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Sollten die Staatsschulden bei den Notenbanken gestrichen werden?

DMZ – WIRTSCHAFT ¦ Dirk Specht ¦

KOMMENTAR

 

Es ist spannend zu lesen, wie in Europa über die Idee diskutiert wird, die in den Notenbanken liegenden Staatsschulden – wir reden von ca. 25%, Tendenz steigend – schlicht zu streichen.

Der vermutlich federführende Ökonom Piketty hat den Vorschlag nun erstmals für den Euro-Raum in die Debatte geworfen. Die beigefügte Quelle veröffentlicht die Idee in deutscher Übersetzung. Wenig überraschend sind die Beißreflexe von Medien wie NZZ, Handelsblatt etc. Ein Vorgeschmack darauf, wie steinig das Thema im monetär mittelalterlichen Europa werden dürfte.

 

Dass wir nicht darum herum kommen, ist aus meiner Sicht absehbar. In den USA wird das bereits sehr breit diskutiert und möglicherweise sogar vorbereitet, wenn man sich die aggressive Ankaufpolitik der FED anschaut. Für Japan und China ist das ähnlich zu bewerten. Piketty et al. weisen zurecht darauf hin.

Was ich an diesem Konzept fraglich finde, ist der besonders wunde Punkt: Wie kann sicher gestellt werden, dass es sich um eine einmalige und abschließende Notmaßnahme handelt. Genau das ist nämlich wichtig, um zu verhindern, dass die Sache zu einer die Währung ruinierenden Dauermaßnahme wird. Dazu muss dieses Instrument aus den Händen der Politik gehalten werden und der Charakter einer Einmalmaßnahme sichergestellt sein. Gelingt dies, haben wir nichts anderes als eine schonende Währungsreform vor uns, die ohnehin kaum zu vermeiden ist.

Der Vorschlag von Piketty ist an dieser entscheidenden Stelle aus meiner Sicht ungeeignet. Er schlägt im Gegenteil ein paralleles zweckgebundenes staatliches Aufbauprogramm vor. Solche Zweckbindung hat noch nie funktioniert. Zudem muss dieses Geld abgeschrieben und nicht in neue Staatsschulden umgewidmet werden.

Ich bin gespannt, wann die Europäer mal konstruktiv und offen über das Projekt reden. Es dürfte vor allem in der Deutsch/Österreichischen Ökonomie-Schule einige Synapsen überfordern. Idealerweise wird das von allen großen Notenbanken zugleich gemacht – und dann für Generationen nie wieder.


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