Hendrik Streeck fällt auf nächste "These" herein

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ Walter Fürst ¦

KOMMENTAR

Gegenüber der britischen Zeitung „Telegraph“ sprach Michael Levitt von einem „Panikvirus“, der sich unter führenden Politikern der Welt verbreitet habe. Das überstürzte Handeln habe mehr Schaden angerichtet als verhindert. Ein Verschwörungstheoretiker der ersten Stunde. Aussagen übrigens, die die VT-Gemeinde fleissig anführen. Und ausgerechnet der TV-Liebling Hendrik Streek geht einer Theorie des Michael Levitt auf den Leim. Scheinbar ohne nachzudenken postet Streeck den Unsinn gar auf Twitter. Nun sollte auch für den kleinsten Sender mittlerweile klar sein, dass es mehr als nur gefährlich ist, einen Hendrik Streeck weiterhin ungefiltert auf das Publikum loszulassen. Denn auch er scheint nun definitiv zu den Verschwörungstheoretikern übergelaufen zu sein. Denn jemand, der behauptet, es gäbe aktuell kein exponentielles Wachstum mit COVID19, der lügt ganz einfach, oder blickt nicht durch.

Verunsicherung durch Pseudoexperten

Schon im März hatte Levitt behauptet, die Behörden würden die mögliche Zahl der Todesfälle um das Zehn- oder Zwölffache überschätzen. Dass er bereits im April Lügen gestraft wurde, konnte diesen Mann bis heute nicht dazu bewegen zuzugeben, dass er sich irrte. Schlimmer noch, er bringt laufend neue und falsche Thesen an die Öffentlichkeit. Was ist gefährlicher als der Wirklichkeitsverlust auf Querdenker-Demos? All diese Pseudoexperten, die ihr akademisches Ticket für Desinformation missbrauchen. Eine eigentliche Straftat... Wer Fakten verdreht, riskiert Leben. Und doch hat in der Coronakrise etwa das Konzept, mit schnell geposteten, aber noch ungeprüften Preprints dem globalen Forschungstross Feuer zu machen, auch zu einer „Verwahrlosung und Verpöbelung des Diskurses“ geführt. Die Pseudowissenschaftler sind die ersten, die mit triumphierender Geste und beängstigender Willkür den Wissenschaftsprozess unterlaufen. Man kann sie als Verschwörungstheoretiker von höherer akademischer Warte aus bezeichnen. Ein Zustand, den man so nicht mehr dulden darf.

Streeck einmal mehr unglaubwürdig

Leute, die am 14. Oktober noch twittern „Die Herden-Immunität tritt automatisch ein“, sind nicht (mehr) tragbar. Die Verantwortlichen Medien müssen sich nun eingestehen, dass sie auf das falsche Pferd gesetzt haben und mit Streeck einen Wissenschaftler an Bord haben, der augenscheinlich nichts von der Materie zu verstehen scheint oder absichtlich Unfug verbreitet. Oder wie lassen sich all diese Fehlinterpretationen Streecks erklären?

Auch die Aussage Ende September "Wir hatten bislang nie einen exponentiellen Anstieg" war sehr abenteuerlich. "Es gibt keine zweite Welle" war dann ein Schlag ins Gesicht der Wissenschaft. Angesichts von ungebrochen neunzig Prozent Zustimmung in deutschen Repräsentativumfragen zum Coronamanagement, verbietet es sich, die Stimmungsbilder, die das bösartige Geraune auf Twitter liefert, überzubewerten. Dennoch ist solches Geraune Wasser auf die Mühlen der naiven und leichtgläubigen Minderheit und für diese wiederum sehr gefährlich. Für den Vernunftmenschen bedeutet solches Geplärre einfach puren Stress.

Verstörung des Volkes

Das Beispiel von Streeck zeigt, dass auch Pseudoexperten, die pausenlos Unsinn verzapfen,  durchaus auch Leute vom Fach sein können, wie auch der pensionierte Mainzer Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, der Masken für Kindesmisshandlung hält und erst jüngst feststellte, dass es seit Wochen keine neuen Covid-19-Kranken mehr im Land gebe, oder Wolfgang Wodarg, der beängstigend wenig von Fakten hält, werden immer noch x-fach geklickt. Auch der amerikanische Chemie-Nobelpreisträger Michael Levitt, dem Streeck auf den Lein ging, hat sich inzwischen eine fragwürdige Popularität im Netz aufgebaut, wo er sich wie viele der Corona-Aktivisten als Demokratieretter geriert und Alkohol oder Süssigkeiten für zehnmal gefährlicher einstuft als das neue Coronavirus. Noch im Juli prophezeite Levitt seinen Landsleuten sogar, dass „in vier Wochen mit einer Gesamtzahl von 170.000 Toten“ alles „vorbei sein werde“. Seitdem ist in den Vereinigten Staaten kein Tag mehr vergangen, in dem die Zahl der täglichen Covid-19-Opfer unter tausend gerutscht ist, das Virus wütet weiter wie in keinem anderen hochentwickelten Land, und die von Levitt angekündigte Grenze ist mit nun fast 173.000 Toten längst überschritten. Verstörend daran ist, dass es diesen Pseudoexperten offenbar wenig schadet, egal welchen Unsinn sie auf die Leute loslassen. Die Hoffnung der Gefolgschaft solcher Exponenten, kontrafaktisches, „alternatives“ Wissen könnte sich am Ende gegen das wissenschaftliche Kompetenzprinzip durchsetzen lassen, ist zum Glück komplett aussichtslos. Und doch liefert Twitter immer wieder Beispiele, wie diese im Pandemiefall geradezu tödliche Verstörung des Volkes politisch offenbar weiter Fuss fasst. Wissenschaftler, die so agieren machen sich schuldig und müssen unbedingt und bald möglichst abgemahnt werden. Solche Leute sind Gift für die Gesellschaft und haben keine Berechtigung, Legitimation oder Kompetenz, die rechtfertigt, auf das Volk losgelassen zu werden.