Literaturtage Zofingen widmen sich der Schweiz

Ein Teil des Projekt-Teams beim Anstoßen auf das Programm 2020
Ein Teil des Projekt-Teams beim Anstoßen auf das Programm 2020

DMZ – KULTUR ¦ Urs Heinz Aerni ¦

 

Zwar ohne das geplante Gastland Kanada aber dafür mit einem Füllhorn an literarischen Leckerbissen aus Schweizer Schreibstuben und Verlagen präsentieren die Veranstalterin das Programm 2020.

Trotz allem, die Literaturtage Zofingen finden statt, vom 23. bis 25. Oktober 2020. Auch wenn der Gastauftritt von Kanada in Frankfurt und in Zofingen aus mittlerweile allzu bekannten Gründen verschoben wurde, hat sich das Team um Programmleiterin Julia Knapp und Präsidentin Sabine Schirle entschieden, dem literarischen Schaffen Tür und Tor zu öffnen. Mit einem anderen Programmschwerpunkt.

 

Kultureller Heimaturlaub

Als alles still stand vom März bis Mai, ohne Lesungen und mit geschlossenen Buchhandlungen und Bibliotheken, entfielen für zahlreiche Frühlingsnovitäten die öffentliche und mediale Wahrnehmung. Die Leidtragenden sind Schreibende und ihre Verlage. Ohne die Zusammenarbeit zwischen Autorinnen und Autoren und guten Verlagen mit seriösem Lektorat und professionellem Vertrieb, hätte es die Leserin und der Leser schwer, Bücher zu entdecken, die unterhalten, weiterbilden und Horizonte erweitern.

 

«Und genau hier setzen wir ein,» erklärt Julia Knapp, die zum ersten Mal das Programm in Zofingen gestaltet, «wie viele mussten auf ihren Urlaub im Ausland im Corona-bedingten Ausnahmejahr 2020 verzichten und verbrachten deshalb ihre schönste Zeit des Jahres im eigenen Land. Das tun wir nun ebenso mit einem schweizerischen Programm.» So soll diese Literatur-Ausgabe dem heimischen Schaffen gewidmet sein. «Mit Themen, die uns alle, egal, woher wir kommen, täglich beschäftigen» erklärt die Programmleiterin und verweist auf ein Programm, das sich sehen lassen kann.

 

Vom Gwätt über Furna und Sansibar zur Frage über Leben und Tod

Auch das Programm 2020 zeigt ein Wechselspiel zwischen Kulturdisziplinen und Themen, die nicht nur zwischen Buchdeckeln passen. Was bereits die Eröffnung am 23. Oktober um 18 Uhr bestätigen wird, an der die Autorin und «schnellste Bernerin», Stefanie Grob am Text, Sibylle Aeberli am Sound sein werden.

Verlag: Der gesunde Menschenversand, Luzern

 

Apropos Sound: Unverkennbar ist die sprachliche Musik der aus dem Val Lumnezia stammenden Leontina Lergier-Caviezel, die ihr Buch «Hinter dem Gwätt» vorstellt, das nun im Deutschen vorliegt und im Original den audiogenen Titel trägt «Davos ils migrins».

Verlag: Die Brotsuppe, Biel

 

Was passiert, wenn auf einmal eine fremde junge Frau aus dem Vorarlberg in der Türe von Anton Marxer mit seiner gelähmten Frau steht, irgendwo in einem Bündner Tal? Und dies, während im Zweiten Weltkrieg nicht nur die große Welt aus den Fugen gerät, sondern jetzt noch diejenige von Anton. Davon erzählt der Berner Thomas Röthlisberger in seinem aktuellen Buch «Das Licht hinter den Bergen».

Verlag: Edition Bücherlese, Luzern

 

Der Dramatiker, Philosoph und Autor, Lukas Linder lebt in Basel und in Lodz. Er stellt in seinem Roman «Der Unvollendete» fest, dass das Leben das zu sein scheint, was man statt seiner Träume bekommt. Zu diesem Schluss könnte jedenfalls seine Figur Anatol kommen.

Verlag: Kein & Aber, Zürich

 

Ausleben kann auch anders verstanden werden. Wie möchte man sterben und kann mit dem Tod Frieden geschlossen werden? Die in Basel lebende Journalistin Mena Kost, stellte für Ihr Buch «Ausleben» fünfzehn Menschen über 80 diese und andere Fragen. Fotografisch und auf subtile Art eingefangen durch Annette Bouteiller, die aus dem Appenzell anreisen wird und auch schon den Gesamtbundesrat ablichtete.

Verlag: Christian Merian, Basel

 

«In der Heimat meines Vaters riecht die Erde wieder nach Himmel» ist der Titel des Buches aus der Feder von Samira El-Maawi. Warum wollen der zehnjährigen Icherzählerin immer alle an die Haare fassen? Warum entgleitet ihrem Vater aus Sansibar die Schweiz als neue Heimat immer mehr? Berührender Lesestoff mit großem Debatten-Potenzial!

Verlag: Zytglogge Verlag, Basel

 

Wenn das gelebte Leben zur Literatur wird

Er ist ein Meister, der gelungene oder misslungene aber wahre Lebensentwürfe dergestalt dokumentiert, dass sich der Lesende in einem unglaublichen Roman wähnt. Willi Wottreng schreibt seit Jahrzehnten im Zürcher «Chreis Cheib» für Medien wie NZZ am Sonntag Nachrufe und von Leben wie den Geldfälscher Farinet oder die Milionärin Lydia Welti-Escher. Hier in Zofingen stellt Wottreng sein neuestes Werk vor: «Jenische Reise»

Verlag: Bilger, Zürich

 

Hat sich tatsächlich viel verändert, seit der Einführung des Frauenstimmrechts vor 50 Jahren im Alltag als Frau? Unter dem augenzwinkernden Titel «Gruß aus der Küche» präsentieren die Journalistinnen Rita Jost und Heidi Kronenberg ihr lesenswertes Buch, in dem sie 30 Frauen zwischen 28 und 80 über ihren Alltag zu Wort kommen lassen. Ein Text draus stammt auch von Esther Pauchard, die nicht nur durch Kriminalromane bekannt ist, sondern als Fachärztin für Psychiatrie voll und ganz in der Alltagsrealität steht und hier in Zofingen mitdiskutieren wird.

Verlag: Rotpunktverlag, Zürich

 

«Performance» ist in Mode und klingt besser als «Darstellung» oder «Leistung», oder? Das tun diese Kulturschaffenden zwischen Lesung und Bühne-Action. Die Rede ist einmal von Christoph Schneeberger, der auf vielen Hochzeiten gerne tanzt und sein Buch «Neon Pink & Blue» von Ursi Anna Aeschbacher designen ließ. Und dem Duo X Noëme & Steela Diamond, das Spoken Word mit Musik fusioniert.

Verlag: Die Brotsuppe, Biel

 

Wer am Sonntag nicht zum Gottesdienst muss aber doch die Geschichte der «Illegalen Pfarrerin» hören möchte, darf sich auf die Lesung und das Gespräch mit der Autorin und Ex-Redakteurin von SRF2 Kultur, Christina Caprez, freuen, die von einer lebenshungrigen Frau berichtet, die vom Bündner Bergdorf Furna zur ersten Pfarrerin gewählt wurde. Das war 1931, wohlverstanden.

Verlag: Limmat Verlag, Zürich

 

«Ein absolut überraschendes Buch, das zum Interessantesten gehört, das in den letzten Jahren aus der italienischen Schweiz publiziert wurde.» Das erklärte eine Jury und übergab Fabio Andina den Terra Nova Preis 2019. «Tage mit Felice» ist der Titel des Buches, das uns lesend in ein Tessiner Bergdorf bringen lässt, mit seinen letzten Kühen, den Geheimnissen eines alten Mannes im Zeitgeist der technischen Revolution.

Verlag: Rotpunktverlag, Zürich

 

Usama Al Shahmani übersetzte «Fräulein Stark» von Thomas Hürlimann ins Arabische, lebt mit seiner Familie in der Ostschweiz und beglückte Kritik wie Leserschaft mit seinem ersten Roman «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch». Nun liegt sein zweites Buch vor mit ebenso einem vielversprechenden Titel: «Im Fallen lernt die Feder fliegen». Flucht, Exil und die Mühsal der kollidierenden Kulturen betreffen jede und jeden von uns.

Verlag: Limmat Verlag, Zürich

 

Und zum guten Schluss weht doch noch eine kanadische Brise durch das Programm 2020, mit Éric Plamondon. Der in Québec gebürtige Autor veröffentlichte bisher sechs Romane und wird hier in Zofingen den Roman «Taqawan» vorstellen, in der alles mit einer Razzia mit Übergriffen am 11. Juni 1981 beginnt und in die Suche nach dem Geburtsort mündet, so wie es die Lachse Kanadas tun.

Verlag: Lenos, Basel

 

Illustre Namen für bunte Debatten

Den Verantwortlichen ist es auch gelungen, versierte und namhafte Persönlichkeiten für die Moderationen und Podien einzuladen, die für lebendige und anregende Gespräche garantieren:

  • Jacqueline Aerne, Übersetzerin, Vorstandsmitglied Literarischer Club Zürich
  • Urs Heinz Aerni, freischaffender Journalist, Kulturvermittler und Autor
  • Ursi Anna Aeschbacher, Verlegerin Die Brotsuppe
  • Katharina Altas, Literaturagentin
  • Eric Facon, Journalist und Moderator SRF
  • Jacqeline Joss, freischaffende Übersetzerin und Dolmetscherin
  • Hanspeter Müller-Drossaart, Schauspieler, Autor und Jurymitglied Solothurner Literaturpreis
  • Yvonne Oesch, Schauspielerin und Vorstandsmitglied Kleine Bühne Zofingen
  • Tanja Pete, Geschäftsführerin der CH-Stiftung
  • Chasper Pult,Kulturvermittler und Übersetzer
  • Raphaela Sabel, freischaffende Redakteurin und Moderatorin
  • Monika Schärer, Journalistin und Moderatorin SRF
  • Claudio Spescha, Literaturkommission der CH-Reihe
  • Nicola Steiner, Gastgeberin «Literaturclub» SRF und Jurymitglied Solothurner Literaturpreis

Laut den Verantwortlichen der Literaturtage, wird dafür gesorgt werden, dass alle Richtlinien und Auflagen zum Schutz der Gesundheit aller, eingehalten werden aber mit dem Versprechen, dass das gewohnte gesellige Ambiente dabei nicht verloren gehen wird.

 

Weitere Informationen zu den Literaturtagen Zofingen:

www.literaturtagezofingen.ch

www.facebook.com/literaturtagezofingen


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