. Fündig werden wir u.a. mit der FB-Gruppe Schwedenforum

Über all diese Fakten wird auch gerne im "Schwedenforum" diskutiert. Eine FB-Gruppe (2600 Mitglieder) nennt sich Schwedenforum - Schweden findet man darin allerdings kaum, dafür sehr viele emotionale und empathielose Kommentare. Es scheint ein Teil einer Aluhutfraktion hier ihr Unwesen zu treiben und verbreitet mit Vorliebe Fake-News und sagt sogar, dass Schweden kein Problem habe. Mit ein paar tausend Toten sei dies kein Problem. Diese Gruppe kann also nicht empfohlen werden, wenn man sich sachlich und faktenbasiert informieren will. Leider findet man ausser Anfeindungen und skurrilen Verschwörungstheorien kaum inhaltlich wertvolle Informationen. Weder über Schweden, noch den aktuellen Stand in Schweden. Im Gegenteil. Vieles wird rigoros verleugnet.

 

Viel besser eignet sich dazu die Seite www.visitsweden.de. Hier findet man alle Informationen zur Ein- und Ausreise und jeweils aktuelle auch die Covid-19 Situation und Regeln. 

Reisen von einem anderen EU-Land (wie Deutschland und Österreich), einem Teil des EWR, Großbritanniens und aus der Schweiz nach Schweden sind möglich. Ein Transit über Dänemark ist für Urlauber möglich, die nach Schweden wollen. Für genaue Bestimmungen lies die Seite der dänischen Polizei. Bis zum 31. August 2020 besteht allerdings ein vorübergehendes Einreiseverbot in die EU über Schweden für nicht notwendige Reisen. Weitere Informationen findet man auf der FAQ-Seite der schwedischen Regierung.

Schweden hat keine Quarantänepflicht für Reisende. 

 

 

Das Leben in Schweden

  • Im Allgemeinen haben viele Unternehmen in Schweden geöffnet, es gilt jedoch das Prinzip der physischen Distanzierung, und alle Unternehmen müssen Vorkehrungen treffen, um das Risiko der Verbreitung von Covid-19 zu verringern
  • Restaurants, Bars und Cafés dürfen geöffnet haben, wenn die neuen Bestimmungen eingehalten werden (Bedienung am Platz, angepasste Sitzplätze, Take-away usw.).
  • Die meisten Geschäfte sind geöffnet, haben jedoch möglicherweise eingeschränkte Öffnungszeiten.
  • Viele Museen sind geöffnet
  • Einige Kinos und Theater haben geöffnet 
  • Öffentliche Verkehrsmittel sind in Betrieb, können jedoch eingeschränkt verkehren. Bitte überprüfe das regional unterschiedliche Angebot und befolge die Richtlinien für Inlandsreisen und öffentliche Verkehrsmittel.
  • Das Tragen von Gesichtsmasken in Geschäften oder öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht vorgeschrieben.
  • Nationalparks sind geöffnet. Weitere Informationen findest du auf der Website der schwedischen Nationalparks.
  • Weitere Informationen darüber, was physische Distanzierung bedeutet und welche Massnahmen zu ergreifen sind, findest du auf der Covid-19-Seite des schwedischen Gesundheitsamtes.

Schwedische Forscher kritisieren: "Keine Strategie, kein Trend"

Knapp 2.000 Wissenschaftler haben die schwedische Regierung zuletzt in einem Brief zum Umdenken aufgefordert. Unter ihnen ist Bo Lundbäck, Professor für klinische Epidemiologie von Lungenerkrankungen in Göteborg. Er hält die hohen Todeszahlen für inakzeptabel und den Preis, den Schweden im Corona-Kampf bezahlt, für zu hoch.

Weil es immer noch Hunderte neuer Ansteckungen täglich gebe, forderte Lundbäck die Schliessung aller Schulen und einen besseren Schutz des Personals in den Altersheimen. „Wir in Schweden glauben, wir sind besser als die anderen und müssen nicht auf die WHO hören. Das ist dumm“, sagte Lundbäck.

 

Krasse Fehler

Staatsepidemiologe Anders Tegnell – der als Architekt von Schwedens Sonderweg in der Corona-Pandemie gilt – gestand sogleich Fehler ein. Ihm zufolge habe man schlicht "eine falsche Variable verwendet". Diese habe "eine andere Variable erhöht, um den vorgegebenen Richtwert von zweieinhalb Prozent Durchseuchung zu treffen", erklärte Tegnell laut "Tagesschau".

 

Es blieb nicht bei diesem einen Fauxpas. Ein weiterer Irrtum passierte ausgerechnet einer von Europas grössten und angesehensten medizinischen Universitäten: dem Karolinska-Institut.

Forscher des Instituts und der Karolinska-Universitätsklinik zogen am Donnerstag eine auch international viel beachtete Studie zurück. Die Autoren hatten darin behauptet, dass sich schon mindestens 11 Prozent und – unter Einbeziehung eines Korrekturfaktors – eventuell sogar bis zu 30 Prozent aller Schweden mit dem Coronavirus angesteckt hätten und damit immun sein könnten.

Am Donnerstag begründete der klinische Mikrobiologe Jan Albert, einer der an der Studie beteiligten Wissenschaftler, den Rückzug beim schwedischen TV-Sender SVT damit, dass er "nicht überzeugt" von den Ergebnissen sei. Wie die "Tagesschau" berichtet, sei eine Verwechslung von Proben nicht auszuschliessen.

 

Die schwedische Regierung gibt der Bevölkerung nur Hinweise, wie sie sich verhalten soll, um eine Verbreitung des Virus zu bremsen. Die Aufforderungen sind aber dieselben wie in anderen Ländern: Bleibt zu Hause, haltet Abstand und wascht die Hände.

 

Corona: Sterberate in Schweden viel höher als in Deutschland

Die Philosophie der Freiwilligkeit steht zunehmend unter Druck. Denn die Zahlen widersprechen dem Eindruck vom schwedischen Erfolgsmodell. Am Freitagmittag wies die Johns-Hopkins-Universität für Schweden 2192 Todesopfer auf – bei einer Gesamtbevölkerung von 10,3 Millionen.

Zum Vergleich: Für Deutschland wurden 5.575 Todesopfer gemeldet – bei achtmal so vielen Einwohnern wie in Schweden.

Schwedens Sonderweg in der Bekämpfung des Coronavirus fordert einen hohen Preis. In keinem anderen skandinavischen Land gibt es sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Bevölkerungszahl so viele Corona-Tote.

 

 

 

Quellen:


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Kommentare: 1 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    ►Game○ver◄ (Montag, 24 August 2020 18:43)

    Diese Schlagzeile ist zwar reisserisch, aber eben nicht mehr, denn sie verbirgt eine wesentliche Tatsache. Man hätte genauso gut schreiben können "Schweden 2019 - So wenig Todesfälle wie zuletzt vor 150 Jahren".

    Schweden hatte bis Ende Juni 2015, also im gleichen, in diesem Artikel zitierten Zeitraum 50'432 Todesfälle, also lediglich 973 weniger als dieses Jahr. Nur so als Beispiel, um die ach so gravierende Zahl von 51'405 erst mal etwas zu relativieren. Im Durchschnitt der letzten 5 Jahre (2015-2019) waren es 48'521 Todesfälle.

    ABER, nun kommt die Realität. Im Jahr 2019 hatte Schweden eben tatsächlich eine extrem unterdurchschnittliche Sterblichkeit, nämlich nur 45'402, also über 3000 weniger als normal und sogar über 5000 weniger als im Jahr 2015.

    Eine derartige "Untersterblichkeit", welche sich über das ganze Jahr 2019 und das erste Quartal 2020 noch weiter manifestierte, ist ganz klar eine tickende Zeitbombe, wo jedes aufkommende Virus eine Lawine von Todesfällen auslösen MUSS. Alles andere wäre ein Wunder. Der mitunter höchste Altersdurchschnitt von 86 Jahren bei den Corona Sterbefällen ist ein weiteres Indiz für diese "verspätete" Todeswelle.

    In Zahlen betrachtet:
    Der Durchschnitt der ersten Halbjahre von 2015 und 2016 beträgt 49'218 Todesfälle
    Der Durchschnitt der ersten Halbjahre von 2017 und 2018 beträgt 49'110 Todesfälle
    Der Durchschnitt der ersten Halbjahre von 2019 und 2020 beträgt 48'404 Todesfälle

    Mit einfachen Worten zusammengefasst, Schweden hatte nur deshalb rekordhohe Sterbezahlen, weil es im Vorjahr rekordtiefe Sterbezahlen waren. Corona (hätte auch eine Influenza sein können) hat lediglich die Balance einigermassen wieder hergestellt, denn trotz der angeblich hohen Zahl an Coronatoten, wurden nicht einmal die Werte der oben aufgeführten beiden Vorjahresperioden erreicht.

    Gemessen von Januar 2019 bis zum heutigen Tag, hat Schweden eine kumulierte unterdurchschnittliche Sterberate von ca. MINUS 2'000 zum Durchschnitt der letzten 5 Jahre.
    In den gleichen Perioden 2015/16 und 2017/18 hatte Schweden eine kumulierte überdurchschnittliche Sterberate von ca. PLUS 2'000.

    Ganz kurz ausgedrückt, und als Vorschlag für eine nächste Schlagzeile, kann man also sagen:
    IN SCHWEDEN IST ALLES MEHR ALS IM GRÜNEN BEREICH.

    Kleines Update: Bis und mit 16. August 2020 starben in Schweden genau gleich viele Menschen wie im Jahr 2015 bis zum 17. August. Es liegt also noch lediglich 1 Tag zwischen den beiden Jahren, was ca. 200 Sterbefällen entspricht, und nicht mehr 973 wie ende Juni. Bis zum Monatsende dürfte auch diese Differenz noch ausgeglichen oder gar unterboten werden und damit wird erneut das Jahr 2015 den Rekord der letzten 5 Jahre halten, da Schweden seit ende Juni wieder deutlich unterdurchschnittliche Todesraten verzeichnet.

    Quelle der Zahlen: Schwedisches Bundesamt für Statistik

    Anmerkung: Alle Zahlen sind populationsbereinigt, dh. die Zahlen aus früheren Jahren wurden in meinen Rechnungen bereits auf die Bevölkerungszahl von 2020 angepasst.