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Corona-Krise Härtefallverordnung - Vernichtung der Kulturbranche - Teil 2

DMZ – POLITIK / KULTUR ¦ Walter Fürst ¦

KOMMENTAR

 

Der Bundesrat will besonders stark von der Corona-Krise betroffene Unternehmen mit 1 Milliarde Franken unterstützen. Unter dem Strich zahlt der Bund 680 Millionen, die Kantone berappen 320 Millionen Franken. Zumindest, wenn das Parlament in der Wintersession grünes Licht gibt.

Jetzt liegen die Details vor, welche Unternehmen für den Geldsegen in Frage kommen. Der Bundesrat hat die entsprechende Härtefallverordnung am Mittwoch verabschiedet. Diese tritt per 1. Dezember in Kraft. Erneut werden die KMU's abgesägt und bewusst kaputtpolitisiert.

 

Ein Unternehmen muss vor Corona mindestens 100'000 Franken Umsatz erwirtschaftet haben, damit es Härtefallbeiträge beantragen kann. Der Entwurf hatte noch eine Untergrenze von 50'000 Franken vorgesehen. «Mit der Erhöhung soll verhindert werden, dass die knappen administrativen Ressourcen der Kantone für die Abwicklung von Anträgen von Kleinstunternehmen beansprucht werden», heisst es in der Medienmitteilung dazu. Damit ist das Schicksal hunderter Firmen besiegelt worden. Eines der reichsten Länder zerstört ungeniert weiter X Firmen und ganze Branchen.

 

Geld fliesst weiter in Eimer mit Löchern

Die marode und sinnbefreite Tourismusbranche hingegen, die über keinerlei Nachhaltigkeit verfügt und umweltunerträglich ist, wird weiterhin finanziert. Ein Fehler, wie es sich bereits in der Vergangenheit sehr oft erwiesen hat. Diese untragbaren Branche müsste sich endlich neu ausrichten und nicht weiter auf dem Buckel der Steuerzahler sonnen. Auch die Skigebiete, die seit Jahrzehnten vom Steuerzahler leben und Exponenten, die sich Millionen auf ihre Konten scheffelten mit diesem umweltschädigenden Geschäftsmodell, werden weiter als Ausnahme gesehen und dürfen trotz katastrophaler Fallzahlen und bereits über 4500 an Covid-19 Verstorbenen weiterbasteln.

 

Gemäss Gesetz liegt ein potenzieller Härtefall vor, wenn der Jahresumsatz unter 60 Prozent des mehrjährigen Durchschnitts liegt. Im Verordnungsentwurf sah der Bundesrat vor, dass auch Entschädigungen für Kurzarbeit und Covid-Erwerbsersatz zum Umsatz 2020 dazu gerechnet werden müssen, da viele Unternehmen einen Teil der entgangenen Erträge so kompensieren konnten. Diese "Regelung" sorgte ebenfalls für Widerstand. Ändern wird auch dieser Widerstand nichts.

 

Erneut wird Kulturbranche aktiv angegriffen 

Agent und Veranstalter Michael Grossenbacher spricht aus, was viele aus der Branche denken: "Ganz stark Bundesrat! Entschädigung gibt's nur bei Mindestumsatz von 100'000.-? Ich arbeite bei meiner GmbH Teilzeit und komme damit leider nicht ganz auf diesen Umsatz. Damit bleibe ich auf meinem Corona-Umsatzeinbruch von über 60% sitzen. Im Entwurf waren noch 50'000.- drin und die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer hat für eine Untergrenze von gar 30'000.- plädiert!

Und ich Schwachkopf hab im März zuerst auf meine Kurzarbeitsentschädigung verzichtet, weil ich gute Jahre hatte und nicht gleich die hohle Hand machen wollte. Vielleicht muss ich mir mal überlegen, ob ich den Sitz meiner Firma in den Kanton Zug verschiebe oder welche anderen Steueroptimierungsmöglichkeiten ich finde oder mal nachdenken, wie man Einnahmen am Fiskus vorbei einkassieren könnte... Ich bin dermassen sauer, enttäuscht und wütend! Ich kann es grad gar nicht fassen, wie man die kleinen Unternehmen schamlos im Dreck liegen lässt."

 

Bundesunternehmen zahlen sich derweil munter Boni und Vergütungen aus

Die «Rundschau» hat bei 31 bundesnahen Unternehmen nachgefragt: Demnach sehen 20 Unternehmen in der Regel einen Bonus vor und haben mit Ausnahme des Spezialfalls Postauto auch dieses Jahr einen solchen ausbezahlt. Nur ein Unternehmen gibt an, den Bonus zumindest gekürzt zu haben. Fantastisch, wer will denn freiwillig auf etwas verzichten, sollen doch die anderen bluten.

 

Mindestumsatz von 100'000 Franken

Die Erhöhung von 50'000 auch 100'000 Franken sorgt für massive Kritik des Gewerbeverbands. In einer Mitteilung schreibt dieser: «Der Bundesrat vollzieht eine Kehrtwende». Eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer habe nämlich für eine Grenze von 30'000 Franken plädiert. Die neue Grenze «führt de facto zu einem Ausschluss von etwa 50 Prozent der Unternehmen vom Instrument – darunter sind überwiegend Mikrounternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden».

 

Staatliche Beteiligungen: Unternehmen (z.B. Skilifte oder Sesselbahnen im Besitz von Berggemeinden), die zu einem Teil Gemeinden oder Kantonen gehören, oder anders gesagt, seit Jahrzehnten von den Steuerzahlern (mit)finanziert werden, sind anspruchsberechtigt.

 

SRFNews schreibt: "Klar ist: Den Kantonen wird viel Spielraum überlassen. Ein erneuter Flickenteppich und Wettbewerbsverzerrungen sind damit programmiert. Ein Vorbehalt gilt aber noch: Das Parlament muss die Gelder noch absegnen. Eine erste Tranche von 200 Bundes-Millionen soll möglichst rasch fliessen, die restlichen 480 Millionen etwas später.

Jetzt sind aber die Kantone am Drücker. Sie müssen die Verordnung nun in ihren Kantonen umsetzen – auch hier geht es unterschiedlich rasch voran. Wer aufs Tempo drückt, kann schneller Geld verteilen." SVP-Finanzminister Ueli Maurer (69) sagt zudem: «Die Kantone müssen auch mal Nein sagen. Nicht jeder Härtefall verdient die Unterstützung der Steuerzahler.»

 

Cédric Wermuth sagt zu der Härtefallbverordnung auf Facebook: "Entschuldigung, der Bundesrat hebt die Umsatzgrenze ab der ein Unternehmen Covid-Härtefallgelder bekommt von 50'000 auf 100'000 Franken pro Jahr an, weil die Kantone grad nicht so wirklich Lust haben ihren Job zu machen. Hallo, wie bitte?

Das werden wir mit aller Kraft bekämpfen!"

 

Vor eine Woche beschloss der Bundesrat, dass besonders vom Coronavirus betroffene Unternehmen mit der Härtefallregelung unterstützt werden sollen. Für diese Härtefälle ist eine Gesamtsumme von einer Milliarde Franken vorgesehen, die nun leider wieder nicht an den richtigen Ort fliesst.


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