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Das ist kein Bericht, das ist Informationsdiarrhö

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Dirk Specht ¦

KOMMENTAR

 

Der Bericht "Wir sollten ... öffnen" der FAZ ist ein Beispiel, weshalb Journalismus sich so schwer tut, im Medienwandel eine Rolle zu finden, die gebraucht wird und weshalb er in der aktuellen Krise sogar versagt.

 

Der Beitrag ist nach allen herkömmlichen journalistischen Kriterien nicht zu tadeln. Sauber recherchiert, umfassend dieses und jenes zusammengetragen, alle Quellen korrekt aufgeführt. Damit die Klicks ein wenig höher sind, kommt der Streeck mit Bildchen und steiler These auf den Titel. Naja, das drängt sich beim Inhalt nicht unbedingt auf, aber daran haben wir Leser uns gewöhnt.

 

So funktionierte Journalismus mal, als es darum ging, Leser möglichst breit zu informieren, welches Spektrum es zu einem Thema so gibt. Das ist nun inzwischen aber vollkommen überflüssig. Solche braven Berichtsstückchen kann man bei unzähligen Primärquellen und Direktkanälen heute getrost als Zeitdiebstahl bezeichnen.

 

In der Krise kommt hinzu, dass Journalismus hier seine Aufgabe, Hintergründe zu erarbeiten und einzuordnen dringender denn je erreichen sollte. Passiert aber kaum - und das ist eine Chance weniger.

Fast alle größeren Publikationen des Landes haben exzellente Wissenschaftsredaktionen. Fast alle haben Leute an Bord, die zu dem Sammelsurium von diesem und jenem aus diesem Beitrag etwas wissenswertes beizutragen hätten. In fast allen Publikationen lesen wir daher - auch - wirklich gute Beiträge mit Mehrwert.

Aber zu wenig. Die vorhandene Qualität wird geradezu ertränkt in einem Meer an Nichtigkeiten. So wird auch hier der Leser in einer Frage, die so dringend einer Einordnung bedarf, einfach platt alleine gelassen durch eine Gegenüberstellung von in sich komplett widersprüchlichen Informationen, Nachrichten, Daten und Meinungen.

 

Der Beitrag beginnt mit der geforderten Restaurant-Öffnung, die Streeck natürlich wie immer sehr klug mit der in der Praxis gänzlich unklaren Einschränkung "geeigneter Vorkehrungen" versieht, fasst dann kurz das Bund/Länder-Geschehen, die Virusmutationen, Impfstoffprobleme und das Geplärre von Wirtschaftsverbändern zusammen. Ich könnte hier vier Seiten produzieren, um alleine die fehlenden Hintergründe und inneren Widersprüche zu dokumentieren.

Das ist kein Bericht, das ist Informationsdiarrhö. Ich empfinde es als Frechheit, so etwas zu "publizieren".


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