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Covid-19 - Lage in der Schweiz viel dramatischer als angenommen

Martin Ackermann (Screenshot SRF)
Martin Ackermann (Screenshot SRF)

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN / POLITIK ¦

 

Stefan Kuster, Leiter Übertragbare Krankheiten, Bundesamt für Gesundheit (BAG), eröffnet die Medienkonferenz. Er erläutert die aktuellen Corona-Zahlen in der Schweiz. "Wir haben einen deutlichen Anstieg. Die Fallzahlen haben sich diese Woche mehr als verdoppelt." Der Anstieg gehe exponentiell weiter, das zeige sich auch an der Reproduktionszahl. Sie sei aktuell bei 1.6. Nach wie vor seien alle Altersklassen betroffen. "Der Anstieg ist überall, manche Kantone sind stärker betroffen als andere."

 

Aktuell am Freitag habe man die gleichen Zahlen wie letzte Woche, aber: "Es fehlen noch drei Tage." Man habe mittlerweile höhere Fallzahlen als alle umliegenden Länder.

 

Auch Martin Ackermann sagt an der heutigen Medienkonferenz unmissverständlich, dass die aktuellen Massnahmen bei weitem nicht genügen.

 

Erik Jakob: Härtefälle werden in den Kantonen beurteilt

In einigen Kantonen werden gewisse Wirtschaftsbereiche wieder eingeschränkt. Wer wird diese Kosten bezahlen, möchte eine Journalistin wissen. «Im Covid-Gesetz kommen die Härtefälle zum Tragen, die Kantone haben jeweils den besten Überblick», so Jakob. Die jeweiligen Fälle würden vor Ort beurteilt werden. Gewisse Fälle seien Kandidaten für die Härtefall-Regelung: Veranstaltungsbereich, Reisebüros, Tourismus, etc. «Diese Bereiche leiden.»

 

Keine Schätzung zur Dunkelziffer möglich

Ein Journalist möchte von Herrn Ackermann Informationen bezüglich der Dunkelziffer. «Die Schätzung im Frühjahr war im Bereich von Faktor 10, im Sommer 2-3.» Aktuell sei die Dunkelziffer sicherlich angestiegen, aber eine aktuelle Schätzung habe man nicht.

 

Wie gross ist die Gefahr von Engpässen beim Pflegepersonal?

"Die Anforderungen an Pflegepersonal wächst erheblich. Wir müssen schauen, dass wir nicht in allgemeinen Erschöpfungszustand kommen", warntAndreas Stettbacher, der Bundesdelegierte für den Koordinierten Sanitätsdienst.

Man wisse auch, dass die Belastung besonders für das Personal auf den Intensivstationen besonders hoch sei.

In die Angaben der Bettenkapazitäten, die jeweils veröffentlicht würden, sei das dazu benötigte Personal jeweils mit einberechnet, so Stettbacher weiter.

 

Weiterhin Grossveranstaltungen, was ist davon zu halten?

Grossveranstaltungen sind sehr kritisch, so Ackermann. Vor allem bezüglich der Situationen vor und nach einer Veranstaltung. Auch wenn es gute Schutzkonzepte gebe. Und an dieser Stelle erneut der allgemeine Aufruf von Taskforce-Chef Ackermann: Alle müssten sich nun einschränken.

Hintergrund der Frage ist die Tatsache, dass manche Kantone Grossveranstaltungen weiterhin erlauben, viele andere sie bereits wieder verboten haben.

 

Wieso hat die Schweiz die Nachbarländer überholt?

Martin Ackermann: «Das kältere Wetter hat sicherlich dazu beigetragen.» Auch habe die Effektivität des Contact-Tracings anfangs Herbst durch die hohen Fallzahlen gelitten und zur Beschleunigung beigetragen. Zudem habe die Schweiz im September relativ lockere Massnahmen gehabt, so der Taskforce-Vertreter.

 

Steigende Anzahl Covid-Patienten in den Spitälern

Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD), macht Ausführungen über die Bettenbelegung. Die Zahlen am Freitag, kurz vor 11 Uhr: In der Schweiz habe man 22'239 Akkutbetten, 16'719 seien aktuell belegt, 710 davon seien Covid-Patienten. 5520 Betten habe man noch als Reserve.

«Wenn wir die Entwicklung aktuell anschauen, haben Covid-Patienten auf den Intensivstationen in den letzten fünf Tagen um den Faktor 1.6 zugenommen.»

 

Ackermann: «Wir müssen unsere Kontakte aufs Minimum beschränken»

Die Zahl der Neuansteckungen sei derart hoch, dass die Eindämmungsstrategie nicht mehr richtig funktionieren könne, so Ackermann. «Viele Fälle werden gar nicht mehr entdeckt.» Der Reproduktionswert sei zu hoch. Man müsse die Hälfte der Kontakte vermeiden. Im Fokus würden auch die Veranstalter stehen mit den Grossveranstaltungen, so Ackermann. «Wir müssen unsere Kontakte aufs Minimum beschränken.»

 

Taskforce-Mitglied: «Die Hospitalisierungen verdoppeln sich jede Woche»

Martin Ackermann, Präsident National COVID-19 Science Task Force, erklärt, dass sich seine Vorhersage von 6000 Fällen pro Tag bewahrheitet habe. Er stellt einen Bericht der Taskforce vor: «Die Hospitalisierungen verdoppeln sich jede Woche, auch die Einweisungen in die Intensivstation und auch die Todesfälle verdoppeln sich jede Woche.»

Die Taskforce habe drei Szenarien berechnet: Wenn es bei einer Verdoppelung von einer Woche bleibe, wenn die Verdoppelung auf 10 Tage verlängert werden könnte oder dass sich die Zeit sogar noch verkürzen könnte.

Die Ausbreitung der Epidemie müsse nun gestoppt werden. Die kritische Kapazität auf den Intensivstationen sei in zwei-drei Wochen erreicht. «Alle Massnahmen, welche wir treffen, benötigen mindestens zwei Wochen, bis sich die Wirkung entfaltet.» Man habe keine Zeit mehr.

 

Rudolf Hauri, Vertreter der Kantonsärzte: «Schnelltests werden für sich genommen keine Problemlöser sein.»

Die Anzahl enger und nicht geschützter Kontakte muss wieder eingegrenzt werden, sagt Rudolf Hauri, Vertreter der Kantonsärzte. Bei den hohen Fallzahlen momentan sei klar, dass das Contact Tracing an Grenzen stosse. Es gebe Engpässe, das System habe quasi einen Getriebeschaden. Man sei jedoch stetig daran, das Contact Tracing weiter auszubauen.

Betroffene Personen könnten ausserdem mithelfen und Personen, mit denen sie Kontakt hatten, selbst informieren. Auch die Covid-App könne ihren Teil dazu beitragen. Der Aufruf von Hauri an die Bevölkerung ist deutlich: Jeder kann mithelfen – mit Maske tragen und Händewaschen.

Bezüglich Schnelltests, meint Hauri, dass diese für sich alleine nicht die Lösung sein werden. 


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