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So bin ich trotz Einreiseverbot in die USA eingereist

Mit Spanplatten verbarrikadierte Schaufenster im Zentrum von Washington (Fotó: Lukács Csaba/Magyar Hang)
Mit Spanplatten verbarrikadierte Schaufenster im Zentrum von Washington (Fotó: Lukács Csaba/Magyar Hang)

DMZ – INTERNATIONAL ¦ Csaba Lukács ¦

KOMMENTAR

 

Seit Mitte März, als Donald Trump wegen des neuartigen Coronavirus alle Reisen aus den 26 europäischen Schengen-Staaten in die USA ausgesetzt hatte, ist es für gewöhnlich Sterbliche fast unmöglich, dorthin zu gelangen. Ein gültiges Visum nützt nichts. Ausnahmeregelungen gibt es zwar, dabei muss man aber einen fundierten Grund nennen, warum die Reise im nationalen Interesse der USA wäre und unaufschiebbar sei.

 

Meinen ungarischen Reisepass habe ich mit dem Einreisevisum als Journalist am Montag erhalten mit dem alle Türen öffnenden Vermerk National Interest Exceptions to Presidential Proclamations. mit der Begründung: Coronavirus.

 

Am nächsten Tag bin ich so bald als möglich nach Washington D.C. geflogen. Zwei verschiedene, preislich akzeptable Flugvarianten habe ich von Budapest aus gefunden: KLM-Delta via Amsterdam und Detroit oder Lufthansa-United via Frankfurt. Erstere habe ich gewählt.

Hier halte ich für einen Moment inne. In Friedenszeiten, also vor der Pandemie, wurden täglich mehrere hundert Flüge von der EU in die USA und zurück durchgeführt. Im letzten Winter waren es wöchentlich 2.500 Hin- und Rückflüge und in der Hauptsaison im Sommer sogar 4.000. Ganz neue und auch verlässliche Statistiken habe ich nicht gefunden, es ist aber allgemein bekannt, dass jetzt nur noch ein Bruchteil der Flüge des letzten Winters durchgeführt werden. Im Internet habe ich einen Vergleich gefunden, wonach im Mai 2019 die zur Verfügung stehenden Sitzkapazitäten zwischen den beiden Kontinenten 18.6. Millionen betragen haben. Ein Jahr später waren es noch kaum 1.9 Millionen. Wie viele davon tatsächlich in Anspruch genommen wurden, darüber gibt es keine verlässlichen Angaben. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Es gibt kaum noch Passagiere. Wegen der Infektionsgefahr lassen weder die USA aus der EU noch die EU aus den USA Touristen einreisen.

 

Welche Schäden dadurch für Fluggesellschaften und Wirtschaft entstehen, ist im Augenblick nicht bezifferbar. Laut Angaben der Handelskammer der USA besuchten 2019 19 Millionen Amerikaner Europa und zwischen 15 und 16 Millionen Europäer die USA.

 

Während ich in Amsterdam auf das Einsteigen wartete, kontrollierten gleich drei Uniformierte, ob meine Erlaubnis zur Einreise in die USA in Ordnung und im Computer vermerkt sei, denn niemand darf ins Flugzeug einsteigen, dessen Einreisevisum in die USA nicht hieb und stichfest ist. Mit einem lauten „Ja“ musste ich versichern, dass ich im Flugzeug die ganze Zeit über Maske tragen werde, mit Ausnahme beim Essen und Trinken. Auch die Sitze wurden so eingeteilt, dass der wegen der Pandemie geforderte Abstand zwischen den Reisenden eingehalten wurde. Das war kein Problem, denn es gab kaum Passagiere. In meiner Reihe gab es neun Plätze, davon waren nur zwei belegt.

 

Ich war überrascht, dass während des Fluges keine Einreiseformulare ausgeteilt wurden. Früher musste man sie ausfüllen, mit Angabe der Zieladresse, mit der geplanten Aufenthaltsdauer und man musste sogar auf einem separaten Formular den Inhalt des Gepäcks angeben.

Nie konnte ich so leicht in die Staaten gelangen. 15 Minuten hätte ich eigentlich nach Verlassen der Maschine auf mein Gepäck warten müssen, hätte ich ein Solches beim Check-in abgegeben, deshalb konnte ich sofort den Flughafen verlassen. Kein Fiebermessen, keine Fragen, woher ich komme und ob ich mich krank fühle.

Zu meiner Überraschung waren die Straßen von Washington leer. Nur um das Weiße Haus herum habe ich Menschen gesehen. Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl ist die Stimmung in den USA angespannt. Ich konnte dabei zusehen, wie Ladenbesitzer aus Furcht vor Unruhen ihre Schaufensterscheiben im Zentrum mit Spanplatten verbarrikadieren. Nur vor den Wahllokalen standen viele Schlange, um vorzeitig abstimmen zu können. In den USA gibt es dieses Mal 219 Millionen Wahlberechtigte… am 2. November haben bereits ca 44 Prozent abgestimmt.

 

Csaba Lukács ist freier Journalist in Budapest


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