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Covid-19 schädigt Gefässe, auch im Gehirn

DMZ – WISSENSCHAFT ¦ Anton Aeberhard ¦

 

Covid-19 ist für Erkrankungen der Atemwege verantwortlich, greift aber auch die Gefässe an und sorgt bei vielen Infizierten auch für neurologische Symptome. Diese reichen vom Verlust des Geruchssinns, über Kopfschmerzen bis hin zu tödlichen Schlaganfällen. Corona greift auch bei Kindern Gefässe und Nieren an - selbst wenn sie nicht krank werden. Forschende in den haben bei Untersuchungen von Gehirnen festgestellt, dass die Hirnschäden mit einer Covid-19-Erkrankung in Verbindung stehen, auch, wenn sie nicht direkt durch eine Infektion mit dem Virus ausgelöst werden.

 

Das Eindringen des Virus in die Riechsinneszellen über die Nasenschleimhaut ist nachgewiesen. Eine Ausbreitung des Virus über diese Nervenzellen in das zentrale Nervensystem wird vermutet. In einigen wenigen Fällen wurde das Auftreten eines Guillain-Barré-Syndroms diagnostiziert, das oft mit Virusinfektionen assoziiert ist. Die Patienten waren PCR-positiv – ein Liquornachweis gelang nicht. In der Bildgebung waren die Cauda equina, sowie der Nervus facialis auffällig darstellbar. Symptomatisch zeigten sich Parästhesien und Paresen bis hin zu motorischen Ausfällen. In einem weiteren Fallbericht wurde eine virusinduzierte Encephalitis auch durch positiven PCR-Nachweis in der Cerebrospinalflüssigkeit bestätigt. 

 

Die Forscher, rund um Avindra Nath, M.D. (US-National Institute of Neurological Disorders Stroke (NINDS) in Bethesda/Maryland), führten postmortale hochauflösende Magnetresonanz-tomographien (Magnetresonanzmikroskopie) des Gehirns von Covid-19 Patienten (Durchschnittsalter 50 Jahre) und eine histopathologische Untersuchung durch, die sich auf mikrovaskuläre Veränderungen des Riechkolbens und des Hirnstamms konzentrierten.

Abnormalitäten wurden im Gehirn von 10 Patienten beobachtet. Die Gehirne von Patienten, die Anomalien zeigten, wurden mittels Multiplex-Fluoreszenzbildgebung (bei 5 Patienten) und mittels chromogener Immunfärbung (bei 10 Patienten) untersucht. Es wurde eine konventionelle histopathologische Untersuchung des Gehirns von 18 Patienten durchgeführt. Vierzehn Patienten hatten chronische Krankheiten, einschliesslich Diabetes und Bluthochdruck, und elf waren tot aufgefunden worden oder plötzlich und unerwartet gestorben. 

 

Die Wissenschaftler konnten erkennen, dass die Schäden durch dünner werdende und undichte Blutgefässe im Gehirn ausgelöst werden. Avindra Nath: "Wir haben festgestellt, dass das Gehirn von Patienten, die sich mit Sars-CoV-2 infizieren, möglicherweise anfällig für mikrovaskuläre Blutgefässschäden ist. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass dies möglicherweise durch die Entzündungsreaktion des Körpers auf das Virus verursacht wird".

Die Magnetresonanzmikroskopie zeigte bei 9 Patienten punktuelle Hyperintensitäten, die Bereiche mit mikrovaskulären Verletzungen und Fibrinogenleckage darstellten. Diese Merkmale wurden bei einer entsprechenden histopathologischen Untersuchung beobachtet, die unter Verwendung der Fluoreszenzbildgebung durchgeführt wurde. Diese Bereiche zeigten eine Ausdünnung der Basallamina der Endothelzellen, wie durch Kollagen IV-Immunfärbung bei 5 Patienten bestimmt.

Die Forscher fanden dabei heraus, dass die hellen Flecken Blutgefässe enthielten, deren Wände dünner als normal waren und in einigen Fällen sogar bestimmte Blutproteine ins Gehirn gelangt waren. Das wiederum führte zu einer Immunreaktion, denn die hellen Flecken waren von T-Zellen aus dem Blut und hirneigenen Immunzellen, den sogenannten Mikroglia, umgeben. Die dunklen Flecken hingegen enthielten geronnenes Blut und undichte Blutgefässe, aber keinerlei Immunantwort. Die Wissenschaftler hatten sich die Regionen Riechkolben und Hirnstämme in den Hirnen ausgesucht, weil es Hinweise darauf gibt, dass sie besonders anfällig für Covid-19 sind. Riechkolben kontrollieren den Geruchssinn, der bei einem grossen Teil von Sars-CoV-2-Infizierten tageweise verloren geht. Hirnstämme sind zuständig für die Kontrolle von Atmung und Herzfrequenz.

"Wir waren total überrascht", sagt Nath, dessen Ergebnisse im Fachmagazin "New England Journal of Medicine" veröffentlicht wurden. Ursprünglich hätten die Forschenden Schäden erwartet, die durch Sauerstoffmangel verursacht wurden. Stattdessen habe man Schäden gesehen, die mit Schlaganfällen und nervenentzündlichen Erkrankungen verbunden seien.

 

 

 

Quellen:

  • nejmc2033369_appendix.pdf
  • https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2033369
  • Meinhardt, J., Radke, J., Dittmayer, C. et al. Olfactory transmucosal SARS-CoV-2 invasion as a port of central nervous system entry in individuals with COVID-19. Nat Neurosci (2020). doi:10.1038/s41593-020-00758-5
  • Gianpaolo Toscano et al.:Guillain–Barré Syndrome Associated with SARS-CoV-2. NEJM, 17. April 2020, doi:10.1056/NEJMc2009191
  • Takeshi Moriguchi et al.: A first case of meningitis/encephalitis associated with SARS-Coronavirus-2. In: International Journal of Infectious Diseases (IJID). Band 94, 25. März 2020, S. 55–58, doi:10.1016/j.ijid.2020.03.062 (englisch).

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