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Angriff auf die Demokratie

Andre Wolf ((c) Claudia Spiess)
Andre Wolf ((c) Claudia Spiess)

DMZ – GESELLSCHAFT / LEBEN ¦ Walter Fürst / David Aebischer ¦

 

Die Rechtsextremisten stehen im Internet bereit, um die wirtschaftlichen Opfer der Corona-Krise aufzufangen und die Gesellschaft zu spalten. Wie clever sie das machen, zeigt Andre Wolf von der für ihren Kampf gegen Fake News und Verschwörungstheorien vielfach ausgezeichneten Wiener Rechercheplattform „Mimikama“ in seinem neuen Buch „Angriff auf die Demokratie“. Darin warnt er vor einer unterschätzten Gefahr. Denn niemand ist davor sicher, auf die Tricks der Extremisten hereinzufallen, nicht einmal er selbst. Wir haben dem Autoren drei Fragen gestellt:

 

DMZ: Wie denkt Ihr Umfeld über Ihr Engagement? Hat es auch Angst um Sie als Mensch?

 

Andre Wolf: Ehrlich gesagt haben wir dieses Thema nie speziell innerfamiliär angesprochen. Natürlich ist mein Job eine gewisse Belastung für unser familiäres Umfeld, und das bereits seit je her. In meinem Fall begann das mit dem Umzug von Nordrhein-Westfalen nach Wien, was definitiv nicht einfach für alle Beteiligten war. Familie und Freunde verlassen, in einem neuen Umfeld ein neues Leben beginnen.

Daneben ist Mimikama kein Job, der finanziellen Reichtum bringt! Mimikama macht weder reich, noch schön. Jedoch kann ich mir jeden Tag im Spiegel guten Gewissens in die Augen schauen. Und da kann ich durchaus für das gesamte Team sprechen. Dennoch haben wir auch regelmäßig schwere Zeiten. Immer wieder, je nachdem, was gerade auf der Welt geschieht und wir Falschmeldungen rund um diese Themen aufklären, kommen auch mehr oder weniger konkrete Morddrohnungen bei uns rein. das belastet uns in gewisser Weise, gleichzeitig belastet das auch unser familiäres Umfeld, wenn wir daheim auf diese Themen zu sprechen kommen.

Dennoch ist allen Menschen in unseren Familien und Freundeskreisen klar, das Aufgeben keine Option ist.

 

DMZ: Wie gehen Sie mit Drohungen konkret um, wie ernst nehmen Sie diese?

 

Andre Wolf: Als wir 2016 die ersten Morddrohungen bekommen haben, konnten wir damit noch gar nicht umgehen. Wir haben uns da auch ein paar Tage Auszeit genommen und konkret überlegt, wie wir weitermachen. Unsere Lösung war nach langem hin und her: Wir machen weiter und sprechen öffentlich über diese Drohungen. Das war auch in meinen Augen der einzig richtige Weg. Nicht verschweigen, nicht einknicken, nicht zurückziehen. Und die Resonanz darauf war sehr positiv! Wir haben großen medialen Zuspruch erhalten.

Mittlerweile sind Drohungen aller Art mehr oder weniger das Tagesgeschäft in unseren Postkästen. In welcher Form diese auch immer stattfinden. Reichsbürger haben uns bereits gefühlt 1000 Mal beim Volksgerichtshof, der US Army oder wahlweise Donald Trump angezeigt. QAnon Anhänger sprechen von dem Tag, an dem wir gerichtet werden und unser Schicksal uns ereilen wird. Fundamentalisten nennen uns gottlose Satanisten, die beim jüngsten Gericht ihre Strafe bekommen werden. Und natürlich gibt es auch weiterhin die ganzen normalen, diffusen Gewaltandrohungen. Alles in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen.

 

DMZ: Was raten Sie den Menschen, die sich gegen RECHTS engagieren wollen? Was kann man tun, was sollte man vermeiden?

 

Andre Wolf: Grundsätzlich macht es keinen Sinn, sich als EinzelkämpferIn zu positionieren. Und wenn es nur in der Gegenrede ist. Die Frage ist ja auch, wie stark und weit so ein Engagement gehen soll. Häufig reicht es ja bereits im eigenen Umfeld Stellung zu beziehen und einfach die Stimme zu erheben, wenn innerfamiliär oder im Bekanntenkreis Rassismus oder Rechtsextremismus oder deren Ideologien auftauchen. Im Grunde gilt das für alle Arten von Fanatismus und Extremismus. Die Demokratie muss wehrhaft sein. Auch im kleinen Kreis. Und wir alle haben eine Stimme, um für Gleichheit, Vielfalt und den Schutz von Minderheiten zu sprechen. Eben für am Ende alles, was eine Demokratie ausmacht.

 

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Gebundene Ausgabe: 272 Seiten

ISBN: 978-3-99001-491-2

Preis: 22 €

Erscheint am 13. März 2021

 

Das Buch: Er wühlt sich den ganzen Tag durchs Internet und entlarvt Fake News, Verschwörungstheorien und rechtsextreme Machenschaften. Doch er ist mehr als nur ein engagierter Nerd. In diesem Buch zeigt Andre Wolf, bekannt durch die Rechercheplattform Mimikama und ausgezeichnet mit dem Menschenrechtspreis 2020, mit welchen Tricks, Techniken und Strategien Rechtsextremisten das Internet unterwandern und warum die Regierungen die Gefahr unterschätzen.

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Zur Person: Andre Wolf ist Mitarbeiter bei mimikama - Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch und ZDDK - „Zuerst denken - dann Klicken“. Nach Theologiestudium und einigen Jahren Berufserfahrung als Verantwortlicher für Medien und Kommunikation ist nun die Analyse von Internetinhalten, speziell von Social Media, Wolfs Fachgebiet. Andre Wolf ist zudem beim Verein Mimikama als Blogger, Autor und Content- und Social Media Koordinator tätig. 

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Mimikama ist ein 2011 durch Thomas Wannenmacher gegründeter österreichischer „Verein mit dem Ziel der Aufklärung über Internetmissbrauch“. Er wurde vor allem durch seinen Facebook-Account „ZDDK“ („Zuerst denken – dann klicken“) bekannt, der im August 2020 rund 680.800 Abonnenten hatte.

Der Vereinsname stammt aus der afrikanischen Sprache Suaheli und geht auf eine Fehlübersetzung für „Gefällt mir“ durch den maschinellen Google Übersetzer zurück. Das Vereinslogo ist seit 15. Juni 2015 eingetragene europäische Bildmarke.

Der gemeinnützige Verein beschäftigt sich mit Hoaxes, Abofallen, Spam, Fake-Gewinnspielen und -News sowie schädlichen Internet-Links, welche nach Analyse auf dem eigenen Blog dargestellt werden. Er versteht sich als Anlaufstelle für Internetuser, die verdächtige Internetinhalte melden möchten. Die Finanzierung erfolgt zu 90 Prozent über Spenden der Nutzer. Zu seinen Partnern zählen unter anderem der österreichische Kindernotruf Rat auf Draht und Kaspersky Lab.


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