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Alter ohne Gewalt – neue Anlaufstelle

DMZ ¦ SOZIALES ¦ Patricia Jungo ¦

KOMMENTAR

 

In Bern wurde unlängst die Einrichtung „Alter ohne Gewalt“ den Medien vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine neue nationale Anlaufstelle für ältere, von Misshandlung betroffene Menschen. Sie richtet sich ebenfalls an Angehörige, Drittpersonen und Fachleute und wurde von der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter UBA in der Deutschschweiz, Pro Senectute Ticino e Moesano im Tessin und Misox sowie alter ego in der Westschweiz lanciert. Auf der Internetseite www.alterohnegewalt.ch sind Kontakt und Informationen zum Thema in drei Sprachen zu finden.

 

Damit auch rasche Unterstützung, Hilfe und Beratung gewährleistet ist, verbindet die Telefonnummer 0848 00 13 13 je nach Sprachregion des Anrufs zu einer der drei Organisationen. An der Medienkonferenz in Bern hiess es, Misshandlungen an älteren Menschen seien in der Schweiz eine Realität, aber Gewalt sei ein Tabuthema. In unserem Land seien gegen 300‘000 Personen davon betroffen. In vielen Fällen sei häusliche Gewalt ein Ausdruck von Überforderung bei der Pflege Angehöriger.

 

So fänden sehr viele Gewaltsituationen zu Hause, ausgehend von Familienangehörigen statt. Auch in Institutionen gebe es Misshandlung; oft im Zusammenhang mit Problemen wie Personalmangel, Mangel an Weiterbildung oder häufigem Personalwechsel. Aus Scham und Schuldgefühl wagten es Opfer von Misshandlungen nicht, über das Geschehene zu reden und wüssten auch nicht, wo sie Hilfe bekommen könnten. Der Direktor von Pro Senectute Ticino e Moesano, Gabriele Fattorini, führte aus, die nationale Anlaufstelle „Alter ohne Gewalt“ habe zum Ziel, den Kontakt zwischen älteren Personen, ihren Nächsten und allen Betroffenen in der ganzen Schweiz mit Fachorganisationen und Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Recht, Pflege und Versicherung zu schaffen.

 

Die Bevölkerung wurde an einer Fachtagung, mit Flyern, der Internetseite, Bus-/Tramwerbung und Plakaten über die Anlaufstelle in Kenntnis gesetzt und so auf das Thema „Gewalt im Alter“ aufmerksam gemacht. Weiterbildungsangebote aus den Regionen zum Thema würden für die ganze Schweiz angepasst und den Zielgruppen angeboten. Laut Jörg Rickenmann, Koordinator bei alter ego, kann Misshandlung gegen ältere Menschen ganz verschiedene Gesichter haben: Werde sie absichtlich verübt, sei sie Sache von Polizei und Justiz. Oft passiere Misshandlung an älteren Menschen unbeabsichtigt durch Ignoranz der Gemeinschaft, Zeitmangel im Alltagsstress oder fehlende Bildung. Mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft und dem sozio-wirtschaftlichen Kontext steigt das Risiko für Misshandlungen gegen ältere Menschen. In den drei regional tätigen Organisationen wurden 2018 zirka 200 Fälle von Gewaltsituationen gegen ältere Menschen gemeldet. Die nationale Anlaufstelle «Alter ohne Gewalt» soll für eine noch grössere Anzahl Betroffener den unkomplizierten Zugang zu rascher, vertraulicher und fachgerechter Hilfe und Beratung schaffen.

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