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Wirbel um Naturheilmittel: Swissmedic prüft möglichen Werbeverstoss

DMZ – GESETZ / RECHT ¦ MM ¦

 

Nach falschen Berichten über das Naturheilprodukt "Echinaforce" als mögliches "Wundermittel" gegen das Coronavirus hat die Schweizer Arzneiaufsicht Swissmedic Abklärungen an die Hand genommen. Sie prüft, ob um das Präparat verbotene Publikumswerbung betrieben wurde. Was viele bereits in Kommentaren als Verdacht platzierten scheint sich nun als Treffer zu erhärten.

 

Gemäss der Aufsichtsbehörde könnte eine verbotene Publikumswerbung für ein nicht zugelassenes Anwendungsgebiet eines Arzneimittels vorliegen. Details gab Swissmedic nicht bekannt. Generell darf bei Arzneimitteln beim Publikum nur in Bezug auf die vom Heilmittelinstitut genehmigten Anwendungsmöglichkeiten geworben werden.

 

Am Montag hatten Medien eine Studie des Labors Spiez bekannt gemacht, gemäss der das pflanzliche Arzneimittel "Echinaforce" der Thurgauer Firma A. Vogel im Labor gegen Coronaviren hilft. Das Naturheilmittel aus Extrakten des Roten Sonnenhuts wurde bislang verkauft, weil es im Allgemeinen Abwehrkräfte stärken und gegen Erkältungen vorbeugen soll.

 

Über die Unwirksamkeit haben wir bereits vor Tagen berichtet.

 

Wirkung im menschlichen Körper offen

Die Forscher stellten fest, dass "Echinaforce" im Reagenzglas eine abtötende Wirkung auf die Coronaviren hat. Gemäss der Spiezer Studie ist aber völlig offen, ob der Stoff auch im menschlichen Körper wirkt. Medien berichteten, dass nach Bekanntwerden der Studie in Apotheken die Nachfrage nach "Echinaforce" stark gestiegen sei. Einzelne Apotheken rationierten daraufhin offenbar den Verkauf.

Der Swissmedic-Sprecher erklärte, dass die wissenschaftliche Publikation des Labors Spiez im Fachblatt "Virology Journal" vom 9. September zu falschen Interpretationen geführt habe. Nach Medienberichten sei vor allem in Sozialen Medien undifferenziert darüber berichtet worden. Dies habe bei Konsumenten zu einem Ansturm auf "Echinaforce"-Präparate und illegalen Angeboten auf Online-Plattformen geführt.

Aus der Laborstudie liessen sich wissenschaftlich keine medizinischen Schlüsse ziehen, sagte der Sprecher weiter. Präparate mit "Echinaforce" auf Vorrat zu kaufen sei nicht angebracht. Swissmedic sei zudem seit Anfang Woche zusammen mit Plattformbetreibern und den Kantonen aktiv, um illegale Verkaufsangebote zum Schutz der Konsumenten zu löschen.

 

Eine falsche Schlussfolgerung - Hilft nicht bei Coronavirus

Das Naturheilmittel der Thurgauer Firma A. Vogel wird aus Extrakten des Roten Sonnenhuts hergestellt und ist in Tabletten- und Tropfenform erhältlich. Die Firma entwickelt und produziert pflanzliche Arzneimittel (Phytopharmaka), Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel aus Frischpflanzen. Es soll die Abwehrkräfte stärken und vorbeugend gegen Erkältungen wirken. Nicht nur Experten, darunter auch Virologen, sondern auch Olivier Engler reiben sich aktuell die Augen über die Medienmitteilungen des Tages. Dass das Medikament teilweise ausverkauft ist, überrascht den Virologen sehr. Die Untersuchung des Labor Spiez zeige lediglich eine Wirkung im Labor und in einer künstlichen Umgebung. Auch die Vermutung, dass Echinaforce beim Coronavirus helfen würde, weil es auch bei Erkältungskrankheiten hilft, sei eine falsche Schlussfolgerung. 

 

Die Wirkung von Echinaforce bei Sars-CoV-2 wurde nur in-vitro belegt, nicht im Körper. In der Petrischale hat eine bestimmte hohe Konzentration des Wirkstoffs zum 100-prozentigen Abtöten der Coronaviren geführt. Die Forscher haben auch untersucht, was passiert, wenn die Viren schon in den Zellen sind. "Dann hat der Wirkstoff praktisch nichts mehr gebracht", sagt Werner Albrich. Ein Effekt war nur mit sehr hohen Dosen erreichbar und das nur in geringem Ausmass. Man weiss nicht, ob Echinaforce in den handelsüblichen Dosierungen eine Wirkung auf die Heilung von Covid-19 hat.  

Olivier Engler wird noch deutlicher und sagt, dass es bei Atemwegserkrankungen nämlich sehr unterschiedlich sei, und man könne nicht von der Wirkung von Echinaforce auf Erkältungskrankheiten auf das Coronavirus schliessen. Wenn man an Covid-19 erkrankt ist und auf ein solches Medikament setzen würde, wäre das fahrlässig.

 

Es ist in solchen Fällen wichtig immer erst auch zuzuwarten, bis sich auch seriöse Quellen dazu geäussert haben, damit man sich aufgrund der Fakten dann entsprechend verhalten kann. Es macht nach wie vor keinen Sinn Hamsterkäufe zu tätigen. So haben beispielsweise weder WC-Papier, Ravioli noch diese Pflanzentinktur eine Pandemie bremsen können. Grundsätzlich lohnt es sich generell zuerst zu überlegen und erst dann zu handeln.


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