Veras Gedanken im Januar

DMZ – Veras Gedanken ¦ Vera Kaa ¦

Dämmerung

In ein neues Jahr zu treten ist ja auch immer ein symbolischer Akt des Aufbruchs - des Neubeginns. Nach den zähen, lethargischen letzten Wochen in Dezemberdunkelheit, freute ich mich umso mehr, im kleinen Kreis unser schon traditionelles Silvesterfeuer zu zelebrieren, wo wir jeweils das alte Jahr Revue passieren und jede/r für sich eine innere Angelegenheit in die Glut wirft. Wünsche, Hoffnungen, die wenn wir sie benennen, eine Kontur bekommen.

Das Feuer brennt, ein Vulkan wird angezündet- und mit der Wärme des Feuers wird’s wach in mir. Ich springe in den Funkenregen. Loslassen, Aufbruch....wenn nicht jetzt, wann dann?

Neues kommt. Altes vergeht, wie schon durch alle Zeiten, aber ich bin jetzt und in diesem Moment ist`s einfach gut. Nichts muss sofort erreicht, benennt werden.

Und dann kam der Schnee, der uns alle verzaubert hat. Eine Stadt steht still. «Natural Lockdown.» Kinder, Erwachsene am Schlitteln auf der grossen Wiese… mit grösster Hingabe Schneegestalten bauen... jetzt - grad jetzt - und nicht morgen.... Freude pur.

Der so heiss ersehnte Tag der Vereidigung Joe Bidens und Kamala Harris.

Aufbruch....Ich spüre deutlich, wie nie zuvor, wie das Aufatmen von Menschen in der ganzen Welt die Luft beschwingt. Ich sitze vor dem Fernseher, und jede Minute ist mir so wertvoll, die Rede Bidens, in der von „United“ anstatt „we first“ und „great again“ gesprochen wird.

Versöhnung, Aufbruch, Kultur mit Würde, Anmut und Kraft von der blutjungen „Poet Laureate“ Amanda Gorman vorgetragen, auf die Hügel des Capitals, in die Welt gestreut….

Und es wird mir mehr denn je klar, wie verbunden wir alle da draussen sind, wieviel es an uns genagt hat, was die letzten vier Jahre abgegangen ist.

Diese Ruchlosigkeit, in der öffentlich Frauen von einem der schlimmsten Präsidenten der Geschichte diffamiert wurden/ «grab her by the p....».) People of Colour mit tiefstem Hass überschüttet, Mauern hochgezogen, Kinder ihren Müttern entrissen, Hass gegen andere Religionen und Nationalität angeheizt wurden. Fakenews, Lügen ganz offiziell verbreitet wurden, und, und, und, bis zum erbärmlichen Finale am 6. Jan, in der der wütende Mob das Capital stürmte, weil ein einzelner Mann seine Niederlage nicht akzeptieren konnte.

„UNITED“....dieses Motto sollten wir uns in unserem Staat auch wieder mehr zu Herzen nehmen. Wir haben ein Land, viele Meinungen, eine Demokratie, die Verschiedenheit tragen kann. Es liegt doch an uns, anständig miteinander umzugehen, nur an uns.

Biden beschönigte in seiner Antrittsrede nicht, das Schwieriges auf uns zu kommt. Diese Pandemiezeit zeigt uns auch ja gnadenlos, wohin Beschönigungen einer Situation führen. Wohin es uns bringt, wenn wir uns entzweien, dem Hass und seinen miserablen Folgen Raum geben.

Ich versuche, die Aufbruchstimmung die in der Luft liegt, mit einem Gefühl der Versöhnlichkeit einzuatmen. Denn nur, wenn wir einen grossen Schritt aufeinander zugehen, wird es uns gelingen, aus dieser enorm fordernden Zeit rauszukommen mit einem unabdingbaren Grundgedanken der Einigkeit, die andere Meinungen, Ideen, Ansichten einfach auch mal stehn lassen kann. Unser Planet braucht uns mehr denn je in dieser Verbundenheit, denn er ist schwer angeschlagen. Diese Pandemie hat vieles gnadenlos aufgedeckt….

Manche mögen sagen, die Vereidigungsfeier Bidens wäre voller Pathos gewesen. Ich aber glaube, das es uns hier auch mal ganz gut anstehen würde, ein Gemeinschaftsgefühl in und über unsere Berge hinaus zu zelebrieren. “Unity“… und ich zitiere Amanda Gorman:

“The new dawn blooms as we free it.

For there is always light

If only we are brave enough to see it

if only we are brave enough to be it.”