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Soziale Netzwerke und psychische Gesundheit – von Gefahren und Klischees

DMZ - DIGITAL / TECHNIK ¦

Patricia Jungo ¦

#mittellaendische ¦

 

Die zunehmende Beliebtheit von sozialen Netzwerken ist unbestritten; dies vor allem auch bei Jugendlichen. Instagram, Snapchat & Co. haben Hochkonjunktur. Gefahren werden in Familien und Schulen offen gelegt und diskutiert. An Studien, Berichten sowie Forschungsresultaten fehlt es nicht. Beziehungen knüpfen, sich austauschen und teilen: Was sich früher auf dem Pausenplatz abspielte, wird heute von der Mehrheit der Jugendlichen auf sozialen Netzwerken erlebt. Die Jugendlichen besitzen fast alle ein Handy und dieses prägt ihren Alltag. Die Nutzungsdauer hat in den letzten Jahren ebenfalls zugenommen und bei Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren beträgt sie bereits über 3 Stunden täglich (James-Studie). Diese Zahlen bereiten sehr vielen Eltern und Erziehern Sorgen und die Frage, ob soziale Netzwerke die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen können, beschäftigt sie überaus. Sind die Jagd nach Likes und die zunehmende Selbstdarstellung wirklich so bedenklich? Verändert sich die Psyche, wenn Teenies ständig online vernetzt sind? Auch darüber liegen diverse Berichte von Medienexperten vor. Sie schaffen etwas mehr Klarheit über die Gefahren und räumen aber auch mit gewissen Klischees auf. Die Erkenntnis, dass es in der Adoleszenz immer wichtiger wird, sich an Gleichaltrigen zu orientieren, ist nichts Neues. Das Motiv für die rege Aktivität auf den sozialen Netzwerken bleibt vor allem der Wunsch „dazuzugehören“, auf dem Laufenden zu sein und positive Reaktionen zu erhalten. Im Vergleich zu früher ist diese „Bühne“ vom Pausenplatz auf die sozialen Netzwerke verlagert. In der virtuellen Welt weiss man sehr rasch, was ankommt, was nicht. Das Leben anderer zu beobachten und auch sich selbst darzustellen, ist primär nichts Negatives. Es ist auch nicht nachgewiesen, dass Jugendliche dadurch narzisstisch werden. Es handelt sich bei dieser Annahme eher um eine Pauschalisierung, ein Klischee. Es ist klar, dass Jugendliche, die bereits narzisstisch veranlagt sind, auf den sozialen Netzwerken ihre Selbstverliebtheit ideal ausleben können. (Dies gilt in gleichem Masse für die Erwachsenen!). Die Behauptung in der virtuellen Welt sei ein echtes Gefühl der Zugehörigkeit nicht möglich, scheint nicht die absolute Wahrheit zu sein. Wenn ein User in einer Community eine Frage stellt und viele Ideen und sinnvolle Antworten zurückbekommt oder Such- und Sammelaktionen organisiert werden, kann dies durchaus als Abbild wirklicher Dynamiken gesehen werden. Jugendliche, die auf den Netzwerken aktiv mitmachen und nicht eine passive Rolle innehaben, scheinen sich eher verbunden zu fühlen. Eine ernstzunehmende Gefahr bei intensiver Nutzung von sozialen Netzwerken ist hingegen der Druck, der auf die Jugendlichen entstehen kann, wenn sie permanent Angst haben, etwas zu verpassen und nicht mehr dazuzugehören. Schaffen es selbstbewusste Jugendliche gut, sich von diesem Druck abzugrenzen, können Teenies mit einem tiefen Selbstwert massiv darunter leiden. Jeder reagiert auch hier einfach anders. Auch wenn die Jugendlichen sich vor allem auf eine Jagd auf Likes begeben, kann dies belastend für die jugendliche Psyche sein. Der wichtigste Teil des Tages besteht dann darin, das Profil möglichst vorteilhaft zu aktualisieren, um möglichst viele Likes zu erhaschen. Das Gefühl, glücklich und beliebt zu sein, wird dann an deren Anzahl gemessen. Wenn dann verzweifelt daran gearbeitet wird, diesem Glücksgefühl ständig hinterherzujagen, ist der Weg in die Sucht nicht mehr weit. Helfen kann in diesen Situationen auch gute Aufklärung in Familien und Schulen, was die Mechanismen im Hintergrund der sozialen Netzwerke betrifft (z.B. algorithmischer Zufall…). Die Eltern können ihre Sorge teilweise „mildern“, indem sie immer wieder mit den Jugendlichen über die sozialen Netzwerke, deren Risiken und Chancen austauschen; dies idealerweise, bevor sie das neuste Smartphone bekommen. Die eigene Medienkompetenz ist also gefragt und angesichts der kontinuierlich neuen Anwendungen, die auf den Markt kommen, haben weder Eltern, Schulen noch Jugendliche jemals ausgelernt. Daneben ist natürlich das Vorbild der Eltern wie in allen Lebensbereichen ein grundlegender Pfeiler. Beruhigend ist die Tatsache, dass die Jugendlichen auch heute die gleichen Bedürfnisse in ihrer Entwicklungsphase haben wie früher und auch der Pausenplatz lässt sich definitiv nicht vom Thron stossen. 

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