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Wegen Maskenpflicht: Gewerbeverband reklamiert Umsatzrückgang beim Solothurner Gewerbe

DMZ – ARBEITSWELT / WIRTSCHAFT ¦ Walter Fürst ¦

 

Rund einen Monat nach Einführung der Maskenpflicht in Solothurner Läden fordert der kantonale Gewerbeverband ein umgehendes Ende. Der Kanton reagierte so auf die steigenden Neuansteckungen in den vergangenen Wochen und den schweizweiten Trend der Fallzahlen nach oben. Bisher gilt eine solche Maskenpflicht auch in den Kantonen Freiburg, Basel-Stadt, Zürich, Genf, Waadt, Neuenburg, Jura und ab Montag auch im Wallis.

 

Umfrage

Über 80 Prozent der Läden verzeichneten seit dem 3. September 2020 einen Umsatzverlust – dies hat eine Umfrage des Verbandes ergeben, bei der rund 260 Geschäfte teilnahmen. Bei jedem dritten Geschäft beträgt der Rückgang gemäss Angaben 20 Prozent und mehr.

 

Rund zwei Drittel der Geschäfte kompensieren laut Umfrage die Einbussen mit reduziertem Personaleinsatz oder gar einem Abbau von Personal (15 Prozent). Der Kanton Solothurn sei eine Insel mit vielen Randregionen, umgeben von Kantonen ohne Maskenpflicht, die Kunden würden auf Geschäfte in anderen Kantonen ausweichen, schreibt der Gewerbeverband weiter.

 

Wir wollten es genauer wissen und hakten nach

Andreas Gasche, Geschäftsführer des Kantonal-Solothurnischer Gewerbeverbandes präzisierte: "Unsere Resultate basieren auf einer Umfrage, die bei über 3‘500 Gewerbebetrieben lanciert wurde. Wenn ein Gewerbebetrieb keine öffentlich zugänglichen Verkaufsräume hatte, dann wurde er aus der Umfrage entlassen. Wir gehen davon aus, dass mit 262 teilnehmenden Geschäften etwa 10% bis 15% der angefragten Geschäfte geantwortet haben. Eine Zusammenfassung der Umfrage finden Sie beiliegend (siehe unten). Eine Zusammenfassung deshalb, weil wir bei einigen Fragen nach Lösungen und persönlichen Meinungen gefragt haben. Diese meist über 100 Antworten haben wir aus dem Papier entfernt."

 

Walter Fürst: Es könnte der Eindruck entstehen, aus der Art von Kommunikation Ihres Verbandes, dass Sie die Wirtschaft über Menschenleben stellen?! Wie kommt es dazu?

Andreas Gasche: "=> Wir sind ein Wirtschaftsverband und beurteilen daher die Frage in erster Linie aus wirtschaftlicher Sicht. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Massnahmen. So gilt nach wie vor Hände waschen, Hände desinfizieren und Abstand halten. Viele Geschäfte lassen auch immer noch nur eine beschränkte Anzahl Leute in den Laden. Tatsache ist aber auch, und das wird von Virologen des BAG immer wieder wiederholt: Die Läden sind nicht der Ansteckungsort. Die engere und weitere Familie sowie der Ausgang sind die Ansteckungsorte. Wieso muss in einem Laden mit öffentlich zugänglichem Verkaufsraum eine Maske getragen werden. In einem Restaurant gilt keine Maskenpflicht und in Dienstleistungsbetrieben (Versicherungen, Banken, etc.) gilt selbst bei Verkaufsgesprächen keine Maskenpflicht (Lösung Kanton Solothurn). Wieso sind die Zahlen im Kanton Aargau sinkend (keine Maskenpflicht in Läden) und im Kanton Solothurn leicht steigend (mit Maskenpflicht)? Unsere Schlussfolgerung: Weil die öffentlich zugänglichen Verkaufsräume kein Ansteckungsort sind."

 

Walter Fürst: Wie erklären Sie sich den Umstand, dass die Stadt Solothurn schweizweit die einzige zu sein scheint, die mit solchen Problemen zu kämpfen hat?

Andreas Gasche: "=> Dies Behauptung ist quatsch. Erstens reden wir vom ganzen Kanton Solothurn und nicht von der Stadt Solothurn. Zweitens klagen auch die Läden in Basel und Zürich über eine Abwanderung von Kunden in benachbarte Kantone ohne Maskenpflicht. Wir wehren uns auch gegen die Insellösung Kanton Solothurn. Unser Kanton ist umgeben von Kantonen, welche die Maskenpflicht nicht kennen. Wenn Sie die Form unseres Kantons studieren, dann wissen Sie, was das für den Detailhandel in unserem Kanton heisst. Man ist überall im Kanton Solothurn innerhalb von ein paar Minuten in einem anderen Kanton.

 

<Es gibt übrigens eine verschwindend kleine Minderheit von Leuten, die sich im streng reglementierten Kanton Solothurn wohler fühlen, als in ihrem Kanton und deshalb für ihre Einkäufe ein Solothurner Geschäft aufsuchen. Dies wurde rund 5mal erwähnt in unserer Umfrage. Aber was nützen 10 abgewanderte Kunden bei einem zugewanderten Kunden?>"

 

Walter Fürst: Ist der Rückgang, falls effektiv vorhanden, nicht eher dem Lockdown zu verdanken?

Andreas Gasche: "=> Wir haben explizit nach den Auswirkungen seit dem 3. September 2020 gefragt. Der Lockdown hat Spuren hinterlassen und wir wehren uns nun gegen Massnahmen, die erneut Spuren hinterlassen. Das wird zu einem Aderlass führen."

 

Walter Fürst: Wie beurteilen Sie den Schutz der Mund-Nasenmasken?

Andreas Gasche: "=> Ich persönlich ziehe die Maske dort an, wo es notwendig und vorgeschrieben ist. Ich ziehe sie in einem Konzert oder bei einer Theateraufführung auch schon einmal die ganze Aufführung über an, weil in der ersten Reihe die Tröpfchenverteilung wahrscheinlicher ist als in den hinteren Reihen. Die Maske kann sicher über eine gewisse Zeit schützen. Dann muss sie aber auch entsprechen gepflegt oder entsorgt werden. Da zweifle ich bei vielen Leuten. Einfach eine gebrauchte Maske aus dem Sacke ziehen und in einen Laden verschwinden, das nützt wenig bis gar nichts."

 

Die Gesundheitsdirektorin Susanne Schaffner sagt: "Wir schauen die Gesamtsituation an, nicht einzelne Tage. Deshalb haben wir die Maskenpflicht verfügt". Ab 1. Oktober seien zudem Grossveranstaltungen wieder erlaubt, die ein Risiko für Ansteckungen darstellten. Und die Menschen seien «sorgloser» geworden, gerade in den Läden, hat Schaffner beobachtet.

 

Wie sinnvoll ist die Maskenpflicht in Läden? 

Die Experten sind sich heute einig: Die Maskenpflicht ist sinnvoll an Orten, an denen der Abstand nicht eingehalten werden kann, und das ist in Läden immer wieder der Fall. Die Maske verhindert vor allem, dass angesteckte Menschen infektiöse Partikel verstreuen. Und sie schützt wohl auch die Träger von Masken, wenn auch in begrenztem Mass. Maskentragen ist leicht, schnell machbar und relativ günstig. Aber man darf keine Wunder erwarten: Es ist eine von vielen Massnahmen, um die Ansteckungsketten des Coronavirus zu unterbrechen. Zudem schützt es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei einem Ausfall viel höhere Kosten verursachen würden, als ein Umsatzrückgang, der sich wohl aktuell in einem einstelligen Prozentbereich befinden dürfte. Wobei auch andere Faktoren eine grosse Rolle spielen können.

 

Welche Auswirkungen hat das Maskentragen? 

Die Zürcher Behörden begründen die Einführung der Masken in Läden auch damit, dass die Bevölkerung damit sensibilisiert werde. Das spielt eine gewisse Rolle, weil das Virus für viele letztlich etwas Virtuelles ist. Man kennt nicht unbedingt jemanden, der angesteckt wurde. Man liest zwar von Fällen, aber man erlebt es nicht unbedingt selbst. Aber wenn man die Masken um sich herum sieht und auch eine trägt, dann wird man daran erinnert: Das Virus ist noch da.

 

Welche Rolle spielen Läden bei der Virusverbreitung? 

Die Hinweise sind deutlich, dass viele Ansteckungen in Innenräumen stattfinden. Es spielt eine grosse Rolle, wie gut durchlüftet diese Räume sind. In schlecht belüfteten Räumen können infektiöse Aerosole sehr lange in der Luft hängen bleiben, zum Teil für Stunden. Und es gibt Hinweise, dass ungeeignete Lüftungen, die infektiöse Partikel zum Beispiel in eine Richtung blasen, zu Ansteckungen führen können. Das heisst, wie gefährlich ein bestimmter Laden ist, kann sehr unterschiedlich sein. Aber Masken können solche Gefahren verringern.

 

 

 

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Experiment Maskenpflicht beenden!
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Umfrageergebnisse: Maskenpflicht in Einkaufsläden und Einkaufszentren
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Maskenpflicht Kanton Solothurn

Seit seit dem 3. September 2020 gilt die Maskenpflicht im Kanton Solothurn auch in Einkaufsläden und Einkaufszentren. Konkret bedeutet dies:

  • In öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einkaufsläden und Einkaufszentren ist das Tragen einer Gesichtsmaske für sämtliche Personen obligatorisch.
  • In den Besucherpassagen von Einkaufszentren, die nicht zu einem bestimmten Einkaufsladen oder Dienstleistungsbetrieb gehören, müssen sämtliche Personen eine Maske tragen (z.B. bei der Durchquerung der allgemeinen Besucherpassage bis zum Eintritt in ein Restaurant).

Hier gilt die Maskenpflicht

Als Einkaufsläden gelten beispielsweise:

  • Lebensmittelläden (inklusive Bäckereien, Metzgereien, Weinhändler, etc.)
  • Schuh- und Kleiderläden
  • Sportartikelläden
  • Blumenläden
  • Buchhandlungen
  • Bau- und Gartenfachmärkte
  • Möbelgeschäfte
  • Apotheken, Drogerien und Läden für medizinische Hilfsmittel (z.B. Brillen und Linsen, Hörgeräte)
  • Tankstellenshops
  • Verkaufsstellen von Telekommunikationsunternehmen

Hier gilt die Maskenpflicht nicht

  • Einkaufsläden, bei denen sich die Kundinnen und Kunden ausschliesslich im Freien aufhalten. Unter diese Kategorie fallen beispielsweise Wochenmärkte und Kioske.
  • Dienstleistungsbetriebe (z.B. Poststellen, Banken, Reisebüros)

Keine Maske tragen müssen

  • Kinder vor ihrem 12. Geburtstag,
  • Personen, die aus besonderen Gründen keine Gesichtsmasken tragen können (z.B. Gesichtsverletzungen, hohe Atemnot, Angstzustand beim Tragen einer Gesichtsmaske). Dabei ist ein Arztzeugnis zwingend.
  • Mitarbeitende im Kundenkontakt, sofern diese durch eine Trennscheibe (z.B. Plexiglas) oder eine gleichwertige Schutzvorrichtung geschützt sind.

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